Sechs Baustellen im Sportbund

Koblenz · Seit 2007 ist Fred Pretz Präsident des Sportbunds Rheinland. Bei der Mitgliederversammlung am 31. Mai in Trier stellt sich der 53-Jährige zur Wiederwahl. Einen Gegenkandidaten gibt es nicht. Im Vorfeld hat sich Pretz zu den Herausforderungen des Vereinssports und zu den Zielen, die er sich und dem Verband setzt, geäußert.

Koblenz. Finanzen: Der Sportbund Rheinland (SBR) verfügt über ein jährliches Haushaltsvolumen von 7,16 Millionen Euro. Davon werden unter anderem Übungsleiter und die Anschaffung von Sportgeräten in den Vereinen bezuschusst, Lehrgänge finanziert sowie Baumaßnahmen gefördert. Die Ankündigung des rheinland-pfälzischen Sport- und Innenministers Roger Lewentz, die Sportförderung durch das Land auf konstantem Niveau zu halten (18,4 Millionen Euro pro Jahr für alle Sportbünde), stieß auf Erleichterung. "Trotzdem darf der Sport nie lockerlassen und leise werden", sagt Fred Pretz.
Offensiv geht sein Verband mit einer veritablen Investition um - der Erweiterung der Geschäftsstelle in Koblenz für 640 000 Euro. Diese Summe werde ausschließlich aus dafür vorgesehenen Rücklagen bezahlt und habe keinen Einfluss auf die Förderung der Vereine, sagt Pretz. Der Ausbau komme auch den Klubs zugute: Ein neuer Seminarraum soll für Aus- und Fortbildungen der Vereinsmitarbeiter bereitstehen. Pretz betont: "Wegen des Umbaus wird kein Cent weniger an die Vereine gehen." Aber auch kein Cent mehr.
Demografischer Wandel: Von den 650 000 SBR-Mitgliedern sind 110 000 älter als 60 Jahre. Der Verband reagiert auf den Boom im Seniorensport. Er zeichnet vorbildliche Vereine aus und schult Übungsleiter. "Doch bei allem Gerede von der Überalterung der Gesellschaft dürfen wir die Kinder nicht vergessen", sagt Pretz. Ihn macht es nachdenklich, dass zu viele Kinder übergewichtig sind. "Wir ermutigen die Vereine, mehr Angebote im Bereich des Familiensports zu unterbreiten", erklärt Pretz.
Vereinsentwicklung: Um neue Zielgruppen wie Familien anzusprechen, sind neue Konzepte nötig. Der SBR will seine Klubs bei der Ideenfindung unterstützen. Er schreibt etwa den Preis "Zukunftsfähiger Sportverein" aus, der jährlich mit 20 000 Euro dotiert ist. Für den aktuellen Wettbewerb sind 100 Bewerbungen eingegangen.
Auch im Bereich der Finanzierung müssen Verbände und Vereine neue Wege gehen. "Der Sport muss unabhängiger von öffentlichen Mitteln werden", fordert Pretz. Sponsorensuche sei eine der Hauptaufgaben der Zukunft. Aber auch diese Aufgabe erfordert Engagement - und die Bereitschaft zu ehrenamtlichem Einsatz nimmt in der heutigen Zeit nicht gerade zu.
Ehrenamt: Es wird immer schwieriger, gerade junge Leute für ein Ehrenamt zu gewinnen. Der SBR hat einen Förderpreis für jugendliche Ehrenamtler ins Leben gerufen, 27 Bewerbungen sind bei der Premiere eingegangen. Doch damit wird es nicht getan sein: Auch der SBR wird sich Gedanken machen müssen, ob das Ehrenamt in seiner althergebrachten Struktur zukunftsfähig ist. "Es gibt nicht mehr den Ehrenamtler, der stundenlang für Vorstandssitzungen zur Verfügung steht", sagt Pretz. Effektiveres Arbeiten sei gefragt.
Der SBR will in diesem Punkt mit gutem Beispiel vorangehen: Der Mitgliederversammlung will Pretz eine Verschlankung des Präsidiums vorschlagen, von derzeit zehn auf sieben Personen. Bereiche sollen zusammengelegt und Aufgaben gebündelt werden.
Ganztagsschule: Das veränderte Schulsystem - 2001 wurden im Land die ersten Ganztagsschulen eingeführt - sieht der organisierte Sport als eine der größten Herausforderungen an. "Wir unterstützen die Ganztagsschule, wollen aber nicht der Verlierer sein", macht Pretz klar. Verlässliche Zahlen, ob die Vereine bei Kindern und Jugendlichen einen Mitgliederrückgang wegen der Ganztagsschulen verzeichnen, gibt es nicht. Gleichwohl knirscht es oft beim Zusammenspiel, bei der Belegung von Sportstätten oder der Kollision von Unterricht und Training.
Gerade Klubs in ländlichen Regionen, die fernab von großen Schul- und Sportzentren liegen und somit beschränktere Kooperationsmöglichkeiten mit schulischen Trägern haben, stehen vor erheblichen Problemen. Den Sportorganisationen ist das bekannt, nach Lösungen wird seit längerem gesucht.
Konkurrenz durch kommerzielle Anbieter: Der Vereinssport galt jahrzehntelang als Allheilmittel bei mangelnder Bewegung. Doch kommerzielle Anbieter - etwa Fitnessstudios, in denen eine Mitgliedschaft weniger verpflichtend und zeitlich flexibler gehandhabt wird - sind längst zur Konkurrenz geworden. SBR-Chef Pretz verweist dagegen auf günstigere Konditionen im Sportverein. Zudem hebt er die soziale Komponente hervor, mit den Vorzügen des Generationen verbindenden Vereinslebens.
Doch scheint das Interesse genau daran bei vielen Menschen immer mehr zu schwinden. Sich weiter nur auf bewährte Wertemuster zu verlassen, wäre auch aus Sicht des Sports daher fahrlässig.

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