Mäßige Chancen für Schlecker-Frauen

Berlin · Die arbeitslos gewordenen Beschäftigten der insolventen Drogeriekette Schlecker finden offenbar schwerer einen neuen Job als von der Politik gedacht. Das geht aus Zahlen der Bundesagentur für Arbeit hervor.

Berlin. Bis Mitte der vergangenen Woche hatten sich 9030 ehemalige Schlecker-Mitarbeiter offiziell arbeitslos gemeldet. Nur 189 konnten bislang eine neue Anstellung finden. Weitere 245 Personen stecken in Qualifizierungsmaßnahmen, viele davon in einem Bewerbungstraining. Das geht aus aktuellen Daten der Bundesagentur für Arbeit hervor, die unserer Zeitung vorliegen.
Noch Ende März hatte Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) auf die gute Arbeitsmarktsituation für Verkaufskräfte verwiesen und damit auch seine Ablehnung einer Auffanggesellschaft begründet. Es gebe mehr als doppelt soviel freie Stellen wie arbeitslose Schlecker-Mitarbeiter. Die Betroffenen müssten daher selber schnellstmöglich eine "Anschlussverwendung" finden, so Rösler damals. Mit dem direkten Anschluss aber wird es offenbar nichts, denn die reale Lage ist vielschichtiger. Laut Bundesagentur gab es im März 26 000 freie Stellen in Verkaufsberufen. Dem standen allerdings fast 304 000 Arbeitslose in dem Bereich gegenüber. Auf eine freie Stelle kamen also etwa zwölf potenzielle Bewerber. Nur rund die Hälfte der angebotenen Jobs waren Vollzeitstellen. Mehr als jeder dritte unbesetzte Job war befristet. Jede achte offene Stelle war ein Mini-Job. 24 Prozent der Arbeitslosen im Verkaufsbereich sind 50 Jahre und älter. Fast 77 Prozent sind Frauen.
Besonders problematisch ist die Lage für rund 600 ehemalige Schlecker-Mitarbeiter, die sich in der "Passivphase" der Altersteilzeit befinden und deren Beschäftigungsverhältnis am Beginn dieser Woche endete. Nach Angaben der arbeitsmarktpolitischen Sprecherin der Linken, Sabine Zimmermann, hatten diese Personen in den Jahren zuvor bei regulärer Arbeitszeit zu einem geringeren Lohn gearbeitet, um später mit entsprechenden Entgeltzahlungen von der Arbeit freigestellt zu werden. Diese Ansprüche werden nun wegen der Insolvenz von Schlecker nicht mehr weiter erfüllt. Die Betroffenen hätten vergeblich zu einem reduzierten Lohn gearbeitet und müssten, sofern sie keinen anderen Arbeitsplatz fänden, nun in Frührente gehen, was mit Rentenabschlägen verbunden sei, erläuterte Zimmermann.
SPD-Fraktionsvize Elke Ferner warf der Bundesregierung arbeitsmarktpolitisches Versagen vor. "Jetzt rächt es sich, dass die Bundesregierung auf Betreiben der FDP eine Transfergesellschaft verhindert hat". Auf diese Weise seien die Schlecker-Frauen abrupt arbeitslos geworden, anstatt sie "zügig und in großem Umfang zu qualifizieren", sagte Ferner unserer Zeitung. "Damit hat Schwarz-Gelb erneut seine Unfähigkeit bewiesen".
Zimmermann verwies darauf, dass die Regierung Milliarden für die Bankenrettung zur Verfügung stelle, aber den Schlecker-Arbeitern jede Hilfe verweigere. "Das bleibt ein Skandal", kritisierte die Linken-Politikerin.
Extra

Die Gewerkschaft Verdi hat den Sanierungsplan von Schlecker-Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz kritisiert: Der Plan entspreche eher dem Betriebswirtschaftshandbuch eines Unternehmensberaters, sei "aber nicht mit der betrieblichen Wirklichkeit bei Schlecker abgeglichen worden". Streitpunkt ist Geiwitz\\' Forderung nach einem Lohnverzicht. dpa

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