Rezepte für eine gemischte Einheit

TRIER. Fast jede dritte Ehe zerbricht. "Patchwork-Familien", also Familien mit Kindern aus verschiedenen Ehen, werden häufiger und fordern die Familienmitglieder heraus. Der Workshop "Eine Familie wie gemalt" der Katholischen Familienbildungsstätte Trier hilft Paaren aus Patchwork-Familien, die neue Situation zu meistern.

"Zusammen haben wir fünf Kinder, aber jeder von uns hat drei Kinder", sagt Rolf (alle Namen geändert). Da fängt es schon an, schwierig zu werden. Die Lösung: Rolf und Simone haben jeweils zwei Kinder aus erster Ehe und ein gemeinsames Kind. Beide haben eine Scheidung hinter sich und "es noch einmal gewagt". Weil es in letzter Zeit häufig kriselte, nutzen die beiden das Angebot der Katholischen Familienbildungsstätte zu einem Workshop für Patchwork-Familien unter der Leitung von Werner Jäger."Hier wird nicht gejammert"

Der Kunst- und Gestalttherapeut bringt eigene Erfahrungen mit und bietet Paaren aus Patchwork-Familien eine Plattform, auf der sie ihre Erfahrungen austauschen können. "Das Gespräch über die eigene neue Rolle oder über das Verhältnis zu den eigenen und den ,neuen‘ Kindern soll helfen, der komplexen Familienstruktur gerecht zu werden", der sagt Workshop-Leiter. In gemütlicher Runde plaudern die acht Teilnehmer aus dem Nähkästchen, diskutieren, spielen Situationen nach und lernen Methoden wie "Familienkonferenzen" oder "Aktives Zuhören" kennen. Zudem gibt Jäger den Teilnehmern Regeln für ein Konfliktgespräch an die Hand. "Hier wird nicht gejammert, sondern wir suchen nach Lösungen", sagt Sebastian, einer der Teilnehmer. Ihn bringt auf die Palme, wenn seine Lebensgefährtin sagt: "Deine Tochter ist aber heute wieder einmal lange weg." Dieser Satz berge viel Sprengstoff in sich. "Ich fühle mich kritisiert, und es wäre etwas ganz anderes, wenn Tina sagen würde, wann die Sarah denn zu Hause sein soll." Im Workshop traut sich Sebastian, Dinge, die ihn belasten, anzusprechen. So wie Karin. "Die einfachsten Dinge werden plötzlich kompliziert", findet die junge Frau. Die Planung der Firmung ihrer Tochter Hannah beispielsweise habe ihr tagelanges Kopfzerbrechen bereitet. "Ich wollte so einladen, dass es bloß keinen Streit gibt", sagt die Witwe, die seit zwei Jahren in einer neuen Beziehung lebt. Ihr Partner sagt an diesem Tag auch, was ihn schon lange belastet: "Der verstorbene Partner schwebt wie ein Geist über uns." Auch Erwartungshaltungen von außen, wie "dann sollen die mal zeigen, ob es jetzt besser klappt", machen den Patchwork-Familien das Leben schwer. Ulli fühlt sich häufig als "Kinderverwalter" und nicht als Partner. "Wir haben uns kennen gelernt und sind gleich von Null auf Zweihundert." Er vermisst die Zeit der Zweisamkeit. Ein anderes Paar rät, dass die beiden sich einen "Abend zu zweit" in der Woche reservieren sollten. "Wir alle hier sind Pfadfinder in einer neuen Familienform", sagt Workshop-Leiter Jäger. Ziel der Treffen ist, dass alle gewinnen: Die Partner, die vor neuen Herausforderungen stehen, und die Kinder, die Wanderer zwischen zwei Welten. Patchwork-Familien beinhalten laut Jäger eine Menge zusätzlicher Fallgruben, die es zu umgehen gilt. Aber sie bieten allen Beteiligten auch viel Positives: "Man lernt andere Erziehungsstile kennen, und die Kinder haben vier Opas und vier Omas. Da sind viele Ressourcen, die es zu nutzen gilt." Und wenn Ulli so recht überlegt, "unterscheiden sich viele Probleme, die Patchwork-Familien haben, nicht von denen in einer ,normalen‘ Familie." Kontakt: Werner Jäger, Kunst- und Gestalttherapeut, Telefon 0651/84646, oder Katholische Familienbildungsstätte, Krahnenstrasse 39 b, Trier, Telefon 0651/74535, oder E-mail info@fbs-trier.de

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