Dokumentarfilm über Fluchthilfe für Juden beeindruckt Zuschauer

Hillesheim · Die 1990 von Dietrich Schubert (Kronenburg) gedrehte Dokumentation "Nichtverzeichnete Fluchtbewegungen" handelt von den Helfern der Juden, die vor den Nazis über die deutsch-belgische Grenze flüchteten. Die Eifel-Film-Bühne zeigte den Streifen jetzt als einen weiteren Baustein der Hillesheimer "Westwall-Reihe", und Schubert sprach mit den Zuschauern.

Hillesheim. Diese Leute seien für ihn Vorbilder, sagte Dietrich Schubert in die Stille nach dem Abspann des Films. Tausende von Juden - genaue Zahlen gibt es nicht - benutzten die Straße von Prüm nach Losheim als Hauptfluchtroute nach Belgien. Die meisten Menschen, die dort Ende der 1930er Jahre lebten, halfen den Juden. Die, denen der Grenzübergang gelang, waren zunächst auf sicherem Boden; wie viele aber tatsächlich überlebt haben, ist unbekannt.
Mit einer in allen 95 Filmminuten spürbaren, tief beeindruckenden Gelassenheit macht sich Schubert auf die Spur der jüdischen Flüchtlinge in der Westeifel. Spricht mit den längst erwachsenen Kindern der damaligen Dorfbewohner über die Fluchthelfer. "Brot und Unterkunft zu geben, war die Geste der Menschen, die hier lebten", sagt eine Frau, "denn man kannte die Juden ja vom Handel und Wandel." Von einem Busfahrer ist die Rede, der auf freier Strecke anhielt, wenn - wie heimlich abgesprochen - ein (jüdischer) Fahrgast über Unwohlsein klagte, ausstieg und dann in der Dunkelheit verschwand. Oder von dem Landwirt, der neun Juden eine Nacht lang Unterschlupf gewährte und sie im Morgengrauen über die Grenze nach Belgien begleitete. "Wir hatten jahrlang Angst, dass wir deswegen alle ins KZ kommen", sagt der Sohn.
"Es war selbstverständlich, das Gefährliche zu tun", resümiert Dietrich Schubert und bedauert gleichzeitig, dass viele Erinnerungen "in der Betriebsamkeit des Nachkriegszeitalters versunken" seien. Mit dem Film entlarvt der heute 71-Jährige den Satz "Wir konnten ja doch nichts tun" als Lüge. Dass die Wiederholbarkeit von Geschichte möglich sei, mache ihm Angst. "Es muss sehr früh reagiert werden", appellierte er.
Etwa 80 Zuschauer waren in die Eifel-Film-Bühne gekommen, um sich auf die Reise in die Vergangenheit zu machen - darunter ein 38-Jähriger, der in einem kleinen Dorf am Nürburgring lebt. "Dieses Kino ist ein Glücksfall für mich", sagte er dem Trierischen Volksfreund. "Ich bin so dankbar, dass sich Dietrich Schubert mit diesem immer noch heiklen Thema filmisch auseinandersetzt und dass Christine Runge solche Filme zeigt." bbExtra

Die Dokumentation "Nichtverzeichnete Fluchtbewegungen" gehört zu der im Jahr 2010 angestoßenen Westwall-Reihe der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB) über den Westwall und die Spuren jüdischen Lebens in Hillesheim. bb

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