Die unbeschwerte Grazie

Luxemburg · Die junge Schweizerin Eugénie Rebetez hat mit ihrem Soloprogramm als Tänzerin und Sängerin im Luxemburger Grand Théâtre das Publikum verzaubert. Eine wunderbare Performance einer außergewöhnlichen Künstlerin.

 Starke Frau: Eugénie Rebetez verbindet Tanz, Gesang und Akrobatik – und kokettiert dabei mit ihren Kurven. Foto: Augustin Rebetez

Starke Frau: Eugénie Rebetez verbindet Tanz, Gesang und Akrobatik – und kokettiert dabei mit ihren Kurven. Foto: Augustin Rebetez

Luxemburg. "Huch!", ist die erste Reaktion beim Großteil der 280 Zuschauer am Dienstag im ausverkauften Studio des Luxemburger Grand Théâtre, als die Schweizer Künstlerin Eugénie Rebetez im eng anliegenden kleinen Schwarzen die Bühne betritt. Die junge Frau hat nämlich, nach landläufiger Vorstellung, einige Kilos zuviel auf den Rippen und sonstwo - eine Ausnahmeerscheinung in der Welt der mageren Tänzerinnen. Das wäre ob ihres Könnens keiner gesonderten Erwähnung wert, würde sie nicht selbst mit ihrer Leibesfülle kokettieren. Da wackelt der Po, wogen die Brüste und klatschen die Schenkel.
Ihr zweites Soloprogramm mit dem sinnigen Titel "Encore" braucht nicht viele Requisiten: Ein Stuhl, eine kleine Showtreppe, ein Gymnastikball und ein fahrbarer Paravent reichen. Dazu rollt sich "La Rebetez" selbst einen roten Teppich aus, auf dem sie in aberwitziger Manier das Getue der sogenannten Stars auf demselben persifliert.
Sie singt und musiziert Selbstkomponiertes und Stücke von Henry Purcell über Johann Strauß bis Antonio Vivaldi. Dazu läuft sie auf Rollschuhen, spielt Keyboard oder Trompete, tanzt und turnt; oft auch gleichzeitig. Umwerfend ihre Parodie auf die berühmte Szene aus dem Film "Titanic", ein komödiantisches, sängerisches und akrobatisches Glanzstück. Mit glockenheller Stimme singt sie - in den roten Teppich gewickelt - "My Heart Will Go On", eine explizite Bewerbung für eine Las-Vegas-Show mit Céline Dion.
Mit spürbarer Freude spielt sie Ball, verstecken oder fangen, das wirkt - trotz oder gerade wegen ihrer barocken Figur - aber niemals plump. Das alles hat die unbeschwerte Grazie eines pummeligen Kindes, immer scheint jedoch die klassisch ausgebildete, herausragende Tänzerin durch. Selbstironisch kokettiert sie mit dem Image einer Diva, das hat durchaus Ambivalenz, von jeher stand dieser Titel ja den meist schlankeren Superstars zu.
Nach einer knackigen Stunde ist alles vorbei, am lautesten klatschen die dünnen Damen der Society, wahrscheinlich auch aus Verlegenheit. Die Show ist ein klares Statement gegen den Magerwahn. Aus dem anfänglichen "Huch!", ist längst ein "Hach!" geworden. Großer Applaus eines verzückten Publikums, dem Eugénie Rebetez ein Lächeln auf die Gesichter gezaubert hat.

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