Ex-Bürgermeister der VG Speicher seit mehr als drei Jahren unter Verdacht - Wo bleibt die Entscheidung?

Bitburg · Noch immer ist keine Entscheidung über den Strafbefehl gegen den Speicherer Ex-Bürgermeister gefallen.

 Aktenmappe der Staatsanwaltschaft (Symbolfoto)

Aktenmappe der Staatsanwaltschaft (Symbolfoto)

Foto: Friedemann Vetter

Schon seit mehr als drei Jahren steht Rudolf Becker, ehemaliger Bürgermeister der Verbandsgemeinde Speicher, unter Verdacht, Geld veruntreut zu haben. Er soll Politiker-Reisen nach Rom (2012) und London (2013) aus der Kasse der Speicherer Volkshochschule finanziert haben.

Erst zogen sich die polizeilichen Ermittlungen anderthalb Jahre hin. Im Dezember 2015 beantragte die Staatsanwaltschaft Trier dann Strafbefehl wegen Untreue in zwei Fällen. Die Ermittler fordern zehn Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung.

Passiert ist seitdem nichts - zumindest nichts, was das Verfahren vorangebracht hätte. Das Bitburger Amtsgericht hat weitere anderthalb Jahre später noch immer nicht entschieden, ob es den Strafbefehl erlässt oder zu einer öffentlichen Gerichtsverhandlung einlädt.

Zum Vergleich: Das Amtsgericht Trier hat im Sommer 2016 weniger als einen Monat gebraucht, um zu beschließen, dass die Fahrtkostenaffäre des Ruwerer Verbandsgemeinde-Bürgermeisters öffentlich verhandelt werden muss.
Wo hakt es in Bitburg? Im Sommer 2016 nannte das Gericht als Begründung, dass eine neue Kanzlei Zeit brauche, sich in den Fall einzuarbeiten. Nun zeigt sich, dass die Ursache auch im Amtsgericht selbst liegt: Der zuständige Richter war so überlastet, dass der Fall Anfang 2017 einem seiner Kollegen übertragen werden musste. "Wir versuchen Dinge so schnell wie möglich zu erledigen, aber wir kochen auch nur mit Wasser", sagt Amtsgerichtsdirektor Helmut Mencher. Er rechnet damit, dass die Entscheidung in zwei bis drei Wochen fällt. Selbst wird er sie allerdings nicht mehr verkünden, da er Ende des Monats in Ruhestand geht.

Mencher zufolge wird im Schriftwechsel zwischen dem Gericht und Beckers Anwälten aktuell die Frage erörtert, ob der damalige Bürgermeister - formal - überhaupt Geld der VHS veruntreuen konnte, also ob er die "Vermögensbetreuungsmacht" hatte.

Daran, dass VHS-Geld für die Reisen floss, an denen neben Becker und seiner Frau leitende Verwaltungsangestellte, Ortsbürgermeister, Politiker und deren Ehefrauen teilnahmen, besteht kein Zweifel. Dies hatte Becker 2014 dem TV gegenüber selbst eingeräumt. "Wir pflegen das Ehrenamt. Die Frauen haben wir mitgenommen, weil auch sie viel auszuhalten haben", sagte der zwischenzeitlich pensionierte Becker unserer Zeitung damals als Begründung.
Finanziert wurden die Reisen nach Aussagen mehrerer Teilnehmer zum einen über einen Eigenanteil von 350 Euro. Doch reichte dies nicht. Die Romfahrt verursachte laut Staatsanwaltschaft ein Minus von 4300 Euro, die Londonreise eines von 5100 Euro - zu Lasten der VHS.

Aus Sicht der Ermittler hätten die Touren aber nur dann als Volkshochschul-Reisen deklariert werden dürfen, wenn sie für jeden zugänglich und zudem kostendeckend gewesen wären. Das sei alles nicht der Fall gewesen. Es bestehe der hinreichende Verdacht, dass Becker dies wusste. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm daher vor, seine Befugnisse als Amtsträger missbraucht und gegen "seine Vermögensbetreuungspflicht verstoßen zu haben".

An dieser Sichtweise ändert auch nichts, dass Becker die 9400 Euro 2013 aus eigener Tasche zurückzahlte, nachdem der Kreisvolkshochschule Bitburg-Prüm aufgefallen war, dass das Geld fehlte.

Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie das Ganze weitergehen könnte: Wenn das Gericht den Strafbefehl erlässt, kann der Ex-Rathauschef diesen akzeptieren und wäre damit vorbestraft. Oder er kann Einspruch einlegen und es käme zu einer Gerichtsverhandlung. Auch, wenn das Amtsgericht Bedenken hätte, den Strafbefehl zu erlassen, käme es zu einem Prozess.Meinung

Blamabel für die Justiz: Das muss schneller gehen!Schon die mehr als anderthalb Jahre, die die Staatsanwaltschaft benötigt hat, um die Speicherer VHS-Affäre zu untersuchen und Strafbefehl zu beantragen, sind eine lange Zeit, wenn man bedenkt, dass die Vorwürfe öffentlich bekannt waren. Aber gut: Akten müssen geprüft und Zeugen verhört werden. Völlig unverständlich ist jedoch, dass das Bitburger Amtsgericht nach weiteren anderthalb Jahren noch immer nicht weiß, was es mit dem Strafbefehl machen soll. Das kann doch nicht sein! Man kann Verfahren doch nicht so verschimmeln lassen! Das sind zusammen drei Jahre, in denen die Öffentlichkeit das Gefühl hat, dass Justitia schläft, während der Beschuldigte damit leben muss, unter Verdacht zu stehen - ohne auch nur die Chance zu bekommen, seinen Namen reinzuwaschen oder mit alledem abzuschließen, indem er den Strafbefehl akzeptiert. Blamabel. Und leider kein Einzelfall in der rheinland-pfälzischen Justiz. k.demos@volksfreund.de

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