Die Zukunft fest im Blick

Sichtbarer Erfolg der Lokalen Agenda in der Verbandsgemeinde Hillesheim: In Kooperation mit der Hauptschule wird für Niederehe ein Solarkataster erstellt.

Hillesheim-Niederehe. Kompass, ausziehbare Messlatte, Laser-Messgerät, Neigungsmesser, Auswertungslisten: Bestens ausgerüstet starten zwei "Aufnahmetrupps" an der alten Niedereher Schule. Die Neuntklässler der Hillesheimer Hauptschule werden von Handwerksmeistern und Lehrern begleitet. Auch Johannes Pinn, Landesforst-Fachreferent für erneuerbare Energien und Mitglied einer Arbeitsgruppe der Lokalen Agenda, ist dabei. Die Gruppen wollen für Niederehe ein so genanntes Solarkataster erstellen. Dafür gehen sie von Haus zu Haus, klingeln und fragen, ob sie die Gebäude vermessen dürfen, um die Dachflächen zu ermitteln. Gute Sache - aber eine Kostenfrage

Die Bürger sind sehr aufgeschlossen gegenüber dem Projekt. Heinz Jax in der Stroheicher Straße 6: "Klar, macht! Solarenergie wäre eine gute Sache, aber es ist eine Kostenfrage." Er heizt sein Haus mit Elektro-Nachtspeicherheizung sowie seit zwei Jahren zusätzlich mit einem zentralen Holzofen.Auch Alois Reinarz aus der Straße "Auf der Bitz 4" hat die Kosten im Auge. Er meint: "Mit Blick auf die Umwelt wäre eine Umstellung von Nachtspeicher auf Solar gut, mit Blick auf die Rentabilität bin ich skeptisch." Die Schüler legen los. Sascha Schleder misst mit dem Lasergerät die Firsthöhe von 7,50 Meter. Gemeinsam mit Dachdeckermeister Thomas May von der Firma Handwerk nehmen sie die Dachkonstruktionen unter die Lupe. Patrick Sicken und David Fenzel zählen auf: "Es sind zwei ineinanderlaufende Satteldächer. Das Schneefanggitter und der Stromverteiler müssen registriert werden." Drei Häuser weiter, an Haus Nummer zehn, schlagen die Herzen der Solar-Experten höher. Sie finden ein optimales Dach auf einem sehr alten Gebäude. Auf dem 13 Meter mal acht Meter großen Dach mit fast optimaler Südausrichtung könnten im Jahr 9000 Kilowattstunden Strom erzeugt werden.Die Jungen haben, mit Unterstützung von Pinn und Klassenlehrer Berthold Müller, rasch alles ermittelt. Unisono resümieren sie: "Damit könnten zwei vierköpfige Familien ein Jahr lang versorgt werden." Pinn prognostiziert Kosten von 40 000 Euro für eine "fix und fertige Anlage". Schüler Marcel Fries ist gespannt. Seiner Mutter gehört in Niederehe der Reitstall. Marcel: "Darauf ist ja ein großes Dach. Wir wollen wissen, wie effektiv darauf eine Anlage wäre." Das Projekt beschäftigt die Familien und Schüler. David und Sascha sagen: "Wir schauen uns jetzt genauer die Dächer an als vorher." In Niederehe sind bereits 15 Solaranlagen installiert. Bevor die Trupps ausrücken konnten, standen zwei Tage Theorieunterricht auf dem Stundenplan für die 40 Schüler der zwei neunten Klassen. Während draußen gemessen wird, arbeiten in der Schule weitere Gruppen an der Dokumentation, an der Berechnung des Potenzials sowie an der späteren Veröffentlichung.Eine Modellbau-Gruppe beschäftigt sich mit den unterschiedlichen Dachformen. Pinn: "Die Architektur hat maßgeblichen Einfluss auf die Nutzung von Solarenergie." Er befürwortet die frühe Sensibilisierung für die Nutzung erneuerbarer Energien. Nach seiner Beobachtung werden nämlich schon in den Gemeinderäten bei der Aufstellung von Neubaugebieten die ersten Fehler gemacht, weil die Häuser falsch ausgerichtet - nach der Himmelsrichtung - sind. Niederehe sei mit Blick auf "energetische Dorferneuerung" ausgewählt worden. In den nächsten Jahren stehe die komplette Ortsstraßensanierung an. Pinn: "Wenn gebaggert wird, könnten auch Leitungen im Nahwärmeverbund gelegt werden, etwa wenn auf einem Haus Solarenergie optimal nutzbar ist und auf den Nachbarhäusern nicht, die dann aber mitversorgt werden könnten." Meinung Vorbildliches Vorhaben So geht's! Das Solar-Projekt in Niederehe ist ein gutes Beispiel dafür, wie Standortmarketing funktionieren sollte: Nach der (notwendigen) Theorie mit Ideensammlung, Datenerfassung, Zielformulierung und Konzepterstellung folgt die praktische Umsetzung - und: die Einbindung der Bürger in ein "handfestes" Vorhaben. So können die Niedereher Bürger auf Daten zurückgreifen, für die sie ansonsten hohe Gutachterkosten zu zahlen hätten. Und vielleicht entscheidet sich schon deswegen der ein oder andere für Kollektoren. Dass es sich bei dem Vorhaben um ein absolutes Zukunftsthema handelt, und zudem Schüler eingebunden werden, zeugt darüber hinaus von Weitsicht. Denn schließlich dient das Standortmarketing vor allem, um der künftigen Generation eine lebenswerte Heimat zu schaffen. Gut, wenn sie daran bereits selbst beteiligt ist. m.huebner@volksfreund.de

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