Der Ex-Stürmer schaltet auf Abwehr um

Trier · Mit dem DFB-Pokalspiel gegen den FC St. Pauli beginnt für Eintracht Trier am Samstag die neue Spielzeit. Im TV-Interview spricht Trainer Roland Seitz (46) über Ziele, Fragezeichen im Kader, Nachlässigkeiten in der Vorbereitung und eine Aufstiegsprämie.

 Trotz einem kleinen Kader und geringer finanzieller Mittel will Eintracht-Trainer Roland Seitz mit seiner Mannschaft auch in der neuen Saison viel bewegen. Vom Ziel Aufstieg mag er aber nicht sprechen. TV-Foto: Hans Krämer

Trotz einem kleinen Kader und geringer finanzieller Mittel will Eintracht-Trainer Roland Seitz mit seiner Mannschaft auch in der neuen Saison viel bewegen. Vom Ziel Aufstieg mag er aber nicht sprechen. TV-Foto: Hans Krämer

Trier. DFB-Pokal, Regionalliga-Start, Stürmer-Suche: Eintracht-Trainer Roland Seitz hat viel um die Ohren. Dennoch nahm sich der ehemalige Stürmer eine Stunde Zeit für ein Gespräch mit TV-Redakteur Mirko Blahak.
Im Sindelfinger Trainingslager sollte das Saisonziel formuliert werden. Nach Platz zwei in der Vorsaison kann es eigentlich nur eins geben…
Seitz: Nein. Mit dem zweiten Platz konnte keiner rechnen. Man darf jetzt nicht zu viel träumen und einfach sagen: ,Hurra, wir steigen auf!\' Wir haben drei wichtige Spieler verloren — unsere beiden besten Torschützen Alban Meha und Lukas Mössner sowie Kapitän Josef Cinar.
Aber nur um Platz zehn wollen Sie doch auch nicht spielen …
Seitz: … Das nicht. Wir wollen schon vorne dabei sein und die finanzstärkeren Vereine wie Elversberg, Wuppertal und Lotte erneut ärgern. Aber uns steht ein Mammutjahr bevor. Wir haben 36 Regionalliga-Spiele, hinzu kommen das DFB-Pokalspiel am Samstag gegen St. Pauli und Partien im Rheinlandpokal. Angesichts unseres kleinen Kaders wäre es vermessen zu sagen, wir müssen Erster werden. Uns fehlt Geld, um in der Breite die Qualität zu haben.
Derzeit umfasst der Kader 17 Feldspieler und zwei Torhüter. Sie wollen auf jeden Fall noch einen Stürmer an Land ziehen. Wie sieht es aus?
Seitz: Ich habe meine Kontakte. Aber die Stürmer, die ich will, kann die Eintracht nicht bezahlen. Das bedeutet: Geduld haben und wie bei Neuzugang Oliver Stang auf einen Jungen hoffen, der wieder spielen will und nicht sagt: ,Ich zocke und warte.\'
Wäre danach Schluss mit Transfers?
Seitz: Tolgay Asma ist nach seinem Kreuzbandriss leider noch kein vollwertiger Ersatz. Er hat seit vier Wochen extreme Probleme. Zum Glück nicht mit dem Knie, aber mit anderen Zipperlein. Deshalb muss man nachdenken, ob man noch einen Spieler dazuholt. Ich werde alles dafür tun, um den Vorstand gegebenenfalls von einer Verpflichtung zu überzeugen.
Wie wollen Sie das Nachwuchsspieler-Problem lösen: Noch fehlt ein deutscher U-23-Akteur im Kader, um das DFB-Soll (pro Partie vier junge Spieler im Aufgebot) zu erfüllen?
Seitz: Sollte unsere U 23 ein vernünftiges Oberliga-Niveau haben, könnte ich mir dort immer die besten Spieler für den Trainings- und Spielbetrieb des Regionalliga-Teams herauspicken. Momentan schaut es leider noch nicht so aus, dass das der Fall ist. Deshalb muss es für uns das Ziel sein, zumindest einen vierten U-23-Spieler zu verpflichten. Theoretisch ist es möglich, dass der gesuchte Stürmer in diese Kategorie fällt. Das muss aber nicht so sein.
Der Kader ist bislang nicht sehr groß, dafür hat er an Reife gewonnen. Die Spieler bringen es auf 31 Erstliga-, 164 Zweitliga- und 254 Drittliga-Einsätze. Wie bewerten Sie die Zahlen?
Seitz: Wir haben mehr Erfahrung als zuvor. Ob wir damit besser werden, wird sich zeigen. Wenn die Konkurrenz fehlt, besteht die Gefahr, dass man unterschwellig die Handbremse anzieht.
Eintracht Trier kürzt offiziell den Gesamt-Etat von 1,4 auf 1,2 Millionen Euro, verpflichtet gleichzeitig aber Spieler mit Zweit- und Drittliga-Erfahrung (Hauswald, Pagenburg, Herzig, Stang). Wie passt das zusammen?
Seitz: Der Markt ist voll mit Spielern. Es ist noch extremer als im vergangenen Sommer. Außerdem profitieren wir davon, dass in der dritten Liga kaum noch Zweitliga-Gehälter gezahlt werden. Viele Clubs sind klamm, und doch meinen die Etablierten, sie müssten weiterhin 8000 Euro im Monat verdienen. Aber es hat keiner mehr 8000 Euro. Deshalb bleiben viele Akteure auf der Strecke. Da ich zu den meisten Beratern ein vernünftiges Verhältnis habe, kommen dann manche auf mich zu und sagen: "Roland, ich gebe den Spieler zu dir. Da weiß ich, dass er gut aufgehoben ist." Dann versuche ich, den Spieler von einem Wechsel zu überzeugen.
Dabei fange ich mir auch einige Absagen ein. Wir hatten einen Zweitliga-Spieler am Tisch sitzen. Da habe ich alles gegeben. Wir standen ganz knapp vor der Unterschrift, aber letztlich ist es dann doch am Geld gescheitert. Die Arbeit vom ersten Anruf bis zur Unterschrift ist wahnsinnig schwer.
Wie zufrieden sind Sie mit der Saison-Vorbereitung?
Seitz: Sie verlief durchwachsen. In manchen Testspielen fehlte der Eigenantrieb, an die Grenzen zu gehen. Zum Beispiel bei den 1:1-Unentschieden gegen Differdingen und Worms. Aber ich möchte die Mannschaft nicht verurteilen. Positiv ist, dass wir im körperlichen Bereich viel gemacht haben. Das ist die Basis. Klar ist aber auch: Wenn die Mannschaft meint, alles geht von selber, haben wir ein Problem.
Wie viele Positionen im Team sind schon vergeben?
Seitz: Cataldo Cozza, Thomas Drescher und Torge Hollmann haben in der Abwehr in der vergangenen Saison jeweils rund 30 Spiele gemacht. Im Mittelfeld hat Jeremy Karikari seit einigen Wochen begriffen, wie man Fußball spielen muss. Die Neuzugänge haben Qualität, und auf Thomas Kraus kann man sich immer verlassen. Momentan haben wir vornehmlich zwölf Spieler, die um die elf Plätze im Team streiten.
Das heißt: Die jungen Wilden wie Fabian Zittlau, Holger Knartz, Olivier Mvondo oder Max Bachl-Staudinger müssen sich erst mal hinten anstellen.
Seitz: Sie müssen sich Ansprüche erst einmal erarbeiten. Holger Knartz, der rechts und links Gas gibt, muss die Etablierten herausfordern. Von Olivier Mvondo will ich Tore sehen. Auch Max hat gute Voraussetzungen. Er muss sachlich spielen und seine Position halten. Die Jungs werden vielleicht am Anfang in der Zuschauerrolle sein, aber während der Saison wird jeder gebraucht.
Ist trotz des kleinen Kaders jede Position doppelt gut besetzt?
Seitz: Ja, wenn jeder Feldspieler auf zwei, drei Positionen zurechtkommt. Das war letztlich auch das Problem bei Stefan Kohler. Wir wollten ihn behalten, dann wollte er mehr Geld, um dann doch bleiben zu wollen. Schließlich haben wir Abstand genommen, weil Kohler nur auf der Sechser-Position im defensiven Mittelfeld spielen kann. Das ist für uns nicht optimal.
Ist eigentlich eine Aufstiegs-Prämie ausgehandelt worden?
Seitz: Ich kann nur für mich sprechen. Ich habe ja schon im Januar verlängert. Da habe ich meine Hausaufgaben gemacht …
Wie sieht die Prämienregelung generell aus: Gibt\'s Geld bei Punktgewinnen nur dann, wenn die Eintracht auf einem vorderen Platz in der Tabelle steht?
Seitz: Wir als Mannschaft haben den Anspruch, vorne mitzuspielen. Ich glaube nicht, dass der Verein dann sagt, als Achter bekommt man noch 100 Euro für einen Punkt.

Am Samstag trifft Trier im DFB-Pokal auf den Zweitligisten St. Pauli: Welche Rolle spielt der Cup in der Saisonplanung?
Seitz: Zum Einstieg ist das Spiel für uns ein Höhepunkt. Das Moselstadion ist voll besetzt. Wir haben keinen Druck. St. Pauli wird ein harter Brocken. Die Hamburger spielen zwei Klassen höher als wir. Sie wollen wieder zurück in die erste Liga und haben eine Mannschaft, die zu großen Teilen auch in der Bundesliga gespielt hat. Wir wollen St. Pauli ärgern und unseren Fans zeigen, dass wir eine gute Mannschaft haben. bl
DFB-Pokal: Eintracht Trier rät allen Fußballfans, im Vorfeld des DFB-Pokalspiels gegen St. Pauli am Samstag (15.30 Uhr, Moselstadion) vom Kartenvorverkauf Gebrauch zu machen. Neben Stehplatz- gibt es auch noch wenige Sitzplatztickets. Karten gibt es in den TV-Service-Centern Trier, Bitburg und Wittlich. red

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