Weiter Blitz und Donner in der Stadtpolitik

Traben-Trarbach · Der Rechnungsprüfungsausschuss der Stadt Traben-Trarbach fällt ein vernichtendes Urteil über die Arbeit des ehemaligen Tourismusleiters Matthias Holzmann. Holzmann habe im Haushaltsjahr 2011 sein Budget um 230 000 Euro überzogen. Der Stadtrat will nun zusätzlich die Zahlen von einem externen Gutachter überprüfen lassen.

Traben-Trarbach. "Hier werden Lügen vorgetragen. Das ist eine Frechheit sondergleichen, der Höhepunkt an Bösartigkeiten." Mehr als diese kurzen Sätze wollte und konnte Jürgen Römer (CDU) nach dem Vortrag von Gerd Huesgen (SPD) nicht mehr in den Saal rufen. Römer stand auf und verließ wutentbrannt die Stadtratssitzung. 20 Minuten lang hatte zuvor Gerd Huesgen das Ergebnis des Rechnungsprüfungsausschusses, der am 29. November die Jahresrechnung und Bilanz 2011 unter die Lupe genommen hatte, vorgetragen. Detailliert listete er elf Posten aus dem Bereich Tourismus auf. Um 230 271,85 Euro habe der inzwischen von der Stadt gekündigte Tourismusleiter Matthias Holzmann im Jahr 2011 sein Budget überzogen. Jörg Trossen (CDU) und Rudolf Müller (CDU) versuchten als Einzige, Römers Einlassungen zu rechtfertigen. Beide monierten vor allem, dass ihnen der Bericht des Prüfungsausschusses erst unmittelbar vor der Sitzung zugegangen sei. Dabei ist Müller Mitglied dieses Gremiums. Er fehlte aber ebenso wie der Ausschussvorsitzende Werner Klenner (CDU) bei der Sitzung im November.
Die Vorwürfe Römers wollten die anderen Ratsmitglieder nicht auf sich sitzen lassen. "Das sind Fakten, die man nicht als Lügen bezeichnen kann", erwiderte Peter Storck (FDP). Renate Braband (SPD) meinte: "Diese Empörung ist vollkommen unangebracht."
Unter anderem führte Huesgen folgende Sachverhalte auf: Laut Prüfung der Kreisverwaltung hat der erste Mosel-Wein-Nachts-Markt mit einem Defizit von 121 000 Euro abgeschlossen (der TV berichtete).
Eine Budgetverschlechterung von 6400 Euro hat eine Werbemaßnahme auf dem Flugplatz Hahn gebracht, die Unterwasserweinprobe machte ein Minus von 13 000 Euro, für von Holzmann zugesagte, aber nicht erledigte Arbeitsaufträge der Nachbargemeinden Burg und Enkirch kommt der Ausschuss auf einen Schaden von 25 000 Euro pro Jahr, und die Janosch-Ausstellung verursachte ein Defizit von 29 000 Euro. Der Bericht listet ferner mehrere Aufträge Holzmanns auf, für die der Stadtrat keine Zustimmung gab - unter anderem für einen Leasingvertrag über Kopierer und Drucker. Holzmann ließ auch eine Panorama-Karte anfertigen - mit dem Versprechen, durch den Verkauf der Karte in zwei Jahren die Kosten wieder reinzuholen. Ergebnis des Prüfberichts: Im Jahr 2011 ist für Karte ein Defizit von 12 000 Euro aufgelaufen.
Einzelne Ratsmitglieder äußerten sich selbstkritisch: Huesgen: "Ich hätte dieser teuren Panoramakarte grundsätzlich nicht zustimmen sollen." Peter Storck meinte: "Wir waren nicht streng genug." Jutta Schneider (CDU) verwahrte sich allerdings gegen mögliche Kritik, der Stadtrat sei für das Finanzdesaster mitverantwortlich. Schneider: "Uns wurden Zahlen vorgelegt, die später nicht stimmten. Dafür können wir doch nicht verantwortlich sein." Harald Peifer (CDU) sagte: "Wir reden beim Tourismuschef nicht von einem Lehrling, sondern von einem leitenden Angestellten. Es kann doch nicht sein, dass er sagt, eine Werbemaßnahme kostet 6000 Euro und später sind es 12 000."
Der Stadtrat will nun zusätzlich die Jahresrechnung 2011 extern von einem Gutachter prüfen lassen. Bis zur nächsten Sitzung wird die Verwaltung dazu Angebote einholen.Meinung

Politischer Geisterfahrer
Tourismuschef Matthias Holzmann hat der Stadt laut Rechnungsprüfungsausschuss ein finanzielles Desaster beschert. Ein externes Gutachten wird die Dimension des Schadens bestätigen, vielleicht auch etwas relativieren. Das ist das eine. CDU-Mann Jürgen Römer hat in der Stadt, vor allem aber in seiner Partei einen politischen Scherbenhaufen hinterlassen. Das ist das andere - und es ist womöglich viel schlimmer als Holzmanns grandioses Missmanagement. Römer ist leidenschaftlicher Kommunalpolitiker. Zu Höchstform läuft er dann auf, wenn es um Machtspielchen geht. Dann ist er sich nicht zu schade, Personen aus der eigenen Partei, die ihm missfallen, rüde abzuqualifizieren. Alt-Bürgermeister Alois Weber kann davon ein Lied singen, ebenso die einstige CDU-Vorfrau Jutta Schneider. Seit über einem Jahr geht es Römer nur noch darum, VG-Chef Ulrich Weisgerber unter dem Motto "der muss weg" in der Öffentlichkeit unmöglich zu machen. Dabei weiß er einflussreiche Traben-Trarbacher Geschäftsleute hinter sich - noch. Doch die von Römer losgetretene Kampagne ist aus dem Ruder gelaufen. Das zeigen unter anderem die diffamierenden Äußerungen im Internet und das seltsame "Solidaritätskonzert" eines Kölner Künstlers in Wittlich. Sogar mit Nazi-Vergleich wird hantiert. Es ist einfach nur noch beschämend. Römer ist ein politischer Geisterfahrer. Er denkt, alle anderen fahren auf der falschen Spur. Dabei ist er auf Kollisionskurs. w.simon@volksfreund.deExtra

Laut VG-Verwaltung betrug das vom Stadtrat genehmigte Budget der Touristinformation Traben-Trarbach in den Jahren 2009 und 2010 jeweils 500 000 Euro. Das Defizit fiel 2009 um 55 000 Euro geringer aus als ursprünglich geplant. 2010 war das Defizit 41 000 Euro geringer als vorgesehen. Im Jahr 2011 hatte der Stadtrat ein Budget von 700 000 Euro beschlossen. Der Jahresfehlbetrag war mit 33 000 vom Stadtrat genehmigt, tatsächlich betrug das Defizit 287 000 Euro. sim

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