Wutbürger kämpfen für ihre Heimatgemeinde

Mainz · Vor sechs Jahren haben die Bestrebungen begonnen, im Zuge einer Kommunalreform kleine Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz mit größeren Partnern zu vereinigen. Wer sich nicht freiwillig bewegt hat, wird jetzt bewegt.

 Klare Meinung: ein Demonstrant am Mittwoch in Mainz. TV-Foto: Frank Giarra

Klare Meinung: ein Demonstrant am Mittwoch in Mainz. TV-Foto: Frank Giarra

Ein schwarzer Sarg, darum herum Kerzen, und das mitten auf einer grünen Wiese in Mainz: Dieses Schauspiel bietet sich Passanten gestern in Sichtweite des Landtags. Rund 500 Menschen verleihen ihrem Zorn gegen die Landesregierung Ausdruck. Immer wieder erschallen Buhrufe, Tröten und Trillerpfeifen. "Lewentz raus!" skandiert die Menge, die zuvor schon durch die Innenstadt gezogen ist.

Einer der Demonstranten ist Kurt Immik. Er hat sich mit 50 Gleichgesinnten aus der Verbandsgemeinde Kröv-Bausendorf auf den langen Weg in die Landeshauptstadt gemacht. Hier treffen sie Protestler aus der Pfalz und aus Rheinhessen. Alle verfolgen das gleiche Ziel: Die Landesregierung soll die Kommunalreform stoppen, vor allem die gesetzlich verordneten Zusammenschlüsse der Verbandsgemeinden, in denen sie wohnen.

"Wir sind nicht grundsätzlich gegen eine Fusion. Aber wir wollen nicht nach Traben-Trarbach", sagt Kurt Immik.
Die Begründung schiebt er ungefragt nach: "Wir sind Eifeler, wir wollen nicht wieder zur Mosel!"
Ebenso wie in Kröv-Bausendorf, wo sich gut 92,9 Prozent der Menschen gegen eine Fusion mit Traben-Trarbach ausgesprochen haben, gibt es in etlichen anderen Orten Bürgervoten. Akzeptiert werden sie, aber nicht berücksichtigt. Innenminister Roger Lewentz (SPD) begründet das im Landtag mit dem Gemeinwohl, das stärker zu gewichten sei. "Wir müssen das Land als Ganzes sehen", pflichtet ihm SPD-Innenexperte Hans-Jürgen Noss bei.

SPD und Grüne sind der Ansicht, dass die 2007 gestartete Kommunalreform bislang "mustergültig gelaufen" sei, wie Noss betont. Es habe Bürgerkongresse, Planzellen, Telefonaktionen und anderes gegeben. Aber es sei auch von Anfang an klargemacht worden, dass einer Freiwilligkeitsphase verbindliche Abmachungen folgen würden. Um eben diese Gesetzentwürfe geht es nun.

Grünen-Fraktionschef Daniel Köbler unterstreicht, Demonstrationen seien "völlig in Ordnung". Für gute Argumente sei der Landtag immer zugänglich, sie würden selbstverständlich im parlamentarischen Beratungsverfahren diskutiert. Es müsse jedoch Rechtsgleichheit unter den Kommunen hergestellt werden, denn viele hätten freiwillig fusioniert.

Rot-Grün wirft der CDU vor, sich einer gemeinsam getragenen Reform verweigert zu haben. Gleichzeitig bietet man der Opposition an, bei der zweiten Stufe mitzuwirken. "Wir sind erst im ersten Drittel des Triathlons", sagt Daniel Köbler. Nach der Kommunalwahl 2014 sollen die Kreise und kreisfreien Städte betrachtet werden, wobei besonders die Stadt-Umland-Problematik - Bürger aus den Kreisen nehmen Leistungen der Städte in Anspruch, ohne dass diese dafür finanziell entschädigt werden - im Fokus stehen soll.

Die Opposition weist den Vorwurf zurück, sie habe sich in die Schmollecke verzogen. "Wir sind bereit, ein großes Reformwerk gemeinsam anzugehen", bekräftigt Anke Beilstein. Bislang sei das an unterschiedlichen Ansätzen gescheitert. Nun zeige sich immer deutlicher, dass die Union recht gehabt habe und die Reformbemühungen der Landesregierung nur Stückwerk seien.Extra

In der Region Trier sind sechs Verbandsgemeinden (VG) von einer Zwangsfusion bedroht. Der Sachstand: In der VG Irrel haben in einem Bürgervotum im April 90 Prozent der Teilnehmer gegen einen Zusammenschluss mit der VG Neuerburg gestimmt. Die Bürger der VGWittlich-Land sprachen sich am Bundestagswahlsonntag (22. September) mit 69 Prozent gegen eine Eingliederung der VG Manderscheid in ihre Kommune aus. Die Manderscheider haben sich ihrerseits auch mehrfach gegen eine Eingliederung nach Wittlich-Land gewendet. Auch in der VG Kröv-Bausendorf gab es einen Bürgerentscheid. Gut 92,92 Prozent der Wahlberechtigten votierten am 26. Mai gegen eine Fusion mit der VG Traben-Trarbach. red

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