Kahlschlag im Eifelwald: Das bringt die Forstleute auf die Palme

Bitburg/Prüm · Der Vorwurf wiegt schwer: Holzhändler aus dem Grenzgebiet sollen parzellenweise Privatwald in der Eifel aufkaufen, abholzen und dann verschwinden, ohne wieder aufzuforsten. Die Waldbauvereine Bitburg und Prüm raten Waldbesitzern, sich zu informieren, wenn sie Angebote von Holzunternehmern bekommen.

 Bei Neuerburg wurden mehrere Hektar Wald abgeholzt.

Bei Neuerburg wurden mehrere Hektar Wald abgeholzt.

Foto: Klaus Antony

In wenigen Tagen zu ernten, was über Jahrzehnte und Jahrhunderte langsam gewachsen ist, ist Alltag in der Forstwirtschaft. Was nicht zum Alltag gehört, ist die Radikalität mit der derzeit angesichts hoher Holzpreise Kahlschläge in Nadelwaldbeständen betrieben wird.

Der Ärger: Kurt Rings, Vorsitzender des Waldbauvereins Bitburg, redet nicht lange um den heißen Brei herum: "Da wird sich die Unwissenheit einiger Waldbesitzer zunutze gemacht", sagt er und erklärt, dass Holzhändler aus dem angrenzenden Ausland, "insbesondere Belgien", Privatwaldbesitzern Pauschalpreise für das Holz ihrer Parzellen anbieten und dann Kahlschlag betreiben. Dabei, so befürchtet der Waldbauverein, verkaufen die Eifeler unter Wert. "Für jemanden, der sich nicht auskennt und auf einen Schlag 10 000 Euro angeboten bekommt, ist das erstmal viel Geld", sagt Rings. Er geht aber davon aus, dass einige Tausend Euro mehr drin gewesen wären. Natürlich ärgert den Waldbauverein daran auch, dass er dieses Holz gerne selbst vermarktet hätte. "Das ist doch klar", sagt Elmar Franzen, Geschäftsführer der Eifel Wald und Holz Management GmbH, ein Tochterunternehmen des Waldbauvereins: "Aber wir zahlen das Holz exakt nach Masse, also faire Preise."

Die Folge: Im Nachgang werden die Waldbesitzer nicht selten von ihrer Unerfahrenheit eingeholt, wie Olaf Böhmer, Leiter des Forstamts Neuerburg, erklärt: "Die bekommen ihr Geld, es wird abgeholzt und dann stehen wir da und erklären, dass es eine gesetzliche Verpflichtung gibt, wieder aufzuforsten und Wege herzurichten." Je nach Boden und Baumart kostet das Aufforsten eines Hektars rund 3000 Euro. Hat der Waldbesitzer "nur" das Holz verkauft, ist er als Besitzer der Fläche für das Aufforsten zuständig. "Es gibt auch die Variante, dass nicht nur das Holz, sondern gleich das gesamte Grundstück gekauft wird. Dann wird die abgeholzte Fläche an jemand anderen, der von der Verpflichtung zum Aufforsten nichts weiß, weiterverkauft", sagt Rings.

Das Ergebnis: "Jeder, der mit offenen Augen durch den Wald geht, stößt auf solche Kahlschläge", sagt Klaus Antony, Privatwaldbetreuer im Forstrevier Neuerburg-Süd. Wie viel Fläche insgesamt so radikal abgeholzt wird, lässt sich schwer beziffern. Die Experten vermuten, dass allein im Eifelkreis 100 Hektar und mehr Wald pro Jahr kahl geschlagen werden. Der Prümer Forstamtsleiter Peter Wind bestätigt: "Das Thema ist auch bei uns bekannt. Und natürlich blutet einem da das Herz, wenn von einem ganzen Bestand auf einmal nur noch die Baumstümpfe übrig sind."

Das Problem: "Diesen Unternehmen ist schwer beizukommen", sagt Forstamtsleiter Böhmer und erklärt, dass Kahlschläge auf Flächen bis zu einem halben Hektar völlig legal sind. Im Einverständnis mit dem Forstamt geht in Ausnahmefällen sogar mehr. Erst ab zwei Hektar ist Kahlschlag strafbar - doch die Parzellen der meisten Waldbesitzer sind wesentlich kleiner. "Wenn wir eine Handhabe haben, zeigen wir auch an. Das war bisher in drei Fällen möglich", sagt Böhmer. Sein Prümer Amtskollege bestätigt: "Wir haben in dieser Sache ebenfalls drei Verfahren am laufen. Aber nicht gegen Holzunternehmer, sondern gegen Waldbesitzer, die mehr als zwei Hektar haben abholzen lassen." Die Forstleute betonen aber alle, dass es auch "viele, absolut seriös arbeitende belgische Holzunternehmen gibt und es andererseits auch einige schwarze Schafe auf deutscher Seite schon aufgefallen seien."

Und dann das noch: Für Rings kommt erschwerend hinzu, dass sich einige der ausländischen Holzunternehmen nicht an die Sicherheitsvorschriften halten. "Da werden Fällgebiete nicht weiträumig abgesperrt oder Vorschriften zu Sicherheitskleidung nicht eingehalten". Das ist für Rings nicht nur ein Sicherheitsrisiko für Arbeiter und Spaziergänger, sondern führt auch zu Wettbewerbsverzerrung für hiesige Firmen.

Die Hoffnung: Forstministerin Ulrike Höfken hat dem Bitburger Waldbauverein zugesagt, dass sie zu einem "runden Tisch" einladen will. Rings hatte ihr in einem ausführlichen Schreiben die Problematik vor Ort erklärt. Höfken antwortet: "Um einer Beseitigung der geschilderten, vielgestaltigen Missstände näher zu kommen, bedarf es aus meiner Sicht einer konzertierten Vorgehensweise." Am Montag, 27. Januar, ist die Ministerin bei der Mitgliederversammlung des Waldbauvereins Prüm als Gastrednerin vor Ort. Der Waldbauverein Bitburg lädt am 25. Februar zur Mitgliederversammlung mit Info-Veranstaltung ein.

Der Rat: Die Waldbauvereine Bitburg und Prüm sowie die Eifeler Forstämter bitten alle Waldbesitzer, die Angebote für ihre Flächen bekommen, sich vor einem Verkauf des Holzes oder des Grundstücks beim Waldbauverein oder dem Forstamt zu informieren.

Meinung

Der Wald, mehr als ein HolzackerIn Deutschland ist der Wald mehr als ein Holzacker. Er ist Erholungsgebiet und Kulturgut zugleich. Während es den Forstfachleuten um eine nachhaltige Bewirtschaftung geht, sehen einige Holzhändler nur das Geld. Die Spielregeln - etwa was Kahlschläge angeht - sind im Landeswaldgesetz klar definiert. Doch offenbar besteht auf Seiten etlicher Waldbesitzer ein Informationsdefizit. Hier können die Waldbauvereine wertvolle Aufklärungsarbeit leisten. Andererseits ist es nötig, stärker zu kontrollieren, ob alle Holzunternehmen sich an die Sicherheitsvorschriften halten. Der Wettbewerb in der Grenzregion ist nur gerecht, wenn die Voraussetzungen für alle gleich sind.
d.schommer@volksfreund.de

Extra Blick in den Wald im Eifelkreis

 Die Aufkäufer nutzen große Maschinen zur Holzernte.

Die Aufkäufer nutzen große Maschinen zur Holzernte.

Foto: Klaus Kimmling

Der Waldbauverein Bitburg ist ein Zusammenschluss privater Waldbesitzer im Altkreis Bitburg. Vorsitzender ist Kurt Rings. Der Verein hat etwa 1800 Mitglieder und wurde 1951 gegründet, um Privatwaldbesitzern mit Rat und Tat bei Fragen nach Aufforstung, Pflegemaßnahmen und Einschlag zur Seite zu stehen. Die Eifel Wald und Holz Management GmbH (EWH) ist ein 100-prozentiges Tochterunternehmen des Waldbauvereins, das 2007 als Pilotprojekt in Rheinland-Pfalz gegründet wurde, und den Holzverkauf der Privatwaldbesitzer organisiert. Geschäftsführer der EWH ist Elmar Franzen. Die EWH vermarktet mehr als 50?000 Festmeter Holz im Jahr.

Der Waldbauverein Prüm ist die älteste Vereinigung von Privatwaldbesitzern in Rheinland-Pfalz und wurde
bereits 1922 gegründet. Vorsitzender ist Hans-Heinrich Thome. Der Verein zählt 3500 Mitglieder. Dem Waldbauverein Prüm ist als Vermarktungsgesellschaft die 2010 gegründete Prümer Wald- und Holz GmbH (PWH) angeschlossen. Deren Geschäftsführer ist Horst Backes. Die PWH vermarktet 60?000 bis 70?000 Festmeter Holz im Jahr.

Die drei Forstämter im Eifelkreis Bitburg-Prüm sind Neuerburg (Leiter Olaf Böhmer), Prüm (Leiter Peter Wind) und Bitburg (Leiter Karl-Heinz Heyne). Alle Forstämter haben - so war es das Ziel der Forstamtsreform - Größen von um die 20?000 Hektar. Recht verschieden ist allerdings der Anteil von Privatwald. Der ist im Bezirk des Bitburger Forstamts (insgesamt 18?000 Hektar) 5000 Hektar am geringsten. Im Bezirk des Neuerburger Forstamts (22?000 Hektar) gibt es mit 14?000 Hektar einen ähnlich großen Anteil an Privatwald wie im Bezirk des Prümer Forstamts (insgesamt 20?000 Hektar) mit 12?000 Hektar Privatwald.

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