Religion Wo Polen preisen und predigen

Bitburg · Mit dem Halten der Messe ist es für einen Missionspastor noch nicht getan. Denn der Pfarrer nimmt vor dem Gottesdienst die Beichte ab, isst mit Gläubigen zu Mittag und eilt zur Stelle, wenn sein Telefon klingelt.

 Der Glaube kommt bei den polnischen Katholiken sehr aus dem Herzen, meint Zbigniew Stoklosa. Der Pfarrer reist in der ganzen Region von Kirche zu Kirche und predigt in seiner Muttersprache. Am Sonntag war er auch in Bitburg, wo er vor circa 60 Menschen predigte.

Der Glaube kommt bei den polnischen Katholiken sehr aus dem Herzen, meint Zbigniew Stoklosa. Der Pfarrer reist in der ganzen Region von Kirche zu Kirche und predigt in seiner Muttersprache. Am Sonntag war er auch in Bitburg, wo er vor circa 60 Menschen predigte.

Foto: TV/Nathalie Hartl

Anstehen für den Seelenfrieden. Vor dem Beichtstuhl der Kirche St. Peter im Bitburger Stadtzentrum ist eine kleine Warteschlange entstanden. Die Besucher des hölzernen Raums erzählen dem Pfarrer von ihren Sünden und Problemen – in ihrer Muttersprache Polnisch. Vielen Geschichten hat Zbigniew Stokłosa heute schon gelauscht und Nachschub kommt schon mit dem nächsten Besucher, der durch das sonnengeflutete Portal eintritt. Er bekreuzigt sich, kniet in der Mitte des Gangs nieder, richtet den Blick Richtung Altar, hoch zum Kreuz, an dem Jesus hängt. Ein kurzer Moment der Einkehr, dann dreht er sich zum Beichtstuhl und setzt sich zu den Wartenden.

Als keiner mehr nachkommt, tritt Stokłosa in das Kirchengewölbe und beginnt hier seine Predigt. Wer kein Polnisch kann, versteht nicht viel. Die Gottesmutter verbirgt sich hinter Maryja und auch beim „Alleluja“ können Deutsche halbwegs unfallfrei ohne Zungenbrecher mitsingen.

Danach hört es aber schon auf. Texte, die aus dem Mund von Stoklosa wie ein Gedicht in die Welt fließen, haben auf dem Blatt für Nicht-Sprecher keine Bedeutung. Umgekehrt muss es auch polnischen Katholiken gehen, die gerade ausgewandert sind und einem deutschen Priester lauschen. Das ist der Grund, warum das Bistum Trier seit bereits 60 Jahren mit muttersprachlichen Gemeinden, also Missionen zusammenarbeitet. Sie enstanden im Rahmen der Einwandeungswellen. Italiener, Spanier, Portugiesen und Kroaten bekamen damit einen Ort, um das Vater Unser in ihrer Muttersprache zu beten. Für die Gläubigen sei das wichtig, denn „sie haben kaum eine Chance, die Gottesdienstordnungen der Pfarreiengemeinschaften zu durchschauen, weil sie sich in klein gedruckten kirchlichen Mitteilungsblättchen nicht so zurecht finden“,  teilt Simone Bastreri von der Bischöflichen Pressestelle in Trier mit.­­

Seit dem Ende der 1980er Jahre gibt es die katholische Mission, die inzwischen die größte in der Region ist. Über 30 000 Polen, sagt Stokłosa, fallen in den Zuständigkeitsbereich des Trierer Bistums.

Stokłosa und seine Kollegen sind für mehr als nur den Gottesdienst zuständig. Die Schlange vor dem Beichtstuhl zeigt: Die Geistlichen sind gefragt. Nicht nur bei Sterbefällen, Hochzeiten und Taufen werden sie kontaktiert. Auch im Alltag spielen sie eine wichtige Rolle. „Der erste Anruf ist der beim Pastor“, sagt Stoklosa.

Sogar Arbeitgeber von Gläubigen haben ihn bereits kontaktiert. „Einmal bekam ich die Nachricht, dass der Sohn eines Mannes verunglückt sei.“ Stokłosa machte sich sofort auf den Weg. „Meine halbe Stelle beschäftigt mich den ganzen Tag.“

 Rot-weiß ist der Blumenschmuck auf dem Altar – wie die Flagge Polens.

Rot-weiß ist der Blumenschmuck auf dem Altar – wie die Flagge Polens.

Foto: TV/Nathalie Hartl

Nicht nur Seelsorge steht auf dem Plan des Pastors. Bei Hausbesuchen lernt kann er die Gemeinde bei einem Mittagessen besser kennenlernen.

„Das ist ein Stück Heimat“, sagt Andrzej Furman, der mit seiner Familie aus dem Bitburger Land in die Stadt zum Gottesdienst gefahren ist. Er besuche auch regelmäßig deutsche Gottesdienste, aber die polnischen Messen, die zweimal im Monat in St. Peter gefeiert werden, sind für ihn etwas Besonderes.

Abgesehen von der Sprache sind die Unterschiede fein. Sie machen für viele Katholiken aber den Unterschied zwischen Vertrautheit und Fremdheit aus.

Die Hostie legt Stokłosa vielen direkt auf die Zunge statt auf die Handfläche. Mundkommunion nennt man dieses Ritual, das laut Bastreri „in vielen deutschen Kirchengemeinden kaum noch praktiziert wird.“

Auch beim Beten finden sich Unterschiede. Denn hin und wieder lösen sich gefaltete Hände und wandern zur Brust. „Der Glaube kommt mehr aus dem Herzen, nicht so sehr aus dem Verstand wie bei den Deutschen“, sagt Stokłosa. Daher gäbe es auch viele Andachten.

Und noch ein Unterschied fällt beim Blick durchs Kirchenschiff während des Gottesdienstes auf: Es haben sich viele junge Menschen versammelt, Kinder, junge Erwachsene, Alte. Wahrscheinlich predigt ein deutscher Pfarrer nur an Weihnachten, Ostern und bei Hochzeits- oder Kommunionsfeiern zu so vielen Menschen unterschiedlichen Alters. Den Eindruck hat auch Furmann: „Hierher kommen ganze Familien.“

 Die polnische Mission bietet an zwei Sonntagen im Monat Gottesdienste in Bitburg an.

Die polnische Mission bietet an zwei Sonntagen im Monat Gottesdienste in Bitburg an.

Foto: TV/Nathalie Hartl

Eine polnische Messe ist jeden ersten und dritten Sonntag im Monat ab 12 Uhr in der Kirche St. Peter in Bitburg.
Darüber hinaus gibt es regelmäßig Gottesdienste auf Polnisch in Daun, Trier, Bernkastel-Kues und Wittlich. Mehr dazu auf der Seite der Mission unter
www.pmk-koblenz.de

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