Ein wahres Fest der Kammermusik

Trier · Welch ein musikalisches Niveau! Im letzten Saisonkonzert der Kammermusikalischen Vereinigung Trier bestach das Mariani-Klavierquartett mit einem ungemein starken, deutlichen, transparenten und flexiblen Musizieren. Und brachte sogar zwei klingende Neuigkeiten mit.

 Philipp Bohnen (Violine), Gerhard Vielhaber (Klavier), Barbara Buntrock (Viola) und Peter Philipp Staemmmler (Violoncello). TV-Foto: Martin Möller

Philipp Bohnen (Violine), Gerhard Vielhaber (Klavier), Barbara Buntrock (Viola) und Peter Philipp Staemmmler (Violoncello). TV-Foto: Martin Möller

Trier. Einige Takte nur, und die Luft im Kurfürstlichen Palais vibriert vor künstlerischer Intensität. Das Mariani-Klavierquartett gibt Frank Bridges bedeutendem "Phantasy"-Quartett eine Dichte und eine Deutlichkeit mit, die schlichtweg bestechen. Geiger, Bratschistin, Cellist und Klavier - alle verbinden perfekt Tonkultur, rhythmische Präzision, Klarheit der Linienführung und eine bemerkenswerte Anpassungsfähigkeit. Die gefürchtete Klavier-Dominanz im Festsaal wird zur fernen Erinnerung.
Und weil nichts bleibt an Vagem, Ungefährem, wird die reiche Polyphonie bei Bridge transparent und bleibt doch organisch und flexibel.
Das letzte Saisonkonzert der Kammermusikalischen Vereinigung war ein Fest der Kammermusik und tilgte zudem zwei weiße Flecken von der musikalischen Landkarte. Frank Bridge, der Lehrer Benjamin Brittens, hat mit seinem Klavierquartett von 1910 ein reifes, von victorianischem Muff völlig freies und ungemein passioniertes Werk geschrieben, mit einer enormen Spannweite zwischen dramatischem Aufbruch und lyrischer Versenkung. Genau recht für die kontrollierte Klangfülle der Marianis. Und dann das Klavierquartett Nr. 1, das Bohuslav Martinu unmittelbar nach seiner Amerika-Emigration komponierte - wie anschaulich, wie farben- und akzentreich klingen bei den Marianis diese multistilistischen Tongewebe.
Bei Robert Schumanns Klavierquartett op. 47 nach der Pause bestachen die enorme Präzision und Biegsamkeit des Musizierens, die breite Palette der Streicher-Klangfarben, das sorgfältig kontrollierte Vibrato und die pianistische Brillanz. Ein Schumann - straff, gradlinig und frei von Butzenscheiben-Idyllik. Und doch ging nichts verloren an Feinheiten. Dem berühmten Choralzitat im Kopfsatz ("Wer nur den lieben Gott lässt walten") gaben die Streicher einen zart-nachdenklichen Tonfall mit. Und im wirbelnden Finale beschworen die Marianis den Geist der Musik durch genaue Realisierung der (musikalischen) Buchstaben. Und da entwickelte die mozartnahe Polyphonie unversehens eine umfassende, eine hymnische Dimension - Musik für die ganze Menschheit.
Heller Jubel unter den nur 150 Besuchern. Wer fehlte, hat eins der besten Konzerte dieser Spielzeit verpasst. mö

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