Zu wenig Platz: Schüler bleiben stehen

Hetzerath/Föhren · Täglich müssen sich Hunderte Schüler auf der Strecke Wittlich-Trier in viel zu kurze Züge hineinquetschen. Die Bahn bedauert dies und verweist auf Ausfälle beim alten Wagenmaterial, bedingt durch die verzögerte Auslieferung neuer Triebwagenzüge.

Hetzerath/Föhren. Für die meisten Schüler weiterführender Schulen beginnt der Tag mit der beschwerlichen Anfahrt zur Schule in oft überfüllten Bussen. Als privilegiert erscheinen dagegen Kinder und Jugendliche im Einzugsbereich der Bahnstrecken - stehen ihnen doch geräumige Nahverkehrszüge mit ausreichendem Platzangebot zur Verfügung.
Zentrale bestätigt Probleme


Doch der Schein trügt - wenigstens auf der Moselstrecke von Koblenz nach Trier. Wenn sich dort in der Frühe der sogenannte Schülerzug nach Trier den Bahnsteigen in Wittlich-Wengerohr, Hetzerath und Föhren nähert, beginnt der Tagesstress für die dort wartenden jungen Fahrgäste. Am härtesten trifft es die Zusteiger in Föhren. An diesem letzten Haltepunkt vor Trier trifft der Zug um 7.11 Uhr ein - oft aber auch später.
Margit Hauprich, Mutter zweier Fahrschüler, berichtet vom täglichen Ablauf in Föhren. Meist komme der bereits überfüllte Zug nur mit drei Waggons an. Die Zusage der Bahn, für diesen Zug immer vier Wagen einzusetzen, sei inzwischen die Ausnahme.
In dem zu kurzen Zug säßen viele der in Wittlich und Hetzerath eingestiegenen Kinder im Eingangsbereich, weil drinnen kein Platz mehr sei. Die zwischen 60 und 100 Zusteiger aus Föhren, Bekond und Naurath/Eifel müssten sich mit Mühe und Not dazuquetschen, oft verbunden mit Rempeleien und Tritten. In zum Glück seltenen Fällen komme der Zug sogar mit nur zwei Wagen. Dann könnten in Föhren nicht mehr alle Kinder einsteigen, müssten 15 Minuten lang auf den nächsten Zug warten und kämen zu spät nach Trier zur Schule. Der Zug zurück - Ankunft Föhren 13.21 Uhr - sei meistens pünktlich. Aber auch in ihm herrsche Platzmangel. Die Wagen dieses Zuges seien so alt, dass die Kinder regelmäßig Schwierigkeiten hätten, die Türen zu öffnen.
An der Leistungsgrenze


Hauprich: "Ich weiß, dass die Bahn nicht immer Plätze für alle garantieren kann. Aber wenn Ausnahmen die Regel werden, ist dies ärgerlich." Bei den Kosten für die Schülerfahrten und ihre eigene Monatskarte würde es sich lohnen, morgens gemeinsam mit dem Auto nach Trier zu fahren, was sie jedoch aus Umweltschutzgründen ablehne.
Auf Anfrage bei der Frankfurter DB-Zentrale bestätigt eine Bahnsprecherin "mit größtem Bedauern" die Probleme auf der Moselstrecke. Die Bahn bewege sich dort wegen ihres veralteten Fahrzeugmaterials an der Leistungsgrenze. Auf der Strecke Koblenz-Perl fehlten die bestellten modernen Triebwagenzüge vom Typ Talent 2. Ihr Einsatz sei seit zwei Jahren geplant, wegen festgestellter Mängel verzögere sich aber die Auslieferung (der TV berichtete) weiterhin.
Inzwischen seien die Ausfälle am alten Wagenmaterial hoch - die Mitarbeiter täten ihr Bestes, doch die Instandsetzung gelinge nicht immer in der Zeit.Meinung

Künftige Kunden werden vergrault
Überfüllte Züge, weil überalterte Wagen kollabieren und der Reparaturdienst nicht mehr nachkommt, Verspätungen die Regel statt die Ausnahme: Außerhalb der ICE-Hochgeschwindigkeitslinien gleicht der deutsche Schienenverkehr eher einem Dritte-Welt-Vehikel. Die Bahn schiebt die Probleme auf der Moselstrecke auf den Hersteller der bestellten Triebwagenzüge. Das mag zum Teil zutreffen. Fest steht aber auch, dass offenbar in ganz Deutschland kein zuverlässiges Fahrzeugmaterial zur Überbrückung solcher Engpässe vorgehalten wird. Bahnbetrieb am Limit! Der treffende Kommentar dazu kommt von der Mutter zweier betroffener Schüler: "Der Bahn ist nicht bewusst, dass sie mit dieser Schülerbehandlung ihre künftigen Kunden vergrault. Meine Kinder haben heute schon von der Bahn die Nase voll und werden ihr - sobald sie motorisiert sind - den Rücken kehren." f.knopp@volksfreund.deExtra

Die neuen Nahverkehrszüge vom Typ Talent 2 sollten schon ab 2009 entlang der Mosel fahren. Zwei Jahre später stehen sie noch immer beim Hersteller Bombardier und warten auf ihre Auslieferung. Zunächst hatte das Eisenbahnbundesamt als Aufsichtsbehörde für den Schienenverkehr die 160 Stundenkilometer schnellen Züge nur für 140 Stundenkilometer zugelassen. Nach zahlreichen Nachbesserungen durch Bombardier hob die Behörde die Begrenzung auf. Doch trotz dieser Freigabe sind die Fahrzeuge aus Sicht der Bahn noch nicht mängelfrei. Sie verweigert daher die Abnahme. Noch im Sommer war der Einsatz der neuen Züge zum Fahrplanwechsel am 16. Dezember geplant - dieser Termin hat sich inzwischen wohl erledigt. f.k.

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