Natur Die Not ist groß: Trier fordert Bürger zum Gießen auf

Trier · Ein Großteil der Stauden und Sträucher auf öffentlichen Grünflächen in Trier ist vertrocknet, die Pflanzen sterben. Auch der wirtschaftliche Schaden ist immens.

 Dieter Hallebach vom städtischen Museum Simeonstift gießt das Beet im Brunnenhof. Foto: Friedemann Vetter

Dieter Hallebach vom städtischen Museum Simeonstift gießt das Beet im Brunnenhof. Foto: Friedemann Vetter

Foto: Friedemann Vetter

„Mit vollem Strahl auf Mariahof“ lautet die Parole, die Jutta Albrecht auf ihrer Facebook-Seite ausgibt. Die CDU-Stadträtin schließt sich damit der Mitmach-Aktion „Trier gießt“ an, die der CDU-Nachwuchs Junge Union ins Leben gerufen hat. Das Ziel: möglichst viele Trierer dazu bewegen, Bäume, Beete und Sträucher auf öffentlichen Grünflächen zu wässern.

Angesichts der andauernden Dürre hatte das städtische Grünflächenamt dazu aufgerufen (der TV berichtete). „100 bis 200 Liter Wasser pro Woche, mehr ist immer besser“, gaben die städtischen Gärtner zum Beispiel als Maß fürs Wässern von Jungbäumen aus. Auch Staudenbeete, Hochbeete und Rasenflächen seien am Verdursten. Alles selbst zu gießen, überfordere die Kapazitäten des Grünflächenamts, hieß es in dem Gieß-Appell.

Der Trier-gießt-Aktion der Jungen Union zieht Kreise: Alex Rollinger, Chef des schwul-lesbischen Zentrums Schmit-z, zeigt auf Facebook ein Video, bei dem er eimerweise Wasser an einen Baum in der Mustorstraße schüttet. Auch CDU-Stadträtin Elisabeth Tressel wässert das Stadtgrün rund um die Universität. Thomas Schmitt, Beigeordneter im Stadtvorstand, berichtet im Internet, dass er jeden Tag den Baum an seiner Straße gieße. Bürger des Karl-Marx-Viertels versorgen die drei Robinien auf dem neu gestalteten Karl-Marx-Platz. Und auch das Kulturzentrum Tufa macht mit: Die Kinder der Aktion Spielstadt wässern die Sträucher rund um die Kaiserthermen.

Zur JU-Aktion gehört eine interaktive Karte des Internet-Straßendienstes Google-Maps. Dort sollen Teilnehmer eintragen, wo sie gegossen haben. Bislang gibt es allerdings nur vier Markierungen – und die sind so grob, dass sich unmöglich erschließt, welcher Baum oder Strauch gemeint ist. Datum und Gießmenge werden ebenfalls nicht erfasst. Dazu kommt, dass Bürger auch außerhalb der JU-Aktion dem städtischen Gieß-Appell folgen – ebenfalls ohne Registrierung.

Niemand weiß also, wer wann wo welche Pflanze wässert. Macht das Bürgergießen damit überhaupt Sinn?

Dass möglicherweise doppelt gegossen werde, sei unproblematisch, sagt Rathaus-Pressesprecher Michael Schmitz. Der Boden trockne wegen der extremen Hitze derzeit so schnell aus, dass es „ein Zuviel nicht gibt“.

Zumal die Stadtwerke, die für die Trinkwasserversorgung Triers zuständig sind, noch keine Bedenken gegen das öffentliche Gießen geäußert hätten. „Wenn die Leute eimerweise Wasser auf die Stadtbäume kippen, ist dies wunderbar!“, erklärt Schmitz daher.

Dabei gehe es vor allem darum, Jungbäume zu retten. Das sei nicht nur aus ökologischen, sondern auch aus wirtschaftlichen Gründen wichtig: Bei den jüngsten drei Herbst- und Frühjahrspflanzungen habe die Stadt insgesamt 602 Bäume gepflanzt, die nun an Wassermangel sterben könnten. „Diese Bäume haben 100.000 Euro gekostet, die Pflanzarbeiten rund 350.000 Euro“, rechnet Schmitz vor. Sterben die Jungbäume, ist die Investition futsch.

Insgesamt gebe es im Stadtgebiet rund 30.000 Einzelbäume, die ums Überleben kämpfen würden. „Ein Baum braucht im Schnitt 150 Liter als Mindestmenge pro Woche, das sind 15 Eimer, insofern unterstützt jeder Tropfen die Überlebenschancen der Pflanzen“, sagt Schmitz.

Auch bei Sträuchern und Stauden sei „jede Unterstützung der Bürger“ willkommen. „Ein verstärktes Gießen schadet auch hier nicht, wegen ihrer geringen Wurzelmasse brauchen diese Pflanzen in relativ kurzen Abständen Wasserzufuhren.“

Doch selbst bei fleißigstem Gießen: Etliche Stauden und Gehölze auf den Trierer Grünflächen sind nicht mehr zu retten: „Ein Großteil dieser Pflanzungen sind bereits soweit vertrocknet, dass sie den sogenannten PWP, den Permanenten Welkepunkt, erreicht haben und damit unrettbar geschädigt sind“, erklärt Schmitz.

Der Landkreis Cochem-Zell hat übrigens vor einigen Tagen verboten, private und öffentliche Rasenflächen – etwa Sportplätze – mit Wasser zu sprengen. Geldbußen von bis zu 5000 Euro drohen. Der Trierer Gieß-Appell schließt dagegen explizit auch Rasenflächen ein.

 Dieter Hallebach vom städtischen Museum Simeonstift gießt das Beet im Brunnenhof.

Dieter Hallebach vom städtischen Museum Simeonstift gießt das Beet im Brunnenhof.

Foto: Friedemann Vetter

Dass Cochem-Zell etwas unter Strafe stellt, zu dem Trier aufruft, sei kein Widerspruch, sagt Schmitz: „Sobald sich die Wasserlage für das Stadtgebiet Trier ebenfalls anspannt, werden wir selbstverständlich auch reagieren und das Gießen – so wie alle anderen verantwortungsbewussten Trierer – einstellen.“

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