Mensch... Wladimir Putin!

Da haben Sie ja ganz schön geglotzt, bei der Protestaktion der mäßig bekleideten jungen Frauen auf der Hannover-Messe. Unter Männern könnte man Ihren stieren Blick ja durchaus mit den präsentierten Auslagen in Verbindung bringen.

Auch wenn mir nicht so ganz klar ist, welche inhaltliche Aussage hinter einem blanken Busen steckt. Aber, ehrlich gesagt: Ich glaube, Ihnen ging etwas ganz anderes durch den Kopf. Wie schade, werden Sie gedacht haben, dass wir hier jetzt in Hannover sind, und nicht in Moskau. Sonst hätte das wieder mal einen hübschen Schauprozess gegeben, wegen öffentlicher Unbotmäßigkeit oder unzulässiger Zurschaustellung oder wie immer die Paragrafen heute heißen, die zur Zarenzeit unter "Majestätsbeleidigung" im russischen Strafgesetzbuch standen.

Und Ihre unabhängigen Richter hätten auf ausländische Proteste wahrscheinlich genauso sensibel und flexibel reagiert wie hierzulande ein Münchener Oberlandesgericht. Aber daraus wird nun nichts. Die Damen waren nach ein paar Stunden wieder frei, und Ihre Gastgeberin, Frau Merkel, ließ verlauten, es sei in einem freien Land nun mal so, dass es auch ungewöhnliche Arten des Protestes gebe. Überhaupt, diese komische Kanzlerin: besitzt die Frechheit, Ihnen öffentlich ins Gewissen zu reden und sogar Forderungen bezüglich des Umgangs mit Menschenrechten zu stellen. Was fällt der Dame eigentlich ein, wo deren Amtsvorgänger Ihnen doch den Persilschein des "lupenreinen Demokraten" ausgestellt hat?

Am Ende will Frau Merkel nach ihrer Amtszeit gar keinen lukrativen Beraterjob bei irgendeinem russischen Staatskonzern. Die wird noch völlig unkontrollierbar, wenn es so weitergeht. Aber Unkontrollierbares können Sie gar nicht leiden. Beispielsweise Journalisten, die sich erdreisten, Fragen zu stellen, die Ihnen nicht passen. Da wird schon mal schnell ein WDR-Chefredakteur beim Interview abgebügelt wie ein Schuljunge, dieser Herr ... wie hieß er noch ... Schönling oder so ähnlich. Und der reagiert auch noch so tapfer, bissig und schlagfertig, als wolle er schnurstracks eine Bewerbung fürs Kreml-Fernsehen abgeben.

Da haben Sie sich wahrscheinlich im Stillen köstlich amüsiert. Ganz anders als tags drauf, als diese unverschämten Schwulen in Amsterdam bei ihrer Demo das Schild "Putin go homo" entgegenhielten. Aber auch da konnten Sie leider die Knüppelgarde nicht rauslassen. Gut, dass Sie bald wieder zu Hause sind. Dieter Lintz

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