Kein Hauch von Erklärung

TRIER. Mit den Lebensumständen des Täters und des Opfers beschäftigte sich das Schwurgericht am dritten Verhandlungstag im Mordprozess gegen den 39-jährigen Detlef L.

Auch am dritten Tag des Verfahrens müssen zahlreiche Zeugen unverrichteter Dinge nach Hause geschickt werden. Die Aussagen der Arbeitskollegen von Detlef L. sowie des Ex-Ehemanns der getöteten Martina K. sind der Kammer und den Sachverständigen gründliche und umfassende Nachfragen wert, so dass zu wenig Zeit für die Einvernahme aller geladenen Zeugen bleibt. L.'s ehemaliger Chef hat für seinen Mitarbeiter rückblickend nur Lob übrig. "Zuverlässig und beliebt" sei er gewesen, "mit den Kollegen immer gut ausgekommen", bewährt als "absoluter Fachmann auch für schwierige Malerarbeiten", fleißig und stets arbeitsbereit. Er würde sich "auch heute jederzeit für ihn einsetzen", sagt der Malermeister. Dass es mal ein Techtelmechtel mit einem Lehrmädchen gab, hat im Betrieb niemand sonderlich ernst genommen. "Kindische Spielereien" nennt es einer der Kollegen bei seiner Aussage. Auch dass die "Beziehung" mit einem handfesten Krach endete, sorgte nicht für größere Aufregung im Malereibetrieb. Man schaffte das Problem aus der Welt, indem man beide getrennt einsetzte. In einem sind sich alle Zeugen einig: "Der Det" sei ruhig und schweigsam gewesen, aber nie nachtragend oder aggressiv. Ein stiller Schaffer, der nur beim Thema Autos auftaute und auch nach sechs Flaschen Bier seine Arbeit auf dem Bau ordentlich geregelt bekam. Wie es denn mit dem Thema Frauen gewesen sei, will die Vorsitzende wissen. "Keine Ahnung", sagt der Zeuge. Man habe bei der Arbeit "nur über Formel 1 und Fußball geredet". Aber das Leben habe "doch noch andere Aspekte", insistiert Richterin Finkelgruen. Sicher sei doch montags in der Mittagspause auch über die "Abenteuer vom Wochenende" gesprochen worden. "Bei uns wird nur Bild gelesen und gegessen", kommt es lakonisch zurück. In der Baubude geht es wohl anders zu als in der Gerichtskantine. Wie intensiv die Kammer auch nachhakt: Auch L.'s Kollegen liefern keinen Hauch von Erklärung für das spätere Geschehen. Außer vielleicht dem Hinweis, dass er sensibel gewesen sei und empfindlich im Umgang mit Kritik und vermeintlicher Zurückweisung.Opfer mit tragischem Schicksal

Dass das Opfer nicht in Vergessenheit gerät, dafür sorgt die Aussage des früheren, im Jahr 2000 geschiedenen Ehemanns der getöteten Martina K. Was er erzählt, ist immer noch von Zuneigung und Respekt geprägt. Zehn Jahre war man befreundet - gerade, als die Hochzeitsglocken läuteten, erhielt seine Frau die niederschmetternde Diagnose, sie sei an Multipler Sklerose erkrankt. Der Zeuge schildert einen dreijährigen, harten gemeinsamen Kampf gegen die Krankheit. Es gelang, die Symptome zurückzudrängen, aber die Ehe ging darüber in die Brüche. Martina K. zog aus, wurde bald darauf die Nachbarin von Detlef L. "Unkompliziert und fröhlich" sei sie vor der Krankheit gewesen, später dann manchmal depressiv. Eine "toughe Frau" nennt sie der Ex-Ehemann, "stolz auf ihre Leistungen". Aber "niemals" sei sie, wie vom Angeklagten empfunden, arrogant oder unnahbar gewesen. Das tragische Schicksal, das der Zeuge schildert, bewegt die Zuschauer im Saal. Eine Erklärung für die Tat vermag indes auch diese Aussage nicht zu liefern.

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