Eklat im Stadtrat: VG-Chef verlässt den Saal

Kyllburg · Ein Stadtbürgermeister, der sein Rederecht beschnitten sieht und deswegen eine Klage vor dem Verwaltungsgericht in Erwägung zieht. Und ein Verbandsgemeindebürgermeister, der am Dienstagabend vorzeitig die Stadtratssitzung verlässt: Der Regenrückhaltebecken-Streit zwischen der Stadt und der Verbandsgemeinde Kyllburg verschärft sich weiter.

Kyllburg. Es ist 21.40 Uhr am Dienstagabend, als Bernd Spindler, Bürgermeister der Verbandsgemeinde (VG) Kyllburg, die Sitzung des Kyllburger Stadtrates verlässt. Vorzeitig. Es ist der vorläufige Höhepunkt im Streit zwischen der VG-Verwaltung und dem Kyllburger Stadtrat.
Gut zu sprechen, das war der Stadtrat auf die Verbandsgemeindeverwaltung schon lange nicht mehr. Doch in der Ratssitzung am Dienstag eskaliert der Streit um die Gestaltung der Regenrückhaltebecken im Kyllburger Neubaugebiet "Beim Schodenbrunnen" (siehe Extra) endgültig.
Und damit hatten wohl auch viele im Vorfeld gerechnet - nicht umsonst finden sich am Dienstagabend immerhin mehrere Zuhörer im Haus des Gastes ein: Es hatte sich offenbar herumgesprochen, dass Stadtbürgermeister Wolfgang Krämer unter Tagesordnungspunkt 8 über die Sitzung des Werkausschusses der Verbandsgemeinde vom 21. Juni informieren wollte, in der ihm von Spindler das Rederecht verweigert wurde.
Auch am Dienstag in der Stadtratssitzung fällt der VG-Chef dem Stadtbürgermeister just ins Wort, als Krämer diesen Tagesordnungspunkt aufruft: "Das ist eine reine Angelegenheit des Werkausschusses, es ist nicht Aufgabe des Stadtrats, sich damit zu befassen", sagt Spindler. Eine Vorgehensweise, die am Dienstag auf Unverständnis stößt. "Wenn Maulkörbe verteilt werden, kann ich das in einem demokratisch legitimierten Gremium nicht hinnehmen", sagt Ratsmitglied Thomas Reißen (CDU). Und Maulkörbe gab es nach Auffassung der meisten Ratsmitglieder nicht nur am Dienstag, sondern eben auch im Werkausschuss: Beim Thema Kyllburger Regenrückhaltebecken schloss VG-Chef Spindler nicht nur Reinhold Schneider, stellvertretendes Werkausschussmitglied und gleichzeitig Beigeordneter der Stadt Kyllburg, "wegen Sonderinteresses" von diesem Tagesordnungspunkt aus, sondern verweigerte auch Stadtbürgermeister Krämer das Wort, obwohl dieser sich auf eine Vorschrift in der Gemeindeordnung berief, wonach Ortsbürgermeister an den Sitzungen des VG-Rats sowie der Ausschüsse, in denen Belange ihrer Ortsgemeinden berührt werden, mit beratender Stimme teilnehmen können. Spindler jedoch vertrat im Werkausschuss die Auffassung, der Stadt-Chef habe kein allgemeines Rederecht, sondern nur ein Beratungsrecht - da der Werkausschuss aber lediglich informiert werde, gebe es keine Beratung. Kurzum: Der Stadtbürgermeister wurde, wie dieser selbst sagt, "sprachlos gemacht".
"Ist das Prozedere normal, so, wie das hier abläuft?", fragt Georg Zahnen (CDU) am Dienstag in die Runde - eine Äußerung, die Spindler auf sich bezieht: "Ich lasse mir von Ihnen nicht sagen, dass ich nicht normal bin!", schimpft der VG-Chef und packt mit den Worten, das Maß sei voll, seine Sachen.
Auch Stadtbürgermeister Krämer ist sauer: Er hat Beschwerde bei der Kommunalaufsicht eingereicht und erwägt eine Klage vor dem Verwaltungsgericht - so der Stadtrat das unterstützt. Dieser allerdings vertagt die Entscheidung, um die Stellungnahme der Kommunalaufsicht abzuwarten.Meinung

Unrühmlicher Abgang
Tiefer kann der Graben kaum sein, der sich derzeit zwischen der Stadt und der Verbandsgemeinde Kyllburg auftut. Für sich allein betrachtet ist die Reaktion des VG-Bürgermeisters kaum zu verstehen. Von einem erfahrenen Politiker wie Spindler hätte man eine souveränere Reaktion erwarten können - selbst wenn er formaljuristisch recht bekommen sollte, was hätte es schon geschadet, den Stadtbürgermeister im Werkausschuss zu Wort kommen zu lassen? So hat sich der SPD-Mann angreifbar gemacht - ein gefundenes Fressen für die CDU-Vertreter, gerade jetzt, wo doch im Oktober die Urwahl zum VG-Bürgermeister ansteht. Es hat den Anschein, als lägen beim amtierenden VG-Chef die Nerven blank - vielleicht auch ein Resultat daraus, dass im Kyllburger Stadtrat Kritik an Verwaltungsmitarbeitern eher Regel als Ausnahme ist. Ein gedeihliches Zusammenarbeiten, es sieht anders aus. Wie der Weg dorthin zurückgefunden werden soll, ist derzeit kaum vorstellbar. n.ebner@volksfreund.de Im Frühsommer 2009 wurden die im Eigentum der VG-Werke stehenden Regenrückhaltebecken gebaut. Von Anfang an kritisierte die Stadt diese als unansehnlich und überdimensioniert. Ein Änderungsantrag bei der SGD Nord scheiterte - nach Überzeugung der Stadt trugen daran die VG-Werke Schuld, die sich im Begleitschreiben des Antrags negativ positioniert hatten. Die Stadt protestierte Ende 2010 und erhielt daraufhin im April die Möglichkeit, ergänzende Unterlagen vorzulegen. Stadt-Chef Krämer sieht inzwischen gute Chancen, dass die Becken mit Lava gefüllt werden können, da der Bebauungsplan ohnehin vorschreibt, dass zusätzlich auf den Grundstücken noch private Versickerungsgruben angelegt werden müssen. Die VG dagegen betont die Notwendigkeit der beiden Becken und weist darauf hin, dass bei verkleinerten Becken Überflutungen nicht auszuschließen sind und man sich auf die Versickerung auf privaten Grundstücken nicht verlassen kann. neb

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