Der Schnäppchen-Jäger aus Trier

Das Umfeld ist schwierig, und die Anforderungen an ihn sind knallhart formuliert: Der Trierer Jörg Jakobs hat als neuer Chefscout von Fußball-Bundesligist Hannover 96 eine interessante Aufgabe in einem Spannungsfeld übernommen.

Trier/Hannover. Jörg Jakobs sitzt im Auto. Der Beginn einer neuerlichen Dienstreise. Diesmal geht es nach Dänemark und Schweden. Fußballspiele schauen — im Europapokal, in den nationalen Ligen. Sichten, sondieren, sich einen Überblick verschaffen. Im Ausland, aber auch in Deutschland. Der 39-Jährige ist sieben Tage die Woche unterwegs. Gerade jetzt. Kurz bevor am 31. August die aktuelle Transferperiode endet.

Hannover 96 ist noch auf der Suche nach Verstärkungen. Besonders dringend wird nach einem Ersatz für Carlitos Ausschau gehalten, der sich im Spiel gegen Frankfurt einen Kreuzbandriss zugezogen hat. "Der Druck ist groß. Man darf keinen Fehler machen. Es darf einem niemand durch die Lappen gehen", sagt Jakobs, der seit Anfang August neuer Chefscout der Niedersachsen ist. Der Trierer beobachtet viele Partien. Pro Tag landen zudem Empfehlungen dutzender Spieler auf seinem Schreibtisch. Jakobs: "Es ist schon bizarr, dass manche Spieler von mehreren Beratern angeboten werden. Oder dass armenische Jugend-Nationalspieler so dargestellt werden, als könnten sie von jetzt auf gleich Bundesliga spielen."

Jakobs steht in enger Abstimmung mit Hannovers Sportdirektor Jörg Schmadtke. Der Trierer kennt den 46-Jährigen aus seiner Zeit als Co-Trainer und Chefscout bei Alemannia Aachen (2002 bis 2009). Schmadtke war es auch, der Jakobs, den früheren Ruderer der RG Trier sowie Fußballer des SV Leiwen, nach Niedersachsen gelotst hat. "Der entscheidende Anruf kam, nachdem ich im April die Fußballlehrer-Lizenz gemacht habe", erinnert sich Jakobs, der während der Trainerausbildung mehrere Praktika in Hannover absolviert hatte.

Ist damit eine Grundsatzentscheidung für seine berufliche Zukunft gefallen? "Nein", sagt Jakobs. "Ein Traineramt habe ich nicht aus den Augen verloren. Die tägliche Arbeit auf dem Fußballplatz — das ist weiterhin ein Ziel."

Derzeit hat der promovierte Sportwissenschaftler aber nur ein Ziel: einen guten Job als 96-Chefscout zu machen. Kein leichtes Unterfangen in einem Spannungsfeld zwischen Schmadtke, Trainer Mirko Slomka und Klubchef Martin Kind, deren Vorstellungen nicht immer deckungsgleich zu sein scheinen. Die Ansage von oben ist klar: Die Kosten müssen gesenkt werden. Die neue Philosophie bei der Auswahl von Spielern: jung und ablösefrei sollten sie sein. Jakobs wird zum Schnäppchen-Jäger.

Da bleibt kaum Zeit, seiner Heimatstadt Trier einen Besuch abzustatten. "Es ist Wochen, wenn nicht Monate her, dass ich vor der Porta Nigra stand", sagt Jakobs. Doch der Kontakt in die Region sei keineswegs abgebrochen: "Ich verfolge schon, was läuft. Ich stehe in Kontakt zu Freunden, zum Beispiel zu Bernhard Heinz, dem neuen Trainer des Bezirksligisten Leiwen-Köwerich."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort