Trier stellt sich quer

Trier · Sollte es eines Beweises bedurft haben, dass fremdenfeindliche Parolen in Trier so gut wie keinen Nährboden finden, dann hat dieser Samstag ihn erbracht: Hunderte von Trierern standen einem Fackelzug von 45 NPDlern gegenüber.

Trier stellt sich quer
Foto: Frank Goebel (fgg) ("TV-Upload Goebel"

Trier. Die Polizei sprach von 650 Teilnehmern, Beobachter schätzen aber, dass die Zahl eher bei 1000 lag: So viele Menschen versammelten sich am Samstag Nachmittag in Trier-West - nur einige Hundert Meter entfernt von den Rechtsxtremen, die etwa zeitgleich ihren geplanten Demonstrationszug in die Innenstadt vor der Jäger-Kaserne begannen. Dort sollen demnächst Flüchtlinge untergebracht werden (der TV berichtete). Ein Großaufgebot der Polizei stand bereit - auch, um beide Lager voneinander zu trennen.
Als Vorsitzender des Vereins Buntes Trier begrüßte Thomas Kupczik die Teilnehmer der Gegenkundgebung vor dem Dechant-Engel-Haus: Fast 50 Parteien und Initiativen hatten sich dem Aufruf angeschlossen, Solidarität mit Flüchtlingen zu zeigen. Auch Oberbürgermeister Wolfram Leibe und den Baudezernenten Andreas Ludwig konnte Kupczik begrüßen, um anschließend klarzustellen: "Flüchtende sind nicht die Ursache für die Probleme, die diese Stadt oder dieses Land hat!" Einen Asylantrag zu stellen, sei ein Grundrecht.
Vor der Jägerkaserne bediente der Trierer NPD-Vorsitzende Safet Babic derweil die übliche Rechtsextremen-Rhetorik: Zwischen der überschaubaren Zahl an Anhängern sah er "Gutmenschen" an der Macht, die durch "Überfremdung" das "Volk" zerstören wollten. Schon hier schallten ihm vielfach "Halt's Maul!"-Rufe von Bewohnern des Weststadtteils entgegen.
Der anschließende Zug der Rechtsextremen in die Innenstadt wurde schnell ausgebremst: Durch die Anmeldung mehrerer Kundgebungen hatte das Gegenlager sich die Möglichkeit verschafft, an vielen Stellen gleichzeitig präsent zu sein. So wurde den NPD-Anhängern zuerst der Weg versperrt, als sie der Eurener Straße folgend zur Römerbrücke ziehen wollten. Statt dessen geleitete die Polizei sie die Hornstraße entlang. Hierbei kamen sich die beiden Lager mehrfach so nahe, dass die Einsatzkräfte größte Mühe hatten, direkte Konfrontationen zu vermeiden. Kurzzeitig bewarfen sich die beiden Lager mit meist kleineren Gegenständen und Wasserbomben.
In der Hornstraße beruhigte sich die Lage wieder. An der Kreuzung zum Martinerfeld durften die NPD-Anhänger schließlich ihre Fackeln entzünden. Um die hatte es im Vorfeld bereits mehrfach rechtliche Auseinandersetzungen gegeben: Gegner sehen hier nicht nur eine kaum verklausulierte Anlehnung an NS-Symbolik, sondern verweisen auch auf die Brandanschläge etwa auf Asylbewerberheime.
Die Alternativroute durch die Aachener Straße erwies sich wieder als Sackgasse: Auch hier hatten sich kurz vor der Römerbrücke Hunderte Menschen auf die Straße gesetzt. Ein Durchkommen wäre wohl nur durch einen massiven Polizeieinsatz möglich gewesen. Das Kalkül der Gegendemonstranten ging auf: Der auf mittlerweile 20 Teilnehmer geschrumpfte NPD-Tross musste kehrtmachen und zum Startpunkt der Demo zurückkehren.Extra

Trier stellt sich quer
Foto: Frank Goebel (fgg) ("TV-Upload Goebel"

Ein Aufruf der Trierer NPD zu ihrer Demo in Trier-West im Internet ist am Wochenende kommunikationstechnisch nach hinten losgegangen. In dem Internetvideo, das die NPD unter anderem im Netzwerk Facebook online gestellt hatte, stehen der Trierer NPD-Chef Safet Babic und drei weitere offenbar zur NPD gehörende Männer am helllichten Tag mit brennenden Fackeln vor einer Wand und kündigen ihre Kundgebung an. Das ernst gemeinte Video der NPD, in dem diese gegen die weitere Aufnahme von Flüchtlingen Stimmung macht, wurde zur bundesweiten Lachnummer, nachdem die Internetzeitung Huffingtonpost es mit einigen ironischen Bemerkungen verbreitet hatte ("Dieses peinliche Video der NPD Trier ist besser als jede Satire"). Daraufhin wurde das 2 Minuten und 50 Sekunden dauernde Filmchen tausende Male angesehen, und auf der Facebookseite der Trierer NPD machten sich fast 700 Nutzer aus ganz Deutschland über Babic und seine "Volksgenossen" lustig. Die Menschen spotteten über das Aussehen der vier NPDler, Babics wenig deutschen Nachnamen und die Tatsache, dass er selbst verurteilter Straftäter sei. Auf der Videoplattform Youtube wurde das Video über 20 000-mal abgerufen und über 250-mal meist hämisch kommentiert. Die NPD löschte zunächst viele der Kommentare und entfernte das Video aus Facebook. Weil viele Nutzer es abgespeichert hatten, ist es nach wie vor abrufbar. mic

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