Voll vor die Wand gelaufen – dann die Richtung gefunden

DAUN/GEROLSTEIN. "Für eine Mutmach-Geschichte für andere Jugendliche mache ich mit", sagt Florian Voges. Der 22-Jährige hat erst auf Um- und Abwegen zu seiner Ausbildungsstelle als Einzelhandelskaufmann gefunden. Nach etlichen Krisen hat er jetzt Fuß gefasst.

"Florian hat Umwege gemacht, aber dann ist der Groschen gefallen", erklärt Andre Löffler, Leiter der Dekra-Ausbildungsstätte in Gerolstein. Der 22-Jährige ist mittlerweile im zweiten Lehrjahr in einem Hillesheimer Baumarkt.Der Weg bis zum Ausbildungsbeginn im Sommer 2005 war steinig. Voges verließ 2000 mit einem Abgangszeugnis die Hauptschule Hillesheim. 2001 holte er im Berufsvorbereitungsjahr den Hauptschulabschluss nach, um dann in eine berufliche Qualifizierungsmaßnahme für Jugendliche zu wechseln. Darauf folgte der erste Ausbildungsvertrag im Sommer 2003. "Im Dezember 2003 habe ich aus privaten Gründen die Lehre in dem Getränkemarkt hingeschmissen", schaut Voges zurück. In der Folgezeit habe er "nichts gemacht, nur rumgehangen". Der Anfang vom vorläufigen Ende. Voges: "Mit dem Rumhängen ändert sich auch das Umfeld. Ich habe dann ein Jahr lang Drogen wie Haschisch, Ecstasy und Amphetamine genommen. Ich war teilweise ohne Wohnsitz, das volle Programm eben."

Für die Änderungen in seinem Leben waren dann mehrere Ereignisse verantwortlich. Zunächst stellte ihn sein Vater vor die Wahl. Voges: "Anfangs hat er mir noch geholfen, dann hat er mich voll vor die Wand laufen lassen. Heute bin ich ihm dankbar dafür, denn sonst hätte ich es nie kapiert." Bei der täglichen Wohnungssuche stand dann auch die 26-jährige Schwester auf der Liste. Ihre Hilfe rüttelte das Ehrgefühl des jüngeren Bruders wach. Voges: "Ich wollte ihr nicht auf der Tasche liegen. Das war irgendwie peinlich."

Der 22-Jährige erinnerte sich an seine Zeit bei der Dekra im Rahmen der beruflichen Qualifizierung. Mit flauem Gefühl im Bauch machte er sich im Februar 2005 auf den Weg nach Gerolstein. Voges: "Ich hatte nicht erwartet, erneut Hilfe zu kriegen. Zu meinem Erstaunen wurde mir aber wieder geholfen, denn es ging darum, einen geordneten Alltag zu schaffen und Geld zu verdienen." Bei der Dekra wurden Bedingungen gestellt: Keine Drogen mehr. Dafür gab es außerdem Beistand während zwei Gerichtsverhandlungen. Dankbar erinnert sich der 22-Jährige: "Schon nach vier Tagen konnte ich das Praktikum im Baumarkt beginnen."

Für andere Jugendliche in ähnlichen Situationen hat er zwei Tipps parat. "Erstens: nicht nach zwei Monaten ein Praktikum aufgeben. Zweitens: Es braucht Zeit, in eine Krise zu kommen, und deshalb braucht es auch Arbeit und Schweiß, um wieder 'raus zu kommen." Sozialpädagoge Löffler ergänzt: "Man muss sich aber auch helfen lassen." Voges nickt zustimmend: "Anfangs muss man schon einstecken. Man darf sich nicht zu schade sein." Seit Juni 2005 hat Voges ein "geregeltes Leben, ein festes Einkommen, ist drogenfrei und hat eine Freundin, die für Stabilität sorgt". Kopien der Drogentests (vier Stück im Jahr), die jeweils negativ verlaufen sind, gibt er freiwillig bei der Dekra und dem Arbeitgeber ab. Voges nimmt so- gar während des Sommerurlaubs freiwillig Zusatzunterricht bei der Dekra-Akademie. "Ich will am 22. September eine klasse Zwischenprüfung hinlegen, weil ich meinen Chef nicht enttäuschen will. Mein oberstes Ziel ist es, die Ausbildung zu schaffen."

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