Als das Alphabet Allgemeingut wurde

Trier · Ein Mainzer Wissenschaftler berichtet über Religion und die Zeit des frühen Buchdrucks.

 Privatdozent Michael Oberweis beschäftigt sich mit der religiösen Unterweisung von Laien im Mittelalter. Foto: Johannes Frechen/Priesterseminar Trier

Privatdozent Michael Oberweis beschäftigt sich mit der religiösen Unterweisung von Laien im Mittelalter. Foto: Johannes Frechen/Priesterseminar Trier

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Trier (red) Zum Thema "Umb der Layen willen" - Die religiöse Unterweisung der Laien in der Zeit des frühen Buchdrucks hat Dr. Michael Oberweis (Akademie der Wissenschaften Mainz) auf Einladung der Bibliothek des Bischöflichen Priesterseminars Trier und der Bibliophilen Gesellschaft Trier Pro Libris in der Bibliothek des Trierer Priesterseminars gesprochen.
Der Referent stellte das didaktische Anliegen der Laienunterweisung dar, das im späten Mittelalter die Buchkultur veränderte. Im frühen Mittelalter galten Schreiben und Lesen als exklusive Fähigkeiten der Geistlichen. Im Gegensatz zum geweihten Priesterstand nannte der mittelalterliche Sprachgebrauch den Laien "illiteratus", einen Ungebildeten, der des Lesens und Schreibens nicht mächtig war. Vor allem die bäuerliche Bevölkerung stand vor der Reformation der Schriftlichkeit noch fern.
Doch im Spätmittelalter verbesserte sich das Bildungsniveau: Entgegen weitverbreiteter Ansichten nahmen viele Pfarrer - gebildet und kompetent - ihre seelsorgerische Verantwortung ernst. Zudem dürften bis zu 30 Prozent der Stadtbewohner über elementare Lesekenntnisse verfügt haben. In den Städten konnten Frauen, Männer und Kinder aller Gesellschaftsschichten von privaten Schulmeistern das Lesen und Schreiben auf Deutsch lernen. Erklärtes Unterrichtsziel war der Erwerb grundlegender Fähigkeiten zur kaufmännischen Buchführung. Plakativ ausgestaltete Lehrtafeln und Andachtsbilder mit Mustergebeten in deutschen Reimtexten unterwiesen deshalb in Stadtkirchen das einfache Volk im Vaterunser, den Zehn Geboten und dem Glaubensbekenntnis.
Mit der Alphabetisierung der städtischen Bevölkerung wuchs die Nachfrage nach religiösen Büchern auf Deutsch, die auch Nichtlateinern zugänglich waren. Mit reichen Illustrationen ausgestattet, wollten diese Werke gerade den Laien ansprechen und dessen Frömmigkeit fördern. Im Abschreiben, Verfassen und Übersetzen dieser Werke taten sich besonders Orden hervor, so wie die Franziskaner und Kartäuser. Ausdrücklich "umb der layen willen" verfasste der Franziskaner Stephan Fridolin seinen "Schatzbehalter", ein volkssprachliches Erbauungsbuch, das 1491 in Nürnberg gedruckt wurde und nicht weniger als 96 großformatige Holzschnitte aufwies.
Aber auch Blockbücher, Drucke in Holzschnitttechnik, verbanden didaktisch geschickt Text und Bild miteinander.

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