"Damit hätten Sie ganz Trier lahm gelegt"

BITBURG. Polizisten haben am Freitagnachmittag auf dem Flugplatz Bitburg die größte je in Rheinland-Pfalz entdeckte Cannabis-Plantage vernichtet. Die mutmaßlichen Drogenanbauer, ein Ehepaar aus der Nähe von Aachen, sitzen hinter Gittern.

Die Aktion der Spezialeinsatzkräfte des rheinland-pfälzischen Landeskriminalamts ist generalstabsmäßig geplant. Kurz vor halb acht locken sie am Mittwochabend das in einem schmucken Einfamilienhaus in Heinsberg bei Aachen wohnende Ehepaar unter einem Vorwand vor die Tür. Bevor der 42 Jahre alte Mann und seine 41-jährige Ehefrau wissen, was los ist, liegen sie bereits gefesselt auf dem Boden. Die Wittlicher Drogenfahnder sind sich sicher, dass ihnen zwei Drahtzieher eines der spektakulärsten Rauschgiftfälle in der rheinland-pfälzischen Kriminalgeschichte ins Netz gegangen sind. Wenige Stunden zuvor hatten die Beamten in zwei abgelegenen ehemaligen Flugzeughangarn auf dem Bitburger Flugplatz Cannabis-Plantagen ausgehoben, die mehrere hundert Quadratmeter umfassten und wenige Wochen vor der Ernte standen. Aufmerksame Wachleute einer Bitburger Security-Firma (siehe Extra) hatten die Beamten auf die Spur des Pärchens geführt. Das Ehepaar - für die Polizei ein bis dato völlig unbeschriebenes Blatt. Der 42 Jahre alte Mann soll ein frühpensionierter Postbeamter sein, sie eine ehemalige Geschäftsfrau, die mit ihrer Firma Schiffbruch erlitten habe, heißt es. Bei den Nachbarn galten sie als unauffällig. Angaben aus Ermittlerkreisen zufolge soll das Pärchen allerdings "auf großem Fuß" gelebt haben. So habe sich der Mann gerade erst ein neues Wohnmobil für 53 000 Euro zugelegt. Bis zum nächsten gemeinsamen Urlaub des Pärchens wird es wohl noch etwas dauern. Ein Trierer Untersuchungsrichter erließ am Freitagmittag Haftbefehl gegen die beiden, sie sitzen in Untersuchungshaft. Die Drogenfahnder vermuten, dass der 41-Jährige und seine Ehefrau nur Strohleute sind, die für einen noch unbekannten Auftraggeber die Hallen in Bitburg angemietet und die Cannabis-Setzlinge gepflanzt haben. Das ehemalige Airbase-Gelände in der Eifel erschien den Drogengärtnern offenbar bestens geeignet für ihr illegales Treiben. Die beiden Hangar in der Technologiestraße liegen am Ende einer Sackgasse, in die sich nur wenige Flugplatzbesucher verirren dürften. Von außen sind sie nicht einzusehen, was hinter den großen Rolltoren passiert, bekommt niemand mit. Das Ehepaar hatte die zwei Hangar erst seit Mai von einem örtlichen Unternehmer für 2000 Euro monatlich gemietet - als angebliche Lagerhalle für Blumenerde und Elektrogeräte. Vor einem der Rolltore stehen denn am Freitag auch mehrere riesige Sandsäcke - "alles nur Tarnung", sagt Kripo-Chef Norbert Müller. Der Kriminaloberrat ist an diesem Morgen eigens an den Tatort gefahren, um den herbei eilenden Journalisten den Aufsehen erregenden Fahndungserfolg zu verkünden. "So etwas", sagt Müller mit stolz geschwellter Brust, "habe ich auch noch nicht erlebt." Auch Bitburgs Amtsgerichtsdirektor Werner von Schichau hat sich gleich in sein Auto gesetzt und ist auf den Flugplatz geeilt, nachdem ihn ein Kriminalbeamter über die Cannabis-Plantagen informiert hat. Jetzt steht der Jurist in einem von der Spurensicherung bereits freigegebenen Hangar und macht sich laut Gedanken über den Wirkungsgrad der prächtig gedeihenden Pflänzchen: "Damit", sagt von Schichau, "können Sie die gesamte Trierer Bevölkerung einen Tag lang lahm legen." Damit es soweit nicht kommt, "mähen" Polizeibeamte am Nachmittag die 10 000 Cannabis-Pflanzen um. Die Drogenfracht wird vernichtet. Das Ende aller Blütenträume.

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