Trierer Jungen beleben Dodenburger Schloss

Dodenburg/Trier · Beschaulich ging es in den 50er Jahren im 100-Einwohner Ort Dodenburg (Verbandsgemeinde Wittlich-Land) zu. Nur während der Sommerferien war viel los im Ort, dann kamen Kinder der Marianischen Congregation, einer Jugendorganisation der Jesuiten, ins Schloss. Auch die Dorfjugend nahm an deren Aktionen teil.

Dodenburg/Trier. Vor der Kulisse des mächtigen Schlosses von Dodenburg tummeln sich auf der Turnierwiese 70 bis 80 Jungen im Alter zwischen acht und 16 Jahren. In kurzen Hosen und mit aufgeschlagenen Knien spielen sie ausgelassen Fußball, unter der Aufsicht eines Kaplans der Marianischen Congregation (siehe Extra).
Mit einem Mikrofon kommentiert einer der Buben das Geschehen auf dem Bolzplatz und nimmt es sogar auf Tonband auf.
Mit dabei war damals Erwin Weber, der in direkter Nachbarschaft des Schlosses aufgewachsen ist. Er erinnert sich: "Wir Kinder haben schon jedes Jahr dem Tag entgegengefiebert, an dem die Jungen aus Trier kommen sollten. Die Patres haben immer ein tolles Programm auf die Beine gestellt, und an vielen Aktionen konnten wir auch teilnehmen."
Filme wurden vorgeführt, einen Flohzirkus gab es, und die Kinder übten Theaterstücke ein und führten sie auf. Erwin Weber berichtet: "Ich weiß noch, dass wir einmal einen Film über den Unabhängigkeitskrieg gesehen haben." Auch Tischtennis, Schießwettkämpfe und eine Lagerbibliothek gab es, wie aus einem Bericht der Schulchronik hervorgeht. Zum täglichen Programm gehörte auch der morgendliche Gottesdienst in der Schlosskapelle, zu dem die Dodenburger Bevölkerung eingeladen war.
Die Dodenburger versorgten die Kapelle täglich, und besonders an den Sonntagen, mit Blumenschmuck. Zum Fest Mariä Himmelfahrt wurde das Hochamt in den großen Saal, den ehemaligen Wintergarten, verlegt. Es kamen Generalvikare, Domkapitulare, Vertreter der Bistumsführung und Eltern zu Besuch.
Mädchen aus Frankreich


In den 1960er Jahren fanden die Freizeiten nicht mehr statt, aber es gab es immer noch Kontakt zu Pater Plümmer, einem der Jesuitenpatres, der noch viele Jahre zur Kirmes nach Dodenburg kam. Neben den MJC-lern waren auch andere Kinder und Jugendliche im Schloss zu Gast. Aus Berlin war einmal eine Gruppe da, die das Schloss in einem sehr schlechten Zustand hinterlassen hat, und eine Gruppe französischer Mädchen.
Weber erzählt: "Die haben auch einmal ein Theaterstück aufgeführt. Das war sehr schön, aber wir haben nichts verstanden, weil sie es auf Französisch gezeigt haben. Ich denke aber, es ging um die Französische Revolution, denn sie haben es am 14. Juli gespielt."
Heute ist das Schloss in Privatbesitz und kann nicht besichtigt werden. chb
Extra

 Schloss Dodenburg heute und früher: Es verfügte in den 1950er Jahren schon über Zentralheizung und fließendes Wasser. Heute ist es in Privatbesitz. Fotos: Klaus Kimmling (1)/Archiv VG Wittlich-Land (2)

Schloss Dodenburg heute und früher: Es verfügte in den 1950er Jahren schon über Zentralheizung und fließendes Wasser. Heute ist es in Privatbesitz. Fotos: Klaus Kimmling (1)/Archiv VG Wittlich-Land (2)

Das Dodenburger Schloss - 1231 erstmals erwähnt - wird im 18. Jahrhundert zum Barockschloss umgebaut. Von 1700 bis 1944 gehörte es der Familie des Freiherren von Kesselstadt. Von 1945 bis 1953 stand es leer, 1953 wurde es an die Wirus Werke, Willy Ruhenstroht in Gütersloh verkauft. Das war eine holzverarbeitende Firma, die nur an den 600 Hektar Wald, die zum Besitz gehörten, Interesse hatte. Das Schloss konnten in den Ferien dann Jugendorganisationen nutzen. 1957 wurde es verkauft, nachdem sogar über einen Abriss nachgedacht worden war. Marianische Congregation Die Jesuiten gründeten 1567 in Trier eine Marianische Con gregation mit dem Ziel, durch religiöse Übungen Jungen in der Zeit des Heranwachsens eine christliche Prägung zu geben. Unter den Nationalsozialisten wurde der Verein aufgelöst. 1953 gab es ihn wieder. Sport, christliche Werte sowie geistliche und weltliche Bildungsaufgaben waren Ziele. In diese Zeit fielen die Aufenthalte in Dodenburg. 1992 gaben die Jesui ten die Jugendarbeit auf, das Jugendzentrum Mergener Hof (Umbenennung 1971) besteht noch. chb

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