Rugby-WM für 170 Millionen - DRV in Zuschauerrolle

Hannover (dpa) · Die wenigen Rugby-Fans in Deutschland müssen bei der WM in Neuseeland anderen Teams die Daumen drücken. Die deutsche Amateur-Auswahl hat zum siebten Mal die WM-Teilnahme verpasst. Die „All Blacks“ aus Neuseeland sind im eigenen Land der große Favorit.

In Deutschland ist es ein Randereignis, für Gastgeber Neuseeland das Mega-Event überhaupt. Mit einem Etat von 170 Millionen Euro, einer Dauer von rund sechs Wochen und mehr als einer Million Zuschauern zählt die siebte Rugby-Weltmeisterschaft neben Olympia, Fußball-WM und -EM sowie der Tour de France weltweit zu den größten Sportveranstaltungen. Der Deutsche Rugby-Verband (DRV) ist bei dem Mammut-Turnier, das am Freitag mit der Partie von Neuseeland gegen Tonga beginnt, zum siebten Mal Zuschauer. Nicht nur aus finanziellen Gründen verzichtet der ums Überleben kämpfende DRV auf die Entsendung von Trainern ans andere Ende der Welt.

„Dort gibt es Profi-Rugby in höchster Vollendung zu sehen. In Deutschland spielen hauptsächlich Amateure, das kann man kaum vergleichen“, sagte DRV-Geschäftsführer Volker Himmer. „Der Internationale Verband IRB hält uns zwar für einen interessanten Werbemarkt. Doch dafür fehlen uns die Strukturen, die sich bei uns langsam entwickeln“, fügte der Sportdirektor hinzu. Derzeit fehlt es nicht nur an Profi-Strukturen, sondern vor allem an Geld.

Wegen eines vergleichsweise geringen Betrags von 200 000 Euro ist der Verband in finanzielle Schieflage geraten. Die DRV-Führung unter der Leitung des neuen Präsidenten Ralph Götz (Heidelberg) bemüht sich in Gesprächen mit dem Bundesinnenministerium und dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB), eine drohende Pleite abzuwenden. „Wir sind auf einem guten Weg“, äußerte sich Himmer zuversichtlich über den Stand der Dinge. Trotz der Finanzmisere wird der DRV einen Delegierten zum IRB-Kongress in der letzten WM-Woche nach Neuseeland schicken.

Bei den Gastgebern ist die Vorfreude riesig. Nach dem großen WM-Erfolg der neuseeländischen Ruderer erwartet das ganze Land nun den WM-Sieg der „All Blacks“ in der zweiten Volkssportart. Bisher konnten Neuseelands Rugby-Spieler nur einmal den begehrten Webb Ellis Cup gewinnen - 1987 beim ersten Turnier. Vor eigenem Publikum lastet ein hoher Erwartungsdruck auf Trainer Graham Henry. Dessen Top-Spieler Richie McCaw und Daniel Carter besitzen zwar noch nicht das weltweite Star-Potenzial der ehemaligen Legende Jonah Lomu, dennoch erwarten fast alle Experten Neuseeland im WM-Finale am 23. Oktober in Auckland.

Insgesamt bewerben sich 20 Teams in vier Fünfer-Gruppen um den WM-Titel. Die Ex-Weltmeister Australien, Südafrika und England sowie Frankreich zählen zu den Mitfavoriten. Zwischen dem Ende der Vorrunde, dem Viertelfinale, Halbfinale und Endspiel liegen jeweils eine Woche Pause. In dieser Zeit können sich die Spieler erholen. Wegen dieser langen Regenerationsphasen wird bei den Olympischen Spielen 2016, wenn die Sportart wieder olympisch wird, nicht das traditionelle Rugby mit 15 Mann pro Team, sondern das schnellere Siebener-Rugby gespielt. In dieser Variante ist der Abstand der DRV-Auswahl zur Weltspitze nicht ganz so groß.

Die bisherigen Rugby-Weltmeister im Überblick:


JahrWeltmeisterEndspiel
 1987 Neuseeland 29:9 gegen Frankreich
 1991 Australien 12:6 gegen England
 1995 Südafrika 15:12 n.V. gegen Neuseeland
 1999 Australien 35:12 gegen Frankreich
 2003 England 20:17 n.V. gegen Australien
 2007 Südafrika 15:6 gegen England

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