Mehr Abstand zu "Monster-Rädern"

Hermeskeil · Neue Windräder dürfen nicht so nahe an Wohnhäusern gebaut werden, wie das die Verbandsgemeinde (VG) Hermeskeil bisher plant. Das ist die zentrale Forderung der Interessengemeinschaft (IG) "Rettet den Hochwald", die sie am Mittwoch bei einem Infoabend vor etwa 150 Zuhörern deutlich machte. Mit einem größeren Mindestabstand dürften im Süden der VG nur noch etwa 30 statt 57 Anlagen aufgestellt werden, so die Rechnung de IG.

 Windkraft im Hochwald wird immer mehr zum Streitthema: Der geplante Bau neuer, noch höherer Räder - auf dem Foto ist eine bestehnde Anlage an der Autobahnraststätte zu sehen – stößt auf wachsenden Widerstand. Foto: Archiv/Axel Munsteiner

Windkraft im Hochwald wird immer mehr zum Streitthema: Der geplante Bau neuer, noch höherer Räder - auf dem Foto ist eine bestehnde Anlage an der Autobahnraststätte zu sehen – stößt auf wachsenden Widerstand. Foto: Archiv/Axel Munsteiner

Hermeskeil. Das Stimmungsbild in dieser Runde ist am Mittwochabend eindeutig. Circa 150 Zuhörer drängen sich in den überfüllten Mutter-Rosa-Raum im Hermeskeiler Johanneshaus. Dort will die IG Rettet den Hochwald über die, aus ihrer Sicht kritikwürdigen, Windkraftpläne des VG-Rats informieren und ihre eigenen Vorschläge vorstellen. Dazu zeigt der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Karl Diller, der an diesem Abend zusammen mit Schulrektorin Christa Breidert die IG vertritt, auf einer Großleinwand Fotomontagen und Karten. Sie sollen dem Publikum verdeutlichen, wie viele Windkraftanlagen - sie werden mehrfach zugespitzt als "Monster-Räder" bezeichnet - durch die Vorverträge der Investoren mit den Ortsgemeinden allein im südlichen Teil der VG aufgestellt werden sollen und wie sich das auf das Landschaftsbild auswirkt.200 Meter hohe Anlagen

Die IG hat 57 Räder gezählt, die zumeist eine Nabenhöhe um die 140 Meter und zusammen mit dem Rotorblatt eine Gesamthöhe von 200 Metern haben. "Diese Planung erscheint uns überbordend", sagt Breidert. Die IG sieht durch diese Vielzahl an Rädern eine "erschlagende Wirkung auf das Stadt- und Landschaftsbild", einen Wertverlust von Wohnhäusern, starke Eingriffe in die Natur und mögliche Gesundheitsprobleme, wie Kopfschmerzen oder Schlafstörungen, über die eingangs der Hermeskeiler Arzt Dr. Ortwin Zais referiert hat.Allerdings meldet sich an einer Stelle Stadtbürgermeister Udo Moser (BFB) zu Wort und stellt die Seriosität der Präsentation an einem konkreten Beispiel in Frage. Auf der von der IG gezeigten Karte seien im Süden der Stadt Hermeskeil zwölf Räder dargestellt. Dabei müsse Diller wissen, dass nur noch acht Anlagen in der Planung sind. Über diesen aktuellen Stand hatte Moser am Dienstagabend - also am Vortag der IG-Veranstaltung - im Stadtrat informiert. Den bisher von der VG vereinbarten Mindestabstand von 1000 Metern bezeichnete Moser in der Ratssitzung als "nachvollziehbar". Das Rad, das Hermeskeil am nächsten kommt, steht laut Planung 1040 Meter vom ersten Haus weg, berichtete Moser. Die sieben anderen Räder würden in einer Distanz von 1170 (Tivoli) bis 2200 Metern (Richtung Landesgrenze) errichtet.Kritik an 1000-Meter-Regelung

Die Abstandsfrage hatte auch beim IG-Infoabend am Mittwoch eine entscheidende Bedeutung. Denn, so Diller, "um die Anzahl der Anlagen auf ein erträgliches Maß zu reduzieren", komme der VG eine Schlüsselrolle zu. Sie ist für die Flächennutzungsplanung und damit auch für die Auswahl der Standorte zuständig. Dabei könne die VG an einer entscheidenden "Stellschraube" drehen und einen anderen Mindestabstand zu Wohnhäusern festlegen.Die bisher geplanten 1000 Meter reichen nicht aus, so die feste Überzeugung der IG. Als "Musterbeispiel" nennt Diller die Regelungen der VG Kell. Der dortige Rat hat beschlossen, dass beim Bau neuer Räder mindestens die zehnfache Nabenhöhe als Abstand eingehalten wird - bei einem Rad mit 140 Metern Nabenhöhe wären das 1400 Meter. Übertragen auf die VG Hermeskeil hieße das, dass dort alle geplanten Räder mit einem Mindestabstand unter 1400 Metern wegfallen. Es würden dann laut Diller nur noch etwa 30 übrig bleiben. Und genau diese Anzahl habe VG-Chef Michael Hülpes (CDU) in einem früheren TV-Gespräch als "verträglich" bezeichnet. An diesen Worten müsse sich Hülpes nun messen lassen, so Diller. Um ihre Forderung zu untermauern, sammelt die IG Unterschriften - nötig sind rund 450 - und will dann einen Einwohnerantrag stellen, damit sich der VG-Rat damit befasst. Hülpes selbst verteidigt die bisherigen Planungsgrundsätze der VG. So verweist er darauf, dass das Land sogar nur einen Mindestabstand von 800 Metern empfohlen habe. Einige Aussagen der IG würden so nicht stimmen, kritisiert Hülpes. Er sagt aber auch: "Man kann durchaus darüber streiten und diskutieren, ob wir möglicherweise die Vorgaben enger ziehen sollen." Meinung

Das Unbehagen wächstDer Eindruck mag täuschen: Aber beim Thema Windkraft wird unter den Bürgern das Gefühl des Hin- und Hergerissenseins offenbar immer größer. Grundsätzlich nimmt fast jeder für sich in Anspruch, dass er den Ausbau der erneuerbaren Energien befürwortet. Wenn es dann aber - gerade bei der Windkraft - um die konkrete Umsetzung geht, wird das Unbehagen größer. Dann rücken die Risiken und Nebenwirkungen der ins Auge gefassten Standorte in den Vordergrund. Das ist insbesondere im Hochwald auch durchaus verständlich: Denn wenn das Mopsfledermausproblem gelöst und alle ringsum geplanten Räder tatsächlich aufgestellt würden, dann wäre das Landschaftsbild wirklich völlig überfrachtet. Die IG macht mit ihrem Vorschlag für größere Mindestabstände zwar einen diskussionswürdigen Lösungsansatz. Wie vertrackt die Situation ist, macht aber folgende Beobachtung deutlich. Die Windkraft-Bürgerinitiative in der VG Thalfang hat kürzlich im TV den in Hermeskeil geltenden Mindestabstand von 1000 Metern als Zielvorstellung genannt. In Hermeskeil wiederum stellt die IG die Regeln der VG Kell als vorbildhaft heraus. Sie blendet dabei aber aus, dass es dort auf dem Grenzkamm zum Saarland mit Judenkopf und Teufelskopf/Schimmelkopf höchst umstrittene Standorte gibt - und zwar obwohl die teils schon rotierenden, teils erst geplanten Räder weit über 1500 Meter von Wohnhäusern weg sind. Kurzum: Eine einfache Formel, um es beim Bau von Windrädern allen recht zu machen, gibt es nicht. a.munsteiner@volksfreund.deExtra

 Volles Haus beim Infoabend zum Thema Windkraft. Links im Bild: der Ex-Bundestagsabgeordnete Karl Diller. TV-Foto: Axel Munsteiner

Volles Haus beim Infoabend zum Thema Windkraft. Links im Bild: der Ex-Bundestagsabgeordnete Karl Diller. TV-Foto: Axel Munsteiner

Unter den Zuhörern im Johanneshaus stellten Windkraftkritiker die klare Mehrheit. Hermann Dellwing sprach von einer "unmöglichen Situation, dass Hermeskeil von Windrädern umzingelt werden soll". Das Verhalten der Gemeinden, die auf die Pachteinahmen durch die Windkraft setzen, nannte Dellwing "eine sinnlose Gier nach Subventionen". Differenzierter äußerte sich Dorothea Thul. Sie würde sich wünschen, dass überhaupt mal ermittelt würde, wie viele Anlagen in der Region überhaupt nötig sind. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir wirklich 57 Räder brauchen, um unseren Energiebedarf zu decken", sagte die Kinderärztin. Auch Vertreter der Bürgerinitiativen aus der VG Thalfang, Nonnweiler und Greimerath (VG Kell) waren Besucher des Infoabends. Simone und Herbert Martini berichteten von den gerade in Betrieb genommenen Windrädern auf dem Judenkopf. Anders als es in Gutachten vorher behauptet wurde, überschreite der Lärm der Räder die Grenzwerte, so die Martinis. "Kommen Sie einfach nach Greimerath und hören Sie sich das an", forderten sie die Zuhörer auf. ax

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