Nostalgie in der Puppenstube

WEIPERATH. Leuchtende Augen sind bei der Sonderausstellung "Kinderspiele aus alter Zeit" im Holzmuseum Weiperath keine Seltenheit. Entdeckt dort doch so mancher ein lieb gewonnenes Stück wieder.

Wenn Maria Steinmetz an Spiele ihrer Kindheit denkt, greift sie sofort nach einem Ball. Denn "die Kette" kann die 87-jährige noch immer, zumindest mit zwei Bällen. Als Mädchen jonglierte sie sogar mit dreien. "Jedes Kind hatte doch einen Ball", sagt die 21-fache Groß- und Urgroßmutter. Geübt hat die Weiperatherin meist in der Schule, weil zu Hause die Arbeit vorging. Doch zum Spielen blieb immer Zeit, so im Sommer zum Klickern (Murmelspielen) und Seilschlagen oder im Winter für Mühle. Spielzeug war rar, vor allem auf dem Land, wie sich Hubert Brück, ehrenamtlicher Helfer des Weiperather Holzmuseums, erinnert. "Ich habe Häuser gesehen, in denen schöne Puppenstuben standen, aber wir durften nur kucken." Den Besuchern der von ihm vorbereiteten Ausstellung "Wej Kunna freja spille kunnte" (Wie Kinder früher spielen konnten) geht es ähnlich. Die vorerst bis 31. März im Museum zu sehenden Exponate sind teils Leihgaben.Schaukeln "auf der Schajadenn"

Anfassen und Testen ist daher - anders als im Erdgeschoss-Spielzimmer - meist tabu. Ziel der Ausstellung ist die "Bewahrung und Erforschung der kindlichen Spielwelten im ländlichen Raum". Großformatige Bilder wie Bauernhauskulissen von Henriette Nehren oder Wilhelm Terweys gute Stube spiegeln die Atmosphäre einer Zeit, in der spielen ohne Spielzeug die Norm war. Brück verbindet damit Erinnerungen an Abenteuer wie Maikäfer fangen, Katzengold schürfen oder Paddelboot fahren mit umgestülptem Fußbänkchen. Ein "glückseliges Erlebnis" war für den Longkamper, der sich aufs Schnitzen von Weide-Pfeifen und Krachbüchsen versteht, das Schaukeln in der Scheune. "Das war ein Schwung", schwärmt auch Alois Schommer aus Weiperath vom schaukeln "auf der Schajadenn", der Scheunen-Tenne. Und komfortabel war‘s auch: Als Sitz diente zwischen den Ketten ein Kuh-Joch - "goud g‘polstad" (gut gepolstert). Ein Komfort, den heutige Kinder kaum kennen, sich aber immerhin vorstellen können. "Ist das eine Schaukel", hatte Erstklässlerin Anna-Maria erstaunt, aber richtig vermutet, als sie ein solches Modell in der Ausstellung sah. "Das Unterteil sieht aus wie das, was man der Kuh an den Hals macht", bewies sie bodenständiges Wissen. Die gleichaltrige Larissa wusste mit den auf den Boden geklebten Kästchen etwas anzufangen: "Da muss man auf einem Bein hüpfen", erklärte sie und führte es prompt vor. "Da hinten ist so ein Schaukelpferd - oder so was", deutete die ein Jahr ältere Tamara ein wenig unsicher auf ein geschnitztes Exemplar. Bisher kannte sie nur "so ein richtiges", für sie eines mit separatem Sitz. Zweitklässler Peter entdeckte in einer Vitrine etwas Bekanntes: "So ein Pferde-Puzzle haben wir zu Hause, genau das gleiche, aber auch Winnie Puuh." Puppenstuben kennen die Kinder natürlich auch, aber keine wie die von Ernst Weyand. Der Morbacher hat sein Werk mit Finessen wie flackerndem Kaminfeuer, schaukelnder Kinderwiege oder Spinnrad und Butterfass in Aktion ausgestattet. Die Figuren sind handgefertigt. Ein kleines Kunstwerk, das wie manches betagte Stück der Ausstellung kleine wie große Augenpaare strahlen lässt. Öffnungszeiten: Bis 31. März (Januar geschlossen) samstags 14 bis 17 Uhr, sonn- und feiertags 10.30 bis 17 Uhr. Eintritt zwei, Kinder ein Euro. Im Sommerhalbjahr zusätzlich dienstags bis freitags 14 bis 17 Uhr. Für Gruppen auch nach Vereinbarung: Telefon 06533/959750, E-Mail holzmuseum@web.de, Infos: www.morbach.de oder www.weiperath.de. ph/-pf.

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