Natur Polizei und Forstamt Prüm warnen vor Gefahr im Wald

Prüm · Mit der Motorsäge ins Risiko: Ein aktueller Unfall in der Eifel hat das erneut gezeigt. Die drohende Borkenkäferplage wird aber noch mehr Waldbesitzer in ihre Bestände treiben. Polizei und Forstamt Prüm warnen vor Alleingängen.

 Dieses eine Mal, immerhin, hatte der Borkenkäfer Pech: Hier hat ihn der Specht geholt.

Dieses eine Mal, immerhin, hatte der Borkenkäfer Pech: Hier hat ihn der Specht geholt.

Foto: Fritz-Peter Linden

Gerade mal eineinhalb Wochen ist das jetzt her: Ein Waldbesitzer aus dem Islek begibt sich mit der Motorsäge in seinen Bestand, um einen Baum zu fällen. „Allein“, sagt Georg Bührmann, Chef der Polizeiinspektion Prüm. „Und er hat auch niemandem Bescheid gesagt, wo er hingeht.“

Dann geschieht Folgendes: Die abgesägte Fichte kippt auf einen Nachbarbaum, fällt aber nicht zu Boden. Also schneidet der Waldbesitzer auch diesen zweiten Baum – dabei aber löst sich der erste und begräbt den Mann unter sich. Es sei nur einem glücklichen Zufall – „und einem sehr aufmerksamen und tatkräftigen Spaziergänger“ – zu verdanken gewesen, sagt Bührmann, dass der Waldbesitzer mit Verletzungen davonkam.

 Schlicht und einfach: Waldarbeit bedeutet Lebensgefahr.

Schlicht und einfach: Waldarbeit bedeutet Lebensgefahr.

Foto: Fritz-Peter Linden

Solche und ähnliche Unglücke bei der Arbeit im Wald geschehen immer wieder – erst vor gut zwei Wochen starb ein Waldarbeiter in der Nähe von Aach. „Der Forst“, sagt Bührmann, „ist einer der Arbeitsbereiche, in denen die meisten Betriebsunfälle passieren.“

Peter Wind, Chef des Forstamts Prüm, bestätigt das: „Selbst Profis haben, statistisch gesehen, alle drei bis vier Jahre einen Unfall. Das ist ein riesiges Thema.“ Und er weist darauf hin, dass es mit einem ein- oder zweitägigen Motorsägenkurs nicht getan sei: Nicht ohne Grund dauere die Ausbildung eines Forstarbeiters drei Jahre. Aber auch für die Könner herrschen strenge Regeln, sagt Peter Wind: „Bei uns darf im öffentlichen Wald keiner mehr stehendes Holz fällen, der nicht ausgebildet ist.“

Und alleine darf er auch das nicht: Denn wer im Wald Bäume zu schneiden hat, muss immer einen Kollegen dabei haben. Und wenn dort kein Mobilempfang möglich sei, müsse man sogar zu dritt sein. Damit einer Hilfe holen kann, während der Zweite beim Verunglückten bleibt.

Beide, Bührmann und Wind, weisen mit Nachdruck auf die Gefahren hin, denen man sich aussetzt, wenn man sich alleine, mangelhaft ausgerüstet oder geschult, zur Arbeit in den Wald begebe.

In der Eifel besitzen allerdings mehrere Tausend Bürger etliche Hektar Wald. Und es ist zu befürchten, dass sich in absehbarer Zeit noch mehr von ihnen in ihre Wälder aufmachen, um dort Bäume zu schneiden. Mit entsprechendem Risiko.

Der Grund: Es droht nichts weniger als eine Borkenkäferplage. Peter Wind wird sogar noch deutlicher: „Wir stehen vor einer massiven Käfer-Katastrophe“, sagt der Forstamtsleiter, „und das wird viele Privatwaldbesitzer dazu anregen, selbst Hand anzulegen“. Denn das vergangene Jahr, mit seiner anhaltenden Hitze und Trockenheit, bereitete den Schädlingen paradiesische Zustände. Sie vermehrten sich ohne Ende und bildeten drei Generationen (der TV berichtete mehrfach). In Jahren mit normalem Wetter sind es höchstens zwei.

Die Tiere richteten bereits gewaltige Schäden in den Beständen an. „Und das wird dieses Jahr nicht besser“, sagt Wind. Sogar der Zeitpunkt, an dem die Plage über die Wälder kommen dürfte, kann bestimmt werden: „Ende März, Anfang April geht es los“, sagt Peter Wind.

Dann werden die Tage deutlich länger, die Temperaturen steigen, und die Jungkäfer, die bis dahin meist im Boden überwintert haben, machen sich auf den Weg: Sie bohren sich in die Baumrinde und legen dort ihre Eier ab, aus denen Larven und bald wieder Jungkäfer werden. Zwar kann sich ein gesunder Baum gegen die Käfer wehren – zum Beispiel mit Harz, in das er die Tiere einschließt. Aber nur, wenn er genug Feuchtigkeit erhält. Und dazu muss es regnen.

Sollte es zudem, wie im vergangenen Jahr, wieder Frühjahrsstürme geben, „dann haben wir richtig Land unter“, sagt der Forstamtsleiter. Und die Gefahr für die Waldbesitzer erhöht sich ein weiteres Mal: Denn die gestürtzten Stämme verkeilen und verkanten sich ineinander und geraten unter extreme Spannung. Solches Sturmholz, sagt der Forstamtschef, sei „das Allergefährlichste“. Wer darin zu sägen beginne, zumal auf eigene Faust, begebe sich in Lebensgefahr.

 Ortstermin im Schwirzheimer Wald (von links): Revierleiter Wolfram Dries, PI-Chef Georg Bührmann, Forstamtsleiter Peter Wind und die Waldarbeiter René Michels aus Wallersheim und Ingo Ruhe aus Schwirzheim.

Ortstermin im Schwirzheimer Wald (von links): Revierleiter Wolfram Dries, PI-Chef Georg Bührmann, Forstamtsleiter Peter Wind und die Waldarbeiter René Michels aus Wallersheim und Ingo Ruhe aus Schwirzheim.

Foto: Fritz-Peter Linden

Und um dem Ganzen die Krone aufzusetzen: Die Forstämter sind hoffnungslos unterbesetzt. „Wir sind personell völlig überfordert“, sagt Peter Wind. Die Betreuung der vielen Privatwaldbesitzer sei schon in normalen Jahren schwer zu bewältigen. „Aber in Krisenjahren kriegst du das gar nicht geregelt.“

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