Oberweis fühlt sich im Stich gelassen

Was sich zwischen Oberweis und der Verbandsgemeinde Bitburg-Land abspielt, ist skurril. Jahrelang stritten sich die Kommunen wegen des Sportplatzes vor Gericht. Nun wollen die Oberweiser das Dorfleben mit einem Gemeindezentrum fördern - und wieder gibt es Gegenwind von der VG.

 Die Kindertagesstätte Oberweis muss unbedingt vergrößert werden, wenn 2013 einjährige Kinder einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz haben. TV-Foto: Dagmar Schommer

Die Kindertagesstätte Oberweis muss unbedingt vergrößert werden, wenn 2013 einjährige Kinder einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz haben. TV-Foto: Dagmar Schommer

Oberweis. Ein 600-Seelen-Ort, malerisch an der Prüm gelegen: Ein Dorf, in dem es beschaulich zugehen könnte. Doch es brodelt. Der kleine Ort liefert sich seit Jahren wegen des Sportplatzes ein Tauziehen mit der Verbandsgemeinde (VG) Bitburg-Land.

Kern des Problems: Der Sportplatz liegt mitten in einem Campingplatz-Gelände, das die VG samt Freibad verpachtet hat. Aber das Freizeitzentrum Oberweis, wie die Anlage offiziell heißt, ist ein Verlustgeschäft, zu dem die VG allein dieses Jahr 125 000 Euro beisteuern muss. Deshalb will sie die Anlage verkaufen - samt Sportplatz. Den würde der Pächter und Kaufinteressent nutzen, um dort weitere Camping-Stellflächen zu schaffen. Übrig bliebe nur ein kleines Spielfeld. Das ist für Oberweis nicht akzeptabel und Wurzel des jahrelangen Rechtsstreits (siehe Extra).

"Der Sportverein hat mehr als 200 Mitglieder und ist in Senioren-, Kinder- und Jugendarbeit überaus aktiv. Der Verein hat eine zentrale Bedeutung im Dorfleben. Und mit dem Sportplatz entzieht man denen die Basis", sagt Ortsbürgermeister Erwin Schmidt. Der Kampf um den Erhalt eines Sportplatzes ist zwar die größte Sorge des Orts-Chefs, aber nicht seine einzige. "Wir müssen die Kita vergrößern, wenn 2013 der Rechtsanspruch für einjährige Kinder kommt, unsere Feuerwehr, die häufig Einsätze auf der B 50 hat, braucht ein angemessenes Gerätehaus, und seit der Saal Rinnen vor fünf Jahren geschlossen wurde, haben wir keinen größeren Raum mehr für unsere acht Vereine im Ort", sagt Schmidt.

Gutachten hätten ergeben, dass ein Umbau der alten Schule, die als Ersatz-Vereinshaus genutzt wird, teurer wäre als ein Neubau. Und einen großen Saal gibt es dort nicht - Kappensitzungen deshalb auch nicht mehr. Schmidt wirkt zermürbt von dem Hickhack. Vor ihm liegen Ordner mit Urteilen, Verträgen, Plänen und Schriftwechsel. Aber in Sachen Dorfentwicklung geht nichts voran, obwohl der Gemeinderat an einem Strang ziehe. "Wir müssen irgendwie weiterkommen", sagt Schmidt. Kürzlich wurden der VG drei Vorschläge präsentiert:

Große Lösung: Neubau eines Gemeindezentrums, das Kita, Feuerwehr-Gerätehaus, Vereinshaus, Sport- und Dorfplatz umfasst. Von den Kosten von rund zwei Millionen Euro könnte die Ortsgemeinde einen Teil über den Verkauf der alten Schul-, Kita- und Feuerwehr-Gebäude sowie Eigenleistung finanzieren. Zudem hofft Oberweis auf Landesmittel. "Und die VG könnte ihren Teil aus dem Verkauf des Sportplatzes dazugeben", sagt Schmidt. Die VG halte ein Gemeindezentrum für ein "Wolkenkuckucksheim".

Kleine Lösung: Die Kita wird auf den gemeindeeigenen Flächen am jetzigen Standort erweitert und um ein Gemeindehaus ergänzt. Die alte Schule würde zum Feuerwehr-Gerätehaus umgebaut. Und der Sportplatz? "Das wäre dann Sache der VG", sagt Schmidt. Und genau das ist einer der Haken.

Hinzu kommt: "Die VG befürchtet eine zu große Lärmbelästigung der Anlieger, wenn wir Kita und Gemeindehaus an der Stelle verbinden", sagt Schmidt und schüttelt den Kopf. Denn die Kita liegt gleich gegenüber vom Campingplatz. "Was macht wohl mehr Krach", fragt der Ortschef . Er sieht in dem Lärmargument nur eine weitere Blockade. Zudem müsste die Gemeinde den Bebauungsplan für diesen Bereich ändern. Auch da habe man im Vorfeld noch keine Einigkeit mit der VG erzielt.

Dritte Variante: Wenn das alles nicht geht, könnte sich Oberweis auch vorstellen, Sportplatz und Campinganlage der VG für knapp 500 000 Euro abzukaufen und das Freibad mit einem jährlichen Betriebskosten-Zuschuss von 50 000 Euro zu betreiben. "Es gibt ernsthaft interessierte Privatinvestoren für diese Lösung", sagt Schmidt.

Eine offizielle Antwort von der VG gibt es noch nicht. Bürgermeister Josef Junk möchte sich derzeit auch noch nicht öffentlich zu den Vorschlägen äußern. "Wir befinden uns noch in der Phase der internen Entscheidungsfindung", erklärt Junk.

"Die Gespräche verliefen bisher so, dass es immer irgendwelche Einwände gab, egal, was wir vorgeschlagen haben", sagt Schmidt. Orts-Chef, Gemeinderat, Vereine und Dorfgemeinschaft fühlen sich im Stich gelassen. Schmidt: "Eine Verbandsgemeinde müsste ihrem Dorf doch helfen. Aber wir werden immer nur ausgebremst."EXTRA

Rechtsstreit: 1975 gingen Camping- und Sportplatz von der Ortsgemeinde in den Besitz der Verbandsgemeinde Bitburg-Land über, die den Campingplatz bis 1989 selbst bewirtschaftete und dann verpachtete. Der Rechtsstreit entflammte 2005, als die VG ankündigte, den Campingplatz an den derzeitigen Pächter zu verkaufen. Oberweis sollte vom Verkauf des Sportplatzes 150 000 Euro bekommen - zu wenig, um einen neuen Platz (Kosten: 900 000 Euro) zu bauen. Deshalb wollte Oberweis "seine Anlage" zurück. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) urteilte 2007, dass die Gemeinde darauf nach 30 Jahren kein Recht habe. Das bestätigte das Bundesverwaltungsgericht 2008. Ein Revisionsantrag wurde abgewiesen. Auch der Oberweiser Versuch, mit einer Bebauungsplan-Änderung zu verhindern, dass der Sportplatz zum Campen genutzt wird, wurde vom OVG untersagt. (scho)

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