Ewige Jugend als Mission: Wilde Zeiten, kleine Krisen, große Ideen

Trier · 40 Jahre Exhaus - das ist mehr auf Lager als "nur" denkwürdige Partys und Konzerte. Die vier Jahrzehnte im Schnelldurchlauf. Heute und morgen wird gefeiert. Das Programm finden Sie hier.

Extra: Das Programm zum Festwochenende finden Sie hier .

Trier. Seit den 70ern haben sich die Bedürfnisse der Jugendlichen und jungen Erwachsenen immer wieder gewandelt. Das Exhaus hat in seiner 40-jährigen Geschichte als Jugendzentrum mit den geänderten Ansprüchen mithalten können. Am Anfang war der "wilde" Jugendtreff. Man habe immer wieder von "Orgien" in den alten Gemäuern gehört. Da schien ein Verein aus Sicht der kommunalen Politik die solidere Lösung.
Damals stand die Junge Union Pate bei der Gründung, doch der CDU-Nachwuchs wurde rasch von der linken Subkultur abgelöst. In den 70ern wütete eine heftige Debatte über die Organisation von Jugendarbeit. Wer, dem Zeitgeist entsprechend, an der Speerspitze des Fortschritts stand, engagierte sich für selbst verwaltete Jugendzentren wie das Exhaus. Kommunale oder kirchliche Jugendhäuser waren out, Jugendliche sollten über sich selbst bestimmen.
Entsprechend entwickelte sich auch das Angebot im Exhaus: Stand anfangs mit der Kinderbetreuung noch das soziale Engagement für die angrenzenden Stadtbezirke im Vordergrund, wurde das Haus Mitte der 70er wichtigster Treffpunkt der alternativen Szene. Man strömte zu monumentalen, mehrtägigen Folkfestivals, lauschte anarchistischen Kabarettisten und ließ in nächtlichen Discos die Wände mit Hard-Rock-Schallwellen erzittern. Mit Abbruch- und Räumaktionen, der Streichung sozialpädagogischer Stellen und der Schließung des Südflügels geriet das Exhaus in den frühen 80ern in eine Krise. Der Betrieb stand auf der Kippe, bis Leiter Albert Fußmann in seiner 15-jährigen "Amtszeit" (1983 - 98) für Stabilität sorgte.
Zäh und in kleinen Schritten wurde das Haus ausgebaut, das Programm bekam neue Konturen. Das Angebot an Konzerten und Discos im Exhaus vergrößerte sich kontinuierlich, wobei die Organisation in der Regel bei den Jugendlichen selbst lag. Durch die vielen engagierten Teams war gewährleistet, dass nicht an den Interessen der Betroffenen vorbeigeplant wurde. So blieb das Exhaus jung, während anderswo vergleichbare Einrichtungen ihren Zenit längst überschritten hatten.
Auch die Theaterszene hat seit den späten 80ern wieder ihren Platz im Exhaus. Eigenproduktionen im Musik- und Frauentheater, die Eröffnung des Exils als Veranstaltungsraum und die Nachwuchsförderung im Musikbereich brachten die Jugendkultur in Trier maßgeblich weiter. Im sozialen Bereich löste 1988 der zweigruppige Hort die Spielstube ab. Außerdem etablierte sich die geschlechtsbezogene Jugendarbeit, und eine Suchtberatungsstelle wurde eingerichtet. Ab den 90ern blühte im Exhaus die Skaterszene. Für regionale Bands war zudem die Umwandlung des Hochbunkers Trier-Nord (Ludger-Kern-Haus) in eine Kreativzelle mit über 20 Probenräumen im Jahr 1994 ein Meilenstein. Ende der 90er wurden zudem die medienpädagogischen Angebote ausgebaut - mit Computerwerkstatt, Internetcafe und Spielraum. Auch in den vergangenen zehn Jahren war im Exhaus vieles in Bewegung - hinzu kamen das Fanprojekt (das um weitere Förderung wirbt) und Streetwork-Programme. Massiv zugenommen hat auch das Konzert- und Party-Angebot. Allein 100 Livekonzerte gibt\'s auf den fünf wichtigsten Bühnen - kleines Exil, großes Exil, Balkensaal, Café Exakt und Sommerbühne - jährlich zu erleben. Rund 80 000 bis 100 000 Besucher lockt das Exhaus jährlich an. woc/DiL/AF

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