Kultur-Wachwechsel im Kabinett

Fast geräuschlos wechselt in diesen Tagen in der Mainzer Landesregierung die Zuständigkeit für die Kultur. Zum Monatsende geht Langzeit-Staatssekretär Joachim Hofmann-Göttig (59) als Oberbürgermeister nach Koblenz, und Kulturchef im Kabinett Beck wird der bisherige Pressesprecher Walter Schumacher.

 Er geht von Mainz nach Koblenz: Joachim Hofmann-Göttig. TV-Foto: Archiv/Roland Morgen

Er geht von Mainz nach Koblenz: Joachim Hofmann-Göttig. TV-Foto: Archiv/Roland Morgen

Mainz. Einen Kulturminister gibt es in Rheinland-Pfalz eigentlich nicht. Nur eine Mammut-Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur. Was die Kulturschaffenden traditionsgemäß vermuten lässt, ihr sensibles Interessengebiet werde hinter der Allzuständigkeit für Schulen, Hochschulen, Kindertagesstätten, Forschung, Technologie, Jugendschutz und Weiterbildung chronisch vernachlässigt. Zumal Ministerin Doris Ahnen als Bildungspolitikerin von Rang und Neigung gilt, aber nicht unbedingt als Kulturfreak.

Um das (Vor-)Urteil zu widerlegen, gibt es seit ein paar Jahren einen Kulturstaatssekretär. Das Ahnen-Ministerium verfügt als einziges über drei Staatssekretäre und kann sich den Luxus eines heimlichen Kulturministers leisten.

Wenn der bisherige Amtsinhaber Joachim Hofmann-Göttig öffentlich so apostrophiert wurde, soll das aber auch schon mal für Wellen im Ministerium gesorgt haben. Das mag daran liegen, dass der redegewandte und vielseitig beschlagene Hofmann-Göttig nach außen bisweilen entschieden ministrabler wirkte als manches Kabinettsmitglied aus der ersten Reihe. Was ihm, das kommt erschwerend hinzu, fraglos selbst bewusst war.

Hofmann-Göttig ist einer der wenigen verbliebenen Veteranen, die ihre Berufung nach Mainz noch Rudolf Scharpings Wahlsieg von 1991 verdankten. Scharping holte seinen alten Juso-Kollegen und Polit-Profi als Staatssekretär ins Kabinett, Hofmann-Göttig überlebte 19 Jahre lang einen Ministerpräsidentenwechsel und etliche Kabinettsstrukturreformen.

Liebling der Kulturmacher



Er blieb, aber er wurde auch nie mehr als Staatssekretär - ob man das als Erfolg wertet, liegt ebenso im Auge des Betrachters wie die Frage, ob ein Glas halbleer oder halbvoll ist. Jedenfalls überstand er auch ein paar handfeste Gewitterschauer wie den Untersuchungsausschuss zum Arp-Museum.

Nebenher (!) gestaltete der Politologe und promovierte Erziehungswissenschaftler eine respektable wissenschaftliche Laufbahn, brachte es bis zum Professor, schrieb eine Reihe von Büchern und mehr als 100 Fachartikel.

Was die Kulturszene des Landes an ihm hatte, merkte sie, als er zwischendurch seine Zuständigkeit für ein paar Jahre an einen Fettnäpfchentreter aus den Reihen der SPD-Fraktion abgeben musste. Spätestens seither ist der omnipräsente Hofmann-Göttig der Liebling der Kulturmacher - nicht nur, weil er stets den Eindruck vermittelt, man könne ihn nachts um drei aus dem Bett holen und er wäre immer noch in der Lage, zu jedem beliebigen Kulturthema eine druckreife Rede zu halten.

Zumindest in einem Punkt werden sich die Kulturleute nicht umstellen müssen, wenn Hofmann-Göttig zum nächsten Ersten nach Koblenz wechselt: Sein Nachfolger ist ebenfalls in der Lage, mit dem Wort kunstvoll umzugehen. Walter Schumacher war einst Südwestfunk-Moderator, in Zeiten, da man von einem Radiosprecher noch Witz und Esprit erwartete statt Kindergeburtstagskomik.

Mitglied des engsten Beraterzirkels



Hobby-Kabarettist, ehrenamtlicher Schauspieldramaturg: Man braucht nur Schumachers gelegentlich den Sarkasmus streifende, aber immer unterhaltsame Pressemitteilungen Revue passieren zu lassen, um sich auf die eine oder andere Ansprache bei kulturellen Gelegenheiten zu freuen.

Kurt Beck holte seinen Pfälzer Landsmann 1994 nach Mainz, als er Regierungs-Chef wurde. Das ungleiche Duo ging fortan durch dick und dünn, Schumacher war weit mehr als der Sprecher seines Herrn - eher ein Mitglied des engsten Beraterzirkels. Auch in den bitteren Stunden von Becks Scheitern als SPD-Vorsitzender.

Der 60-Jährige ist ein hemdsärmeliger Typ - künftig dürfte man den heimlichen Kulturminister eher mit dem 1. FC Kaisernlautern-Grobstrick-Fanschal als mit gedecktem Kaschmir durch die Lande ziehen sehen.

In der Region Trier sieht man den Personalwechsel mit gemischten Gefühlen: Der Koblenzer Hofmann-Göttig stand Mosel und Eifel schon räumlich immer recht nahe. Schumacher wird erst zeigen müssen, ob er über den Pfälzer Berg den nötigen Sensus für Antikenfestspiele, Brot und Spiele, Moselmusikfestival oder Eifel-Literaturfestival entwickelt.

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