Mensch…Ulrich Schröder

Ich weiß, Sie persönlich sind als Vorstandschef nicht schuld an den ganzen versenkten KfW-Millionen. Schließlich schaffen Sie ja erst ein paar Wochen bei dieser Bank, die offenbar geführt wird wie eine Imbissbude.

Pardon, ich nehm's zurück: In der Imbissbude arbeitet man auch am Wochenende, wenn's nötig ist.

Egal: Bei irgendwem muss ich meinen Ärger loswerden, und Sie kriegen Schmerzensgeld genug, um sich das jetzt mal anzuhören. Ihre Leute hätten sich verschätzt, meinen Sie. Ah ja. So wie unsereins vielleicht beim Einparken. Kann halt passieren. Dumm gelaufen, halbe Milliarde futsch. So was aber auch.

Dann haben Sie es genauer erklärt: Ihre Experten wollten einen "Währungs-Swap" machen, einen Hin- und Rücktausch mit eingebautem Termingeschäft - nur dass eben zwischen Hin und Rück die Lehman-Pleite lag. Und das unverschämterweise am Wochenende, wo die Herren Bänker doch mal die Beine hochlegen müssen.

Wenn ich das mal ganz laienhaft formulieren darf: Sie wollten aus Nix Geld machen durch das handelsübliche Gezocke. Und dabei haben Sie sich verzockt.

Ehrlich gesagt: Wenn's nicht auch ein bisschen mein Geld wäre, würde ich Ihnen das von Herzen gönnen. Wenn eine ganze Branche ihre Existenzgrundlage einer Art Glücksspiel auf höherem Level verdankt, sollte sie nicht jammern, dass sie mal draufzahlen muss. Das kenne ich vom Lotto-Spielen auch. Nur dass ich da den Einsatz selber zahle.

Na ja, die Lehman-Millionen sind ja eh nur Peanuts. Jedenfalls gemessen an den acht Milliarden, die die IKB-Bank in der US-Immobilien-Lotterie draufgezahlt hat. Plus die Milliarden der Landesbanken.

Sagen Sie, Herr Schröder, kann es sein, dass Ihre Kollegen Bänker bei dem ganzen Spiel mit zehnstelligen Zahlen völlig das Gefühl dafür verloren haben, mit welchen Werten sie da herumhantieren? Und dass am anderen Ende der Zockerei Menschen stehen? Der volkswirtschaftliche Schaden, den sie anrichten und für den wir alle die Rübe hinhalten müssen, ist ja schlimm genug. Aber viel fataler ist die psychologische Wirkung auf Otto Normalverbraucher.

Dem sagt man nämlich sonst jeden Tag, dass die öffentlichen Mittel nicht ausreichen, um die Schulen seiner Kinder manierlicher auszustatten, die Löcher in den Straßen zu reparieren oder einen bezahlbaren ÖPNV zu unterhalten. Der erlebt, dass die Kassen die Reha der Oma nicht mehr bezahlen wollen. Und der liest, dass schlaue Professoren den Hartz IV-Empfängern vorrechnen, dass sie auch noch mit dem halben Einkommen auskommen könnten.

Haben Sie keine Angst, dass die alle mal bei Ihnen vor der Tür stehen? Hätte ich schon.

Dieter Lintz

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