Kurfürst, Kunst und Kirchturmhähne

Trier · 2000 Jahre in sechs Stunden: Gut 3500 Besucher haben in vier Museen die Geschichte der Stadt hautnah erlebt, in außergewöhnlichen Führungen, bei Vorträgen und Aktionen zum Mitmachen. Obwohl die Häuser in der sechsten Trierer Museumsnacht gut gefüllt waren, blieb die Gästezahl deutlich hinter der der vergangenen Jahre zurück.

Trier. Nasi Goreng als Hauptgericht, Grießspeise als Nachtisch: Die Verpflegung der Soldaten im Feld, die Kevin Binkowski von den Feldjägern in Mainz vor dem Landesmuseum präsentiert, ist sehr abwechslungsreich.
Weniger vielfältig war die Küche seiner Vorgänger vor rund 2000 Jahren. Getreide sei das Grundnahrungsmittel gewesen, erzählt Alexander Zimmermann. Vier Tonnen hätte eine Legion, rund 5500 Mann, am Tag benötigt. Der 45-Jährige gehört zur Gruppe Legio VIII aus Tübingen, die in der Museumsnacht als lebendiges Ausstellungsstück fungiert.
"Die Sonderausstellung ist super besucht", sagt Landesmuseums-Pädagogin Anne Kurtze, "die Leute sind sehr zufrieden." Doch römisches Militär scheint die Gäste weniger zu interessieren als 2011 die Ausstellung "Trier im Bild". 2500 Besucher waren es damals, diesmal sind es 1300. "Vielleicht ziehen die Trier-Themen die Trierer besonders an", vermutet Christine Stolpe, Koordinatorin der Museumsstadt. Jedenfalls sind die Trierisch-Führungen im städtischen Museum "super besucht. Das ist unser Klassiker", sagt Direktorin Elisabeth Dühr. Mit insgesamt 1000 Besuchern sei sie "sehr zufrieden". Das Programm mit der Eröffnung der Ausstellung "Positionen konkreter Kunst heute" werde gut angenommen.
Überrascht vom Interesse der Gäste sind auch die Musiker Thomas Rath und Bernd Bleffert. "Bei unserer Performance haben mehr Leute mitgemacht, als wir dachten", sagt Rath. Erst wird gewürfelt, die Augenzahl definiert die Schrittzahl, die die Teilnehmer gehen, bevor sie vocal oder mit Schlaginstrumenten in Aktion treten. Wortfetzen mischen sich mit Klängen zu einer einzigartigen, weil zufälligen Melodie.
Dommuseum gut besucht


"Ich habe aus Neugier mitgemacht", sagt Andrea Heidenreich-Simon (58) aus Pluwig, "die Verbindung von Geräuschen und Stimmen ist sehr wirkungsvoll."
Überrascht ist auch Anna-Lena Schumacher (16) aus Temmels: "Obwohl nichts abgesprochen ist, klingt es gut." Sie ist mit einer Freundin im Stadtmuseum, "weil wir herausfinden wollen, was die Museumsnacht bedeutet." Wohin es nun gehe, sei eine spontane Entscheidung.
Bewusst gewählt hat Martin König (55) aus Saarbrücken sein Ziel: der Vortrag über den Saarbrücker Künstler Ernst Alt im Dommuseum. Neben dem letzten Trierer Kurfürsten, Clemens Wenzeslaus, der vor 200 Jahren starb, stehen dort Kirchturmhähne im Mittelpunkt von Vorträgen und Führungen. "Wahnsinn!", sagt Museumschef Markus Groß-Morgen, "das ist mit die bestbesuchte Nacht!"
Einer Frau widmet das Karl-Marx-Haus den Abend: Jenny von Westphalen. Aus ihrer Sicht erzählen Mitarbeiterinnen des Museums, stilecht kostümiert, das Leben des Revolutionärs. Autor Ulrich Teusch stellt Marx\' Weggefährtin in einer Lesung vor. "Wir haben flexibel auf die Nachfrage reagiert", erklärt Leiter Karl P. Salm, "und spontan 15 Kurzführungen angeboten."
Wem bei sechs Stunden Museumsbesuch Kopf und Füße qualmen, kann die Nacht bei Klavier-, Jazz- oder Militärmusik ausklingen lassen.Extra

"Die Museumsnacht ist ein Büfett der Kunst", sagt Organisatorin Christine Stolpe von der Marketing-Kooperation der Museumsstadt Trier. "Wir erreichen Besucher, die sonst eher nicht ins Museum gehen." Warum die Gästezahl mit 3500 deutlich hinter der vom vergangenen Jahr (5400) hinterherhinke, müsse geprüft werden. Deutlich ist der Besucherrückgang im Landesmuseum. Auch sei die Konkurrenz mit dem Theaterfest auf dem Kornmarkt groß gewesen. "Das Kulturprogramm der Stadt ist im September besonders beladen", sagt Stolpe. "Wir müssen uns überlegen, wie wir das besser koordinieren und entzerren." mehi

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