Nordeifel im Kunstrausch

Monschau · Vor 41 Jahren sorgte die Ausstellung "Umwelt-Akzente - Die Expansion der Kunst" in Monschau für einige Aufregung. In neuer Form kehrt die Ausstellung bis 30. September als Retrospektive zurück. Großformatige Tafeln in der Stadt erinnern an die damaligen Aktionen.

Monschau. Als HA Schult und Ehefrau Anna Zlotovskaya (43) durch die Gassen der Monschauer Altstadt schlendern, regt das niemanden auf. Hier ein freundlicher Gruß, dort ein Erinnerungsfoto mit dem 72-Jährigen. Smalltalk, herzliches Lachen und entspannte Stimmung begleiten den weltweit populären Aktionskünstler.
Das war vor 41 Jahren noch völlig anders. 1970 setzte sich der stets auf Außenwirkung bedachte Künstler in ein Auto, drehte stundenlang Runden durch Monschau und beschallte die Stadt, indem er seine ungefilterten Eindrücke aus dem Wagen heraus den Passanten lautstark und ungefragt auf die Ohren drückte.
Das war frech, provokativ und verwirrend für die Umwelt, aber Schult befand sich in guter Gesellschaft, in der Gesellschaft von 39 Künstlern, die 1970 das friedliche Monschau erregten. Mit der Darstellung von Kunst und Aktion im öffentlichen Raum unter dem Titel "Umwelt-Akzente - Die Expansion der Kunst" war die Stadt plötzlich in aller Munde. Was damals in der Bevölkerung allenfalls Ratlosigkeit und Kopfschütteln hervorrief, gilt heute als der Beginn der Auseinandersetzung mit Kunst und Aktion im öffentlichen Raum.
Mit der Retrospektive "Umwelt-Akzente II" lässt Monschau als Kulturstadt jetzt erneut aufhorchen. Zur Vernissage kamen auch zahlreiche und einige sichtlich gealterte Akteure von damals. Es wurde zwar kein komplettes Klassentreffen, aber rund ein Dutzend Künstler der Umwelt-Akzente kehrten noch einmal nach Monschau zurück und unterstrichen damit ihre hohe Wertschätzung für die hervorragend gelungene Rückschau.
Ein provokantes Grün begleitet die Besucher bis Ende September in der Stadt. Die Kunstwerke von damals existieren bis auf wenige Ausnahmen nicht mehr, und jetzt stehen an den einstigen Plätzen ihrer Verwirklichung zwei Meter hohe grün eingerahmte Tafeln mit Schwarz-Weiß-Bildern - gleichsam als Katalog im Außenraum. Im Kreuzgang des Auklosters findet man eine umfangreiche Dokumentation der Umwelt-Akzente. Die Fotografin Angelika Platen, die damals die Künstler bei ihrer Arbeit begleitete, lässt in ihren Fotografien den Zeitgeist wieder lebendig werden, dazu gibt es im kunstvoll hergerichteten Bürgersaal Fundstücke, Schriften und Dokumente zu entdecken.
Kurator Klaus Honnef blickt auf die 40 Jahre zurückliegende Aktion in Monschau zurück, in einer Zeit, als die Kunst auch ein Teil der Revolte gegen den "kulturellen Mief der deutschen Nachkriegszeit" gewesen sei. Man habe "Monschau "unter Kunst gesetzt", und einige der damals beteiligten Künstler hätten später Weltkarriere gemacht. Die Umwelt-Akzente seien provokativ angelegt worden, der Missmut in der Bevölkerung sei angewachsen bis hin zur Zerstörung. Doch insgesamt, sagt Honnef, sei die Aktion von einer positiven Grundstimmung getragen worden, spätestens dann als die Bevölkerung gesehen habe, "dass Künstler auch richtig arbeiten können." … den Künstler HA Schult (Foto: dpa), dessen Armee aus Müll-Figuren 2008 im Trierer Amphitheater Station gemacht hat. Ist die Ausstellung Umwelt-Akzente II mehr als nur Nostalgie? HA Schult: Die Ausstellung ist eigenständig und hat ihre volle Berechtigung. Sie zeigt, dass damals wie heute Pionierarbeit geleistet wurde mit Kaspar Vallot und Klaus Honnef als Beweger der Kunst. Wie gefällt Ihnen das Konzept der Ausstellung? HA Schult: Der Katalog im Außenraum ist eine tolle Idee und eine innovative Fortsetzung der damaligen Ausstellung. Die Kunst wird zu den Bürgern gebracht. Das verträumte Monschau liegt zwar unter einer Haube, aber darunter brodelt die Gegenwart. Ihre aus Schrott und Müll gepresste Armee der Trash People ist in der ganzen Welt unterwegs. Wäre das auch eine Idee für Monschau? HA Schult: Diese Frage werde ich jetzt nicht beantworten, nur soviel: Ich habe meinen Müll schon in der ganzen Welt hinterlassen. red

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