Im Tal der emotionalen Flutwellen

Kröv · Als ihm die Welle der moselländischen Empörung entgegenschwappte, war der Reisejournalist Jakob Strobel y Serra gerade im Königreich Bhutan. Am Montagabend hat er in Kröv mit den "Moselochsen" über seinen umstrittenen Artikel gesprochen.

Kröv. Der Reisejournalist Jakob Strobel y Serra hat einen Stein in die Mosel geworfen. Es war ein ziemlich dicker Brocken. Jedenfalls ist die Kraft jener Wellen, die sein in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erschienener Reisebericht über die Mosel verursacht hat, ungebrochen.
Das zeigt sich auch daran, dass trotz eines Wolkenbruchs 450 "Moselochsen" (so Strobels Begriff für die liebenswürdig sturen Moselaner) zum Forum des Trierischen Volksfreunds nach Kröv gekommen sind, um an einer Debatte zur Qualität des Moseltourismus teilzunehmen. Strobel selbst wurde, wie er am Montagabend berichtete, während eines beruflichen Besuchs des Königreichs Bhutan noch in einer Höhe von 4000 Metern von der Welle der moselländischen Reaktionen erfasst. "Ich bin seit 20 Jahren Reisejournalist. So etwas habe ich noch nicht erlebt", sagt der Autor, dessen messerscharfe Worte so manchen Moselaner verletzt hatten. Strobel betont, dass das nicht sein Ziel war. Sein Text sei eine Liebeserklärung - nur "dass sich die Geliebte manchmal schäbig kleidet". Sein Ziel sei es gewesen, aufzurütteln. Und - da sind sich an diesem Abend alle einig: Das ist dem Mann gelungen.
So sehr er mit seiner elitären Sichtweise und seinen harten Worten auch aneckt - Strobels Vision für die Mosel ist so schmeichelhaft, dass ihm niemand widerspricht: "Sie haben das Potenzial zur Weltdestination", sagt der Journalist. Menschen, die in Frankfurt aus dem Flieger steigen, könnten (vergiss Neuschwanstein!) künftig denken: "Ich will als Erstes die Mosel sehen."
"Das ist ja eine ziemlich große Möhre, die Sie uns da vor die Nase halten", entgegnet TV-Moderator Dieter Lintz, der zusammen mit seinem Kollegen Winfried Simon durch den Abend führt. Wie soll das denn gehen? An der Mosel, die doch stellenweise - auch da herrscht Konsens - noch unter den Spätfolgen des Massentourismus der 70er Jahre leidet.
"Wir können nicht einfach den Schalter umlegen und sind, zack, im Qualitätstourismus angekommen", sagt Gereon Haumann, Präsident des Hotel- und Gaststättenverbands. Das ist ein Prozess der Zeit braucht - und Geld. Doch wer will schon investieren, wenn nicht klar ist, ob er einen Nachfolger findet? Viele der kleinen Betriebe werden wohl in wenigen Jahren verschwunden sein. Allerdings stehen sie, wie Haumann sagt, schon jetzt "in einem gnadenlosen Qualitätswettbewerb". Und zwar nach Ansicht mehrerer Podiumsgäste sehr erfolgreich.
Gereon Haumann, Sabine Winkhaus-Robert, die als Geschäftsführerin der Moselland-Touristik GmbH Betriebe und Gemeinden vertritt, sowie Gregor Eibes, Landrat des Kreises, finden, dass ein wesentlicher Aspekt in Strobels Artikel zu kurz gekommen ist: Ihnen fehlt ein Verweis auf all die Gastgeber, die Geld und Herzblut in ihre Qualität investiert haben, ein Verweis auf all jene "Leuchttürme", die mit gutem Beispiel vorangehen. Innovativ und trotzdem moseltypisch. "Wenn wir hier an der Mosel zwei Millionen Gäste und sechs Millionen Übernachtungen haben, können wir nicht alles verkehrt gemacht haben", sagt Eibes. Wolfgang Port, Stadtbürgermeister von Bernkastel-Kues, sieht die Debatte als Chance und hofft, dass die Betriebe sich kritisch hinterfragen. Das wäre auch dem Intendanten des Mosel-Musikfestivals, Hermann Lewen, sehr recht, der bei Qualität von Hotellerie und Gastronomie Nachholbedarf sieht.
Er rät dem Moselaner zu mehr Selbstbewusstsein - insbesondere außerhalb seines Tals. Ein enges Tal, in dem laut Lewen "hinter jedem Mäander ein neuer Krieg tobt". Ein Tal, in dem laut Matthias Holzmann, dem umstrittenen Ex-Tourismuschef von Traben-Trarbach, "extreme Strömungen aufeinandertreffen, die emotionale Flutwellen auslösen." Strobel weiß um diese Wellen. Und er weiß auch, wie hartnäckig "Moselochsen" sein können. Sie wollen partout, dass er noch mal über die Mosel schreibt. Nur besser, versteht sich.Meinung

Packen wir\\'s an!
"Man hat mir vorgeworfen, ich hätte nur das gesehen, was ich sehen wollte. Nein, ich habe das gesehen, was Sie nicht sehen wollen." Dieses Zitat stammt von Jakob Strobel y Serra, der mit seinem Reisebericht eine grundlegende Debatte über den heimischen Tourismus ausgelöst hat. Eine Debatte, die so sinnvoll und so wichtig ist, dass auch all diejenigen, denen Strobel mit seinen harten Worten auf den Fuß getreten ist, sich an ihr beteiligen sollten. Natürlich hat die Mosel bereits jetzt viel Tolles zu bieten. Tolle Restaurants, tolle Winzer, tolle Hotels. Modern und trotzdem von hier. Es gibt aber - und das hat Strobel gut gesehen - noch viel zu tun, um die Mosel fit für die Zukunft zu machen. Packen wir\'s an! k.hammermann@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort