Tierkörperbeseitigung: Anlage in Rivenich bleibt bestehen

Rivenich/Mainz · Die Tierkörperbeseitigung (TBA) in Rivenich (Bernkastel-Wittlich) bleibt als einzige im Land erhalten. Das bestätigte das rheinland-pfälzische Umweltministerium volksfreund.de. Seit Monaten fürchten die Mitarbeiter der TBA um ihre Jobs. Hintergrund: Die EU fordert vom zuständigen Zweckverband 40 Millionen Euro an angeblich illegaler Beihilfen zurück.

 Die Tierkörperbeseitigungsanlage in Rivenich. Foto: TV-Archiv/Klaus Kimmling

Die Tierkörperbeseitigungsanlage in Rivenich. Foto: TV-Archiv/Klaus Kimmling

Die Sache ist schon ziemlich vertrackt: Landkreise und kreisfreie Städte sind gesetzlich verpflichtet, tierische Abfälle (etwa Kadaver) zu entsorgen. Um diese Aufgabe kostengünstiger zu machen, gründeten die Kommunen im Land 1979 den Zweckverband Tierkörperbeseitigung. Dieser betreibt Anlagen zur Tierkörperbeseitigung in Rivenich (Bernkastel-Wittlich) und Sandersmühle (Rhein-Lahn-Kreis). Diese Anlagen sind allerdings nicht ausgelastet. Die Zahl der geschlachteten Tiere geht zurück, es gibt weniger Seuchen.

Freie Kapazitäten werden vorgehalten, für den Fall, dass durch eine Tierseuche, etwa BSE oder Schweinepest, innerhalb kürzester Zeit Hunderte von Tieren entsorgt werden müssen. Daher fahren die beiden Anlagen ein Defizit ein. Um das auszugleichen, zahlen die 44 Mitglieder des Zweckverbandes (neben den rheinland-pfälzischen Kommunen sind auch alle saarländischen sowie die beiden hessischen Kreise Rheingau-Taunus und Limburg-Weilburg Mitglied) eine Umlage. Jährlich insgesamt 1,7 Millionen Euro. Seit 1998 hat sich diese samt Zinsen auf gut 40 Millionen Euro summiert.

Und an dieser Stelle kommt die EU ins Spiel. Ihr ist die Umlage ein Dorn im Auge. Sie sieht darin eine illegale staatliche Beihilfe, die Tierkörperbeseitigung sei eine private, keine öffentliche Aufgabe. Daher hat die EU Deutschland aufgefordert, das Geld einzutreiben. Pikant an der Sache: Das Beihilfeverfahren angestrengt hat ein privater Konkurrent des Zweckverbandes, ein nordrhein-westfälisches Unternehmen, das offensichtlich im Südwesten expandieren will.

Der Bund weigert sich aber, das Geld einzutreiben, und klagt gemeinsam mit dem Zweckverband vor dem Europäischen Gerichtshof. Das Verfahren dürfte sich hinziehen. Doch die EU besteht auf sofortiger Rückzahlung der Gelder. Um diese Forderung aufzuschieben, haben alle 44 Landkreise und Städte den eigenen Zweckverband verklagt und fordern wiederum von diesem die seit 1998 gezahlte Rücklage. Kürzlich hatte das Trierer Verwaltungsgericht in einem Musterverfahren entschieden, dass der Zweckverband dem Kreis Birkenfeld 800.000 Euro zurückzahlen muss.

Nun will das Land offensichtlich die Notbremse ziehen. Am Dienstag wurde im Umweltausschuss der Gesetzentwurf zur Neuorganisation der Tierkörperbeseitigung diskutiert. Im Mittelpunkt des Gesetzes, das ab Mitte des Jahres in Kraft treten soll, steht die Finanzierung. Künftig soll es keine Umlagezahlungen für die sogenannte Seuchenreserve mehr geben.

Die Tierkörperbeseitigung soll kostendeckend vonstattengehen, das heißt Landwirte und Schlachtbetriebe müssen wohl mit höheren Gebühren rechnen. Ende Januar soll im Zweckverband die neue Gebührensatzung beschlossen werden. Außerdem soll der Verband mit dem neuen Gesetz aufgelöst werden. Weil aber die Städte und Kreise zur Tierkörperbeseitigung verpflichtet sind, sollen diese eine neue Gesellschaft gründen.

Nach TV-Informationen haben die saarländischen Kommunen bereits angekündigt, sich an der neuen Organisation zu beteiligen. Ob auch die beiden hessischen Kreise weiter dabei sind, ist wohl offen. Bis das Gesetz in Kraft tritt, wird der Zweckverband weiter arbeiten. Allerdings dürfen in der Übergangszeit laut Ministerium keine Schlachtabfälle wie etwa Knochen oder auch Küchen- und Speiseabfälle mehr angenommen und entsorgt werden.

Aufatmen können wohl die Mitarbeiter der Anlage in Rivenich. Sie hatten nach den im Raum stehenden Rückforderungen um die Zukunft des Standorts und damit um ihre Jobs gebangt. Wie das zuständige Umweltministerium gestern auf Anfrage unserer Zeitung mitteilte, soll Rivenich erhalten bleiben, Sandersmühle wird geschlossen.
Stichwort EU-Beihilfeverfahren

Die EU leitete im Juli 2010 leitete die eine Prüfung der Arbeit des Zweckverbands Tierkörperbeseitigung ein. Sie kam zu dem Ergebnis, dass die jährlichen Zahlungen der 44 Zweckverbandsmitglieder "nicht als Ausgleich für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen begründet werden können, sondern lediglich normale Betriebskosten des Unternehmens decken". Darin sieht die EU eine "Marktstörung", weil die angeblich illegalen Beihilfen dem Verband einen "ungerechtfertigten wirtschaftlichen Vorteil gegenüber seinen Wettbewerbern verschaffen".

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