Kriegsgräberstätten und ihre Bedeutung heute Kriegsgräber in der Eifel mahnen zum Frieden

Daleiden · 75 Jahre ist es her, seit der Zweite Weltkrieg im Mai 1945 zu Ende ging. Kriegsgräberstätten wie die große Anlage in Daleiden erinnern noch heute daran. Doch sie sind mehr als das. Sie sollen auch zur Versöhnung und zum Frieden mahnen.

 Die Gedenkhalle des Ehrenfriedhofs Daleiden: Mehr als 3200 Tote sind auf dem Friedhof begraben.

Die Gedenkhalle des Ehrenfriedhofs Daleiden: Mehr als 3200 Tote sind auf dem Friedhof begraben.

Foto: Linden Fritz-Peter

  Wollte man sich ein  Haus bauen, so würde man sich sicher gerne diese Stelle aussuchen. Mit weitem Blick über die Eifelhöhen,  auf eine friedliche grüne Landschaft, die Ruhe und Frieden ausstrahlt.

Die exponiert gelegene Anhöhe östlich von Daleiden ist ein solcher Ort. Und gerade deshalb wurde sie wohl ausgesucht, um dort in den 50er Jahren den damals größten Soldatenfriedhof in Deutschland zu bauen.

Die Westeifel, einst ein Ort des Schreckens, wo im Dezember 1944 und Januar 1945 die letzten blutigen Schlachten des Zweiten Weltkriegs  in der Eifel und in den Ardennen tobten, sollte ein Ort der Versöhnung werden.

Das ist er auch für Herbert  Maus, Ortsbürgermeister der 950-Seelen-Gemeinde. Denn er wohnt ganz in der Nähe. Und wenn er aus dem Fenster schaut, sagt er, sieht er regelmäßig Menschen zu den Gräbern gehen – auch junge und auch viele Familien. Zudem gebe es immer noch Anfragen´nach verstorbenen Verwandten, die hier liegen  sollen – nach Brüdern, Vätern, Großvätern, Großonkeln, damals 17- oder 18-Jährige, junge Menschen mit  Zukunftsplänen, die auf den Schlachtfeldern in der Eifel zunichte gemacht wurden.

Das ist jetzt 75 Jahre her.  Können junge Menschen heute noch etwas damit   anfangen? Mit Gedenksteinen, -feiern oder -tafeln? Mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, der im Auftrag der Bundesregierung die Gräber der deutschen Kriegstoten im Ausland erfasst, erhält und pflegt, Angehörigen bei der Gräbersuche hilft und Versöhnungsarbeit leistet?

 Vielleicht nicht mit allem, sagt Diane Tempel-Bornett, Pressesprecherin bei der Bundesgeschäftsstelle des Volksbunds. Aber wer sich einmal für das Thema interessiere, bleibe auf jeden Fall dran. Schon oft habe sie erlebt, dass Schülern, die an einem der Gräber der blutjungen Soldaten  standen, heftig schlucken mussten – im Gedanken daran, dass der Tote gerade mal so alt war wie sie, als er sein Leben ließ.

Und genau da setzt die Bildungsarbeit des Volksbunds an. Denn Kriegsgräberstätten sind für den Volksbund nicht nur Orte der Erinnerung und des Gedenkens, sondern auch des Lernens.

Daher fördert die Organisation die Bildung und Begegnung junger Menschen an den Ruhestätten der Toten. Um das Vergessen zu verhindern. Um Freundschaften zu fördern. Um auszuschließen, dass sich wiederholt, was jahrzehntelange  Narben im nationalen Gedächtnis vieler Völker hinterlassen hat.

Und Narben auf der Seele vieler Angehöriger, die jemanden verloren haben.  Und schlimmer noch: die noch nicht einmal wissen, ob er noch lebt oder ob und wo er begraben liegt. Dass diese Ungewissheit eine der schlimmsten Torturen für Hinterbliebene ist, weiß Diane Tempel-Bornett. „Das beschäftigt sie ein Leben lang – manchmal sogar bis in den Tod“, sagt sie.

Daher hilft der Volksbund  Angehörigen bei der Suche nach Kriegstoten oder Vermissten. Insgesamt 4,8 Millionen Namen  finden sich in der Datenbank des Volksbunds. 4,8 Millionen Schicksale, die teilweise geklärt werden können.  So wie im Fall eines 95-Jährigen, der nach mehr als 70 Jahren erfuhr, wo sein Bruder gestorben ist

Viele Kriegstote liegen auf den vielen kleinen und wenigen größeren Kriegsgräberstätten, die  in den meisten Fällen von den Kommunen betreut werden. In Daleiden ist es ein bisschen anders – Erhalt und Pflege der Anlage  finanziert das Land Rheinland-Pfalz, betreut wird sie von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) Trier. Schließlich ist sie die größte in Rheinland-Pfalz. Die mehr als 3200 Gefallenen waren bis zur Umbettung nach Daleiden auf 72 kleineren Anlagen in der Umgebung bestattet.

Sie liegen nun in Gräbern, die schichtweise und ringförmig am abfallenden Hang angelegt sind. Besonders beeindruckend ist die offene  Gedenkhalle, die einen Blick über die Eifelhöhen zulässt. Die Pietà in der Mitte, eine Muttergottes mit totem Kind im Arm,  soll die Trauer der Mütter um ihre gefallenen Söhne ausdrücken. Geschaffen wurde sie von Del Antonio Kunsmann aus Wittlich.

Sonnenstrahlen fallen zwischen den Pfeilern der Gedenkhalle hindurch ins Zentrum der Halle. Ein Spiel aus  Licht und Schatten. Vielleicht ein Symbol für Krieg und Frieden, Hass und Versöhnung, Vergangenheit und Zukunft.

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