Keine Angst vor Verletzungen

TRIER. Wenn sich der Sohn lieber ständig im Zimmer verkriecht, um das neue Computerspiel auszuprobieren, als auf der Wiese einem Fußball hinterher zu laufen, sollten Eltern hellhörig werden. Denn Bewegung ist für die körperliche und geistige Entwicklung von Kindern ganz entscheidend.

Kinder haben eigentlich einen natürlichen Bewegungsdrang. Statt das Kind mit einem "Sitz still" zu ermahnen, oder ihm aus Angst, es könnte sich verletzen, wilde Spiele zu verbieten, sollten Eltern diesen Drang fördern. Sie sollten versuchen, "ihren Kindern frühzeitig Spaß an körperlicher Aktivität beizubringen", sagt Barbara Marnach, Ärztin beim AOK-Bundesverband.Ohne Bewegung kein Vertrauen zum Körper

Die Folgen der Bewegungsarmut: Haltungsschäden, Organleistungsschwächen, eine höhere Unfallhäufigkeit und Übergewicht. Hinzu kommen oft ein verzögerter Spracherwerb, Verhaltensauffälligkeiten und Konzentrationsstörungen, vermeldet auch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Bei Kindern sind die kognitiven, psychischen und motorischen Faktoren eng verknüpft. Wenn sich ein Kind zu wenig bewegt, führt das nicht nur zu Schwächen auf der motorischen Ebene, sondern resultiert auch in auffälligem Verhalten - das wird bei Schuleingangs-Untersuchungen immer wieder festgestellt. "Wir sollten nicht das Fernsehen ganz verdammen. Doch es ist wichtig, die Freude an der Bewegung wieder spielerisch zu fördern", sagt Bernd Krönig, Chefarzt für Innere Medizin am Elisabeth-Krankenhaus Trier. Denn über Bewegung lernen Kinder ihren Körper und ihre Person kennen. "Vielen Kindern fällt es bereits schwer, rückwärts zu laufen. Sie haben kein Vertrauen mehr zu ihrem Körper", weiß Sportlehrer Stefan Hanerkam vom Verein für Herzsport und Bewegungstherapie/Gesundheitspark Trier. Bewegung sorgt nicht nur dafür, dass die Muskulatur gefestigt und das Herz-Kreislaufsystem gestärkt werden; Kinder erwerben durch Bewegung auch wichtige Kompetenzen wie Selbständigkeit, Selbstvertrauen, Durchsetzungsvermögen und Rücksichtnahme. Für eine gesunde Persönlichkeitsentwicklung ist Bewegung unabdingbar. Da die Vernachlässigung des Bewegungsapparates gerade im frühkindlichen und vorschulischen Alter besonders starke Schäden hinterlässt, sollte die "Bewegungserziehung" so früh wie möglich beginnen. Ideal ist daher die Förderung im Kindergarten. "Die Kinder werden ruhiger, sie haben mehr Ausdauer, und ihr Sozialverhalten verbessert sich", hat Erzieherin Elisabeth Schmitz vom Kindergarten Detzem beobachtet. Sie bietet fast täglich den Kindern eine "Bewegungsbaustelle". Vorbild für sie ist auch der "Bewegungskindergarten" in Oberbillig. Die Leiterin des Kindergartens Kastanienvilla hat konsequent Bewegung in den Kindergartenalltag eingebaut. So gibt es etwa einen "Waldtag", bei dem Kinder mit allen Sinnen gefördert werden. Das Haus der Gesundheit startet im Sommer das Projekt "Bewegungskindergarten" für die Region Trier. In einer Fortbildungsreihe sollen Erzieherinnen geschult werden, in ihr Konzept Bewegung gezielt einzubauen. Experten aus "bewegungs-erfahrenen" Erzieherinnen, Sportlehrern und Physiotherapeuten geben Erfahrungen an Erzieherinnen und Eltern weiter. Infos: Haus der Gesundheit, Judith Fancher, Domfreihof 1, Telefon 0651/4362217.

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