Luxemburg Investmentfonds und Rückversicherer treiben Luxemburg nach vorne

LUXEMBURG · Wie staatliche Förderung von Innovationen und Start-ups, ein Plus bei Informationstechnologien und im Finanzsektor sowie ein hoher Bildungsstandard das Großherzogtum an der Spitze halten, belegen neue Zahlen des Deloitte-Business-Monitors.

Traditionell analysiert das Wirtschaftsberatungsunternehmen Deloitte Luxemburg alle Zahlen zur Wirtschaft in Luxemburg mit speziellem Fokus auf den deutschsprachigen Markt. In der achten Auflage des „Business Monitor Luxemburg kompakt“, die sich zudem mit dem Spezialthema „Agilität als Erfolgsfaktor für Unternehmen“ befasst, zeigt der Daumen der Entwicklung klar nach oben. Wie schon vom Statistikamt Statec im TV vom 11. Juni bestätigt, ist Luxemburg aus wirtschaftlicher Sicht deutlich besser als andere Länder durch die Pandemie gekommen.

Treiber waren vor allem die Bereiche Informationstechnologie und der Finanzsektor. Nach den von Deloitte Luxemburg aufgeschlüsselten Zahlen trägt allein der Finanzsektor 26,8 Prozent zur luxemburgischen Wirtschaftsleistung bei, Tendenz (wieder) steigend. Mit 31,2 Prozent liegt nur die Industrie davor. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) von Luxemburg belief sich 2020 auf 62,7 Milliarden Euro.

Andreas Meier, Partner und German Business Community Leader bei Deloitte Luxemburg: „Wir haben uns in dieser besonderen Pandemie-Zeit bewusst mit dem Thema Agilität auseinandergesetzt. Die Interviews, die wir hierzu mit Luxemburger Marktteilnehmern geführt haben, haben gezeigt, dass viele Unternehmen am Standort durch eine agile Einstellung relativ gut auf die derzeitigen Herausforderungen vorbereitet waren. Das spiegelt sich in den wirtschaftlichen Kennzahlen wider.“


Finanzsektor: Das Rückgrat der luxemburgischen Finanzdienstleistungsbranche bilden Private Banking und die Fondsverwaltung. Weltweit liegt das Großherzogtum in Sachen Fonds auf Rang zwei, in Europa ist man klare Nummer eins, auch im Private Banking nach wie vor führend in Europa, zudem ist Luxemburg mittlerweile einer der wichtigsten Standorte für Rückversicherer.

Im Finanzsektor gab es Ende vergangenen Jahres 16 248 Beschäftigte – trotz Corona ein Plus im Vergleich zum Vorjahr, das für dieses Jahr sogar noch stärker erwartet wird, auch weil viele Finanzunternehmen planen, wegen dem Brexit aus London nach Luxemburg umzuziehen. Die Gesamtbilanzsumme der Finanzbranche (ohne Banken) lag Ende 2020 bei 8,6 Milliarden Euro, das Gesamtnettoergebnis von 234 Millionen Euro bedeutet – vor allem pandemiebedingt- einen Rückgang von rund 50 Prozent.


Banken: Aktuell gibt es in Luxemburg 129 Banken aus 27 Ländern, davon 23 aus Deutschland, 14 aus Frankreich und 14 aus China. Die Schweiz ist mit 13 Banken vertreten, acht Banken sind aus Luxemburg selbst. Ende 2020 arbeiteten 26 106 Menschen im Bankensektor. Für die Zukunft – und durch Corona natürlich weiter verstärkt - sieht Deloitte vor allem die Digitalisierung weiterhin als eine der größten Herausforderungen, neben der strukturellen Reform der Banken.


Investmentfonds: In Luxemburg gab es Ende vergangenen Jahres 3611 Fonds mit 14 590 Teilfonds und einem Gesamtnettofondsvermögen von rund fünf Billionen Euro. Deutsche Fondsunternehmen lagen gemessen am insgesamt verwalteten Nettofondsvermögen mit 13,7 Prozent auf Platz vier hinter den USA (20,7 Prozent), Großbritannien (17 Prozent) und der Schweiz mit 14,2 Prozent. Innerhalb von vier Jahren stieg das Fondsvermögen um 1,3 Billionen Euro.

Vor allem Private Equity und Immobilienfonds (wegen der weltweit niedrigen Zinsen) sorgten für einen Boom in diesem Bereich, insgesamt sind in Luxemburg mehr als 25.000 Holdingstrukturen gemeldet, auch hier mit einer steigenden Tendenz. 23 Prozent der Unternehmen kommen aus Deutschland.


Versicherungen: Insgesamt arbeiten in Luxemburg 4200 Menschen bei Versicherungen, mit über 200 Gesellschaften ist Luxemburg mittlerweile Europas führender Standort für Rückversicherer (davon sieben Prozent deutsche Anbieter). Das Gesamt-Prämienaufkommen lag 2020 bei rund 51 Milliarden Euro, davon elf Milliarden im Rückversicherungsbereich. Die Bilanzsumme bei Versicherungen lag im Vorjahr in Luxemburg bei 302 Milliarden Euro. Laut Deloitte-Studie haben sich auch viele Versicherer entschieden ihre Geschäfte wegen Brexit zukünftig von Luxemburg statt aus London zu führen.

Wie der Staat die Wirtschaft fördert: Neben der politischen Stabilität und einer hohen staatlichen Innovationstätigkeit hat die Regierung einen Plan ins Leben gerufen, um sechs nicht-finanzielle Industriesektoren über Staatsbeteiligungen zu fördern: Automobil, Kreativwirtschaft, Fertigungsindustrie und Materialforschung, Holz, Gesundheitstechnologien, Umweltinnovationen sowie Informations- und Kommunikationsunternehmen. Daneben gibt es zum Beispiel Luxinnovation, eine Initiative zur Förderung von Innovationsgeist, Wachstum und inländischen Investitionen. Mit allen diesen Maßnahmen sind die staatlichen Bruttoinvestitionen von 1,915 Milliarden in 2015 auf 2,730 Milliarden in 2019 gestiegen.

Zudem ist der Staat Anteilseigner und Geldgeber bei vielen Start-up-Unternehmen, meist aus den Bereichen Digitalisierung und Innovation, viele Projekte und Unternehmen werden als so genannte Public-Private-Partnerships zwischen Unternehmen, Start-Ups, Universität und Staat aufgebaut. Weitere Trends für die Zukunft sind Kongresstourismus, Erneuerbare Energien und Raumfahrt (Rohstoffgewinnung im Weltraum).

Zur Steigerung der Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Luxemburg tragen laut der Deloitte-Analyse vor allem die Förderung des FinTech-Sektors, die Maßnahmen im Bereich der Cybersicherheit, die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung, der Ausbau der technologischen Infrastruktur des Landes sowie das Vorhandensein großer Datenzentren bei, wo staatliche Investitionen in Milliardenhöhe für zahlreiche Arbeitsplätze und Wachstum sorgten. Mit über 20 Datenzentren verfügt Luxemburg über eines der größten Daten- und Internet-Hubs in Europa. „Angesichts der hochmodernen Internet-Infrastruktur haben viele öffentliche und europäische Institutionen sowie diverse Unternehmen ihre Datenzentren im Großherzogtum angesiedelt“, heißt es im Business-Monitor.


Erfolgsfaktor Bildung: Die luxemburgische Regierung legt hohen Wert auf Qualität im Bildungswesen – vom Kind bis zum Studenten. Zum Beispiel spricht ein Abiturient in Luxemburg nach seiner schulischen Laufbahn in der Regel vier Sprachen: Luxemburgisch, Deutsch, Französisch und Englisch. Die Universität Luxemburg bildet über 6500 Studenten aus 129 verschiedenen Ländern aus und beschäftigt darüber hinaus Lehrkräfte und Angestellte aus 94 verschiedenen Ländern.


Erfolgsfaktor Multikulti: Eine Besonderheit des Großherzogtums ist das multikulturelle Umfeld. Menschen aus rund 170 Nationen stellen 47,4 Prozent der luxemburgischen Bevölkerung.

Logistik als Wachstumsmotor: Auch wenn die Banken und der Finanzsektor für Luxemburgs Weltruhm sorgen, sind die Bereiche Handel und Industrie weiter gewachsen – gerade mit Blick auf Deutschland. Rund 400 Unternehmen in Luxemburg stehen unter deutschsprachiger Führung, oder gehören zu einem deutschen Konzern.

Damit belegen deutschsprachige in Luxemburg Platz drei, hinter Belgien und Frankreich. Nach der Analyse von Deloitte ist vor allem der Logistiksektor stark im Kommen – die Branche beschäftigt aktuell 24 000 Menschen, was 6,5 Prozent des luxemburgischen Arbeitsmarktes entspricht. Trotz Pandemie wurden am luxemburgischen Flughafen im Jahr 2020 insgesamt 947 000 Tonnen Fracht umgeschlagen – ein Plus von rund sechs Prozent im Vergleich zu 2019. Was für ein Binnenland wie Luxemburg zudem ungewöhnlich ist: rund 200 Schiffe fahren unter der luxemburgischen Flagge, Tendenz ebenfalls steigend. Und: 80 Prozent von Luxemburgs Gütern und (vor allem) Dienstleistungen werden exportiert.


Fazit: Was die gesamtwirtschaftliche Entwicklung betrifft, stehen die Zeichen laut Studie für die Wirtschaftskraft Luxemburgs gut. Die Digitalisierung geht in Luxemburg – alleine schon durch die vielen innovativen Start-ups schneller voran. Aber der Banken- und Finanzsektor hat ein anderes Problem: Die weltweite Suche nach hochqualifizierten Arbeitskräften wird immer schwieriger. Harald Thul, Partner bei Deloitte Luxemburg: „Die Anzahl an Herausforderungen wird nicht abnehmen, wir sind aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung aber zuversichtlich, dass der Wirtschaftsstandort Luxemburg auch diese bewältigen wird.“

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