Alle sind gleich - auch beim Tanzen

Trier · Seit 15 Jahren macht es das Trierer Ensemble Beweggrund vor: Tanz und Behinderung passen wunderbar zusammen. Doch die Gruppe ist nur eine von Dutzenden, die mit der inklusiven Methode Danceability arbeiten. In Trier haben sich nun Lehrer und Neulinge mit dem Erfinder dieser Methode über inklusive Tanzprojekte ausgetauscht.

Trier. Vor dem Publikum wirbeln sie zur Musik über die Bühne - auf der Europäischen Danceability-Tagung in der Tufa zeigen sie ein gänzlich anderes Gesicht: Die Tänzer des Trierer Ensembles Beweggrund und ihre internationalen Kollegen wollen nicht nur Schönes darbieten; sie wollen auch die Gesellschaft verändern. Dabei helfen soll ihnen die Idee der Danceability-Methode, nach der sie arbeiten: Demnach können alle, auch Menschen mit Behinderung, tanzen. Die Tänzer führen keine vorher entworfene Choreographie auf, sondern entwickeln das Stück gemeinsam gemäß ihrer Möglichkeiten und lernen dabei voneinander.
"Mit Danceability haben wir die Werkzeuge, die wir brauchen, damit sich die Menschheit weiterentwickeln kann", sagte Alito Alessi, Erfinder der Methode, bei der Tagung, die von Donnerstag bis Samstag in der Tuchfabrik über die Bühne ging und bei der sich Tanzlehrer aus ganz Europa über ihre verschiedenen Projekte austauschten. Eine "neue Gesellschaft" wolle er, sagte Alessi, die alle Menschen unterstützt und miteinbezieht - auch im Tanz.
Während sich in dieser Grundidee alle einig sind, geht jedes Ensemble seinen eigenen Weg der Inklusion. Vera Rebl von Danceability Österreich veranstaltet zum Beispiel eine Art inklusives Tanztheater mit Poetry Slam in Wien. Dabei improvisieren die Tänzer ihre Darbietung zu dem, was die Dichter vortragen - und umgekehrt. In einem anderen Projekt tanzte sie mit ihrem Ensemble aus behinderten und nicht behinderten Tänzern auf der Straße. Einmal sei dabei die Wahl auf die Invalidenstraße gefallen, wie sie amüsiert anmerkte.
Die Italienerin Paola Banone stellte den 60 Gästen ihr internationales Tanzfestival "Dream time" vor, das sie seit 2001 in Mailand veranstaltet. Hier treten auch inklusive Tanzgruppen aus aller Welt auf. Im Online-Magazin Dreamtimemagazine.com, dessen Redaktion sie leitet, behandelt Banone immer wieder Themen der Inklusion im Tanz.
Auch der Intendant des Trierer Theaters, Karl Sibelius, beteiligte sich mit einem Vortrag. Er wolle das Theater für andere Projekte in der Stadt öffnen und wünsche sich auch im Theater eine künstlerische Arbeit, die alle einbeziehe, erklärte Sibelius.
In den Diskussionen zeigte sich, dass sich vor allem hierzulande viele eine Professionalisierung der Bewegung wünschen und etwa Danceability-Kurse an Hochschulen anbieten wollen. Von anderer Seite kam dagegen der Einwand, dass das Pochen auf formale Abschlüsse eine sehr deutsche Mentalität sei. Die Idee der Danceability sei es ja gerade, dass sie offen für alle ist - das passe nicht zu einem starren, institutionalisierten Rahmen. Viele Teilnehmer klagten zudem über Finanzierungsschwierigkeiten ihrer Projekte - oft gebe es eine staatliche Förderung nur für begrenzte Zeit. Die meisten der anwesenden Tanzlehrer arbeiten ehrenamtlich. bel
Das Trierer Danceability-Ensemble Beweggrund führt sein aktuelles Stück "Held @ Alltag" ab dem 20. Januar wieder in der Tuchfabrik auf.

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