Weg aus der Krise

MORBACH. (iro) Von den Saarländern können die Morbacher etwas lernen. Davon ist Bürgermeister Gregor Eibes überzeugt. Er hatte Otmar Weber vom Umweltministerium des Saarlands in den Gemeinderat eingeladen. Weber sollte über seine praktische Arbeit zur Dorfentwicklung berichten. Sein Ziel: "Mehr Dorf für weniger Menschen."

"Manche Dörfer wollen heute noch einen Kunstrasenplatz und haben in zehn Jahren keine Kinder mehr, die drauf spielen können." Was Otmar Weber, Leiter der Agentur ländlicher Raum im saarländischen Umweltministerium, im Morbacher Gemeinderat so drastisch beschrieb, ist ein zentrales Problem seiner Arbeit. "Wir haben Dörfer mit 1000 Menschen, 15 Vereinen und drei Geburten im Jahr", schilderte der Fachmann für Dorfentwicklung. Vielen Einrichtungen, die Dörfer heute noch haben wollten, drohe wegen der demografischen Entwicklung schon in wenigen Jahren der Leerstand. Im Nachbarland seien jetzt Grundschulen geschlossen worden, Kindergärten und Gymnasien würden folgen. Auf die Saarländer komme eine problematische Entwicklung zu. Doch das Problem hört an den Landesgrenzen nicht auf. Die Tendenz gibt es auch im Hunsrück, wenngleich Morbach derzeit noch verhältnismäßig gut dasteht. In der Einheitsgemeinde kamen im vergangenen Jahr auf 90 Sterbefälle immerhin 101 Geburten. Das Problem der Einheitsgemeinde seien eher die vielen kleinen Dörfer. Morbach will sich der demografischen Entwicklung entgegenstemmen. Weber war eingeladen worden, weil man sich von ihm Anregungen erhoffte. Und die gab‘s zuhauf. Die Schwierigkeiten zu ignorieren, helfe nicht. Man müsse sie vielmehr als Chance begreifen. Deshalb werden sie im Nachbarland explizit angesprochen, "auch wenn es weh tut", so Weber. Er berichtete von einer "sozialen und kulturellen Dorferneuerung", die seine Agentur seit fünf Jahren betreibt. Weber geht in die Dörfer, spricht mit Gemeinderäten, ist bei Bürgerversammlungen dabei, macht deutlich, dass es wie bisher nicht weitergehen könne. Aber er zeigt auch positive Wege auf. Bilden sich Arbeitsgruppen zur Sanierung der Bruchsteinmauer oder zum Wiederaufbau einer Kapelle, steht er ihnen, falls nötig, mit Rat und Tat zur Seite. Dazu gehört auch, dass schon mal der Minister persönlich zum Verputzen der Kapelle kommt, aber "nicht im Anzug". Auch bei den Vereinen müsse man ansetzen: "Lassen Sie die weg, dann bleiben im Dorf nur noch Fernsehen und Computer." In den Orten entsteht so nicht nur mehr Infrastruktur, sondern auch Lebensqualität. "Mehr Dorf für weniger Menschen" lautet sein Ziel. Webers Arbeit ist erfolgreich: 80 Dorfgespräche habe er in den vergangenen fünf Jahren geführt, 20 Orte seien regelrechte "Musterdörfer" geworden.

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