Eiflerisch statt toskanisch

Prüm · Bei der Aufstellung des Bebauungsplans "In der Steinertsbach" hat der Prümer Stadtrat darauf verzichtet, Bauherren zu viele Vorgaben zu machen. Dennoch setzt sich der Rat für eifeltypisches Bauen ein.

Prüm. Eine toskanische Villa, ein venezianischer Palazzo oder doch lieber ein bayrisches Blockhaus? In den Neubaugebieten der Eifel lassen sich einige architektonische Kuriositäten finden - nicht immer zur Freude der direkten Nachbarn. Doch was darf oder sollte eine Kommune bauwilligen Bürgern vorschreiben? Möglichst wenig, befand der Prümer Stadtrat, als er Anfang des Jahres über die Aufstellung eines Bebauungsplans für das Gebiet "In der Steinertsbach" beriet (der TV berichtete; siehe Extra). Fraktionsübergreifend beschloss man, auf zu detaillierte Vorschriften zu verzichten und stattdessen die Bauherren sanft mit ausgiebiger Beratung und einer Informationsveranstaltung über eifeltypisches Bauen in die richtige Richtung zu schubsen.
"Man erlebt manchmal die widrigsten Angelegenheiten, die zu einem Nachbarschaftsstreit führen. Bevor gebaut wird, ist es also wichtig, zu bedenken, wie man eigentlich bauen kann und will", sagt Prüms Stadtbürgermeisterin Mathilde Weinandy. Der Rat wolle den künftigen Bauherren in der Steinertsbach keine Daumenschrauben anlegen, betont sie."Es muss nicht jeder ein eifeltypisches Haus bauen, aber vielleicht kann sich der eine oder andere ja mit der Idee anfreunden", hofft Mathilde Weinandy.
Doch wie baut man denn nun eigentlich eifeltypisch? Würden nur wenige Faktoren berücksichtigt, sei man schon schnell bei einer für die Region typischen Bauweise, sagt Edgar Kiewel, Dorferneuerungsbeauftragter der Kreisverwaltung Bitburg-Prüm. Als Ansprechpartner der Initiative Baukultur Eifel, einem vor drei Jahren ins Leben gerufenen Projekt des Kreises und der Architektenkammer Rheinland-Pfalz, ist er mit dem Thema bestens vertraut. Typisch seit Beginn des 19. Jahrhunderts seien eine zweigeschossige Bauweise, geneigte Dachflächen und stehende Fensterformate.
Eifelhäuser hätten in der Regel einen lang gestreckten Baukörper, wie er beim sogenannten Trierer Einhaus zu finden sei. "Das ist eine oft zu findende Bauform, bei der Stall, Scheune und Wohnhaus unter einem einheitlich geneigten Dach mit durchlaufendem First liegen", sagt Kiewel. Das prägende Tor könne in modernen Bauten leicht aufgegriffen werden: zum Beispiel im Eingangsbereich oder Fenster. Typisch seien zudem kurze Dachtraufen, eine an einer Achse ausgerichtete Fassadengliederung, wenige unterschiedliche, meist heimische Materialien und verputzte Fassaden.
"Mit der Berücksichtigung dieser Merkmale ist aber nicht gemeint, dass jemand historisierend einen alten Bauernhof nachbauen soll. Die Eckpunkte sollen von Neubauten interpretiert, nicht kopiert werden", sagt Kiewel. Schon wenn nur einzelne Punkte bedacht würden, passe sich ein Neubau gut ins Dorf ein.
Doch wozu die Mühen? "Viele Gebäude, die sich an anderen Bauformen als unserer orientieren, sind durchaus spannend. Ich komme aus München und finde Holzhäuser gut, aber eben Holzhäuser in Bayern. Da gehören sie hin", sagt Kiewel. Stünden solche Häuser in Siedlungen, seien sie für sich gesehen oft nicht verkehrt, im Ganzen verliere das Gebiet aber seinen prägenden Charakter. Das schlage sich dann auch im Wert der Häuser nieder.
"Sie investieren viel Geld, wenn Sie bauen. Der Wertverlust einer Immobilie ist aber extrem, wenn das Umfeld nicht stimmt." In einem der Nachbarkreise gebe es ein gutes Beispiel dafür, wie ein Bauherr seine Nachbarn verärgert habe: "Mitten in einem fertigen Neubaugebiet errichtete jemand zum Entsetzen der Nachbarn ein Holzhaus. Als jemand sein Haus verkaufen wollte, musste er oft hören, dass man beim morgendlichen Blick aus der Küche nicht jeden Tag auf das Holzhaus blicken wolle.
Ganz abgesehen von monetären Gründen sei zudem zu berücksichtigen, dass die Eifel eben auch eine Tourismusregion sei. "Wir fahren in die Toskana, um die Toskana zu sehen. Andere kommen in die Eifel, um eben die Eifel zu erleben und eben nicht toskanische oder venezianische Häuser." Stadtbürgermeisterin Mathilde Weinandy appelliert zum Schluss an die Bauherren, sich über die Möglichkeiten ihres Traumhauses beim Kreis kostenlos beraten lassen.
Beratung und weitere Infos unter Telefon 06561/154140.
Extra

In der Verlängerung des Achterwegs plant die Stadt Prüm, das 27 780 Quadratmeter große Baugebiet "In der Steinertsbach" auszuweisen. 35 Grundstücke zwischen 650 und 1000 Quadratmetern sollen verkauft werden. Aktuell gibt es laut Stadtbürgermeisterin Mathilde Weinandy Anfragen für beinahe alle Flächen. aff

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort