Kurfürstliches Palais in Trier bleibt Baustelle

Trier · Das seit zwei Jahren eingerüstete Kurfürstliche Palais wird auch weiterhin Baustelle sein. Laut Landesbetrieb Liegenschafts- und Baubetreuung (LBB) wird sich die 2012 begonnene Fassadensanierung länger hinziehen als zunächst angenommen. Weil auch das Dach erneuert wird, können 2016 im Palais-Innenhof keine Konzerte stattfinden.

Friedrich Melchisedech hatte vor drei Monaten ein Déjà-vu. Die Baustelle, auf der der Maler seither als Vorarbeiter tätig ist, kennt er noch aus seiner Lehrzeit: "Ich war hier schon 1976/77 im Einsatz", erinnert sich der 54-Jährige. Damals lief die bislang letzte Außenrestaurierung des Prachtbaus, der nun schon wieder runderneuert wird.
Dass der Trierer Malerfachbetrieb Hött nach 37 Jahren erneut am Palais zum Zuge kommt, ist dem Unvermögen eines (auswärtigen) Unternehmens zu verdanken.
"Wir waren mit der Firma, die ursprünglich mit den Arbeiten betraut war, nicht zufrieden", erklärt Reinhard Simon, Leiter der Niederlassung Trier des Landesbetriebs Liegenschafts- und Baubetreuung (LBB). "Deshalb haben wir uns von ihr getrennt."
Verabschieden musste sich der LBB auch vom alten Zeitplan. Bei Sanierungsbeginn 2012 hieß es, die Südfassade werde im Herbst 2013 erneuert sein. Tatsächlich strahlt aber bislang erst der Mittelrisalit (der hervorspringende Gebäudeteil) samt Figurenschmuck in frischem Glanz. Der Fassadenabschnitt rechts davon verbirgt sich weiterhin hinter Gerüsten und Planen. Postkarten idyllle futsch. Nun ist die optische Spaßbremse ein Auslaufmodell. "Ende September wird das Gerüst abgebaut, dann ist dort die Sanierung abgeschlossen", kündigt LBB-Trier-Chef Simon an.Schäden schwerer als erwartet


Dass dieser Bauabschnitt so viel Zeit in Anspruch nahm, lag auch an der Bausubstanz des Palais, die mehr in Mitleidenschaft gezogen war als erwartet. "Wir hatten es mit erheblichen Mängeln zu tun, die nicht auf den ersten Blick sichtbar waren", erläutert LBB-Projektleiter Edgar Bohr und zählt von Vermoosungen und Abplatzungen über Haarrisse bis hin zu Schäden an Skulpturen einen ganzen Katalog an Gesteinsmalaisen auf.250 Jahre alte Figuren


Es wurde abgestrahlt, entsalzt, ausgefräst und mit Spezialdübeln fixiert. Fugen wurden mit Kalkmörtel verschlossen, abgebrochene Teile mit einer farblich abgestimmten Steinergänzungsmasse rekonstruiert, "die nach dem Aushärten nicht vom Originalstein zu unterscheiden ist".
Besonderes Augenmerk galt den mehr als 250 Jahren alten Rokoko-Figuren im Mittelrisalit, darunter die römischen Gottheiten Ceres und Apollon auf dem Giebel sowie die Puttengruppen, die Jahres- und Tageszeiten verkörpern. Für deren fachgerechte Behandlung zeichnete der Trie rer Diplom-Restaurator Thomas Lutgen verantwortlich. Zur Erneuerung der vergoldeten Fassadenzier verarbeitete der 46-Jährige 16 000 hauchdünne, acht mal acht Zentimeter große Blattgoldblättchen. Die wiegen insgesamt nur etwa 170 Gramm, entfalten aber eine große Glanzwirkung.
Die Palais-Sanierung geht 2015 weiter. Die Arbeiten am linken Fassadenabschnitt beginnen im Frühjahr und sollen ein halbes Jahr dauern. Anschließend folgt bis Mitte die Erneuerung des mit Schiefer gedeckten Satteldachs. Die Gerüste stehen dann im Innenhof, in dem deshalb 2016 keine Mosel-Musikfestival-Veranstaltungen stattfinden können. Gesamtkosten des Sanierungspakets: rund 1,6 Millionen Euro.Extra

Das Kurfürstliche Palais wurde von 1615 bis 1676 erbaut. Zuletzt fertiggestellt wurde der Südflügel am Palastgarten, der ab 1756 im Rokokostil um- und ausgebaut wurde. Bis zur Machtübernahme durch französische Revolutionstruppen (1794) war das Palais die Residenz der Kurfürsten und Erzbischöfe. Unter Napoleon und in der anschließenden Zeit, als Trier zur preußischen Rheinprovinz gehörte, diente der Palastkomplex als Kaserne. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Palais schwer beschädigt. Nach langwieriger Restaurierung bezog 1956 die Bezirksregierung das Palais. Seit 2000 beherbergt der Prachtbau die Zentrale der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD), der zentralen Verwaltungsbehörde von Rheinland-Pfalz. rm.

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