ELEX

Ganz vom alten Schlag: „Elex“ erwärmt Herzen von Rollenspielern, die mit „Gothic“ aufwuchsen. Es ist ruppig, manchmal hakelig und ungelenk, bietet aber eine Menge Möglichkeiten, um Spaß zu haben.

Sci-Fi-Fantasy trifft auf Mittelalter: Dem riesigen Unhold verpasse ich von hinten schnell eins mit dem Schwert, bevor ich mich per Jetpack aus dem Staub mache. Klingt zunächst wie eine wilde Mischung: Schwert und Jetpack? Bei "Elex" fügen sich solche Elemente aber bestens zusammen. Allerdings ging mein Plan bei dem Monster mit den mächtigen Pranken nicht ganz auf, da er mich kurz vor Abflug doch noch mit einer Faust erwischt - Game Over. Auch das ist eine der Sachen, an die ihr euch beim Spielen von "Elex" gewöhnen solltet. Der Schnellspeicherknopf wird euer bester Freund werden.

Auf zu neuen Welten - Weg mit den Altlasten.

Nach dem Absinken der "Risen"-Reihe und den verkorksten letzten Teilen von "Gothic" wollten die Entwickler bei Piranha Bytes etwas völlig Neues erschaffen - zumindest ein völlig neues Universum, das sich von einigen Altlasten der anderen entwickelten Rollenspiele lösen kann. Und das ist den Jungs auch durchaus gelungen. Bei "Elex" treffen futuristische Sci-Fi-Elemente wie das eingangs erwähnte Jetpack oder Laserwaffen auf Schwert, Bogen und Schild, wie es bei mittelalterlichen Rollenspielen der Fall ist. Das Erstaunliche: Dieser kuriose Mix funktioniert im fertigen Spiel ganz hervorragend - und bedient damit gleichzeitig unterschiedliche Ansprüche bei Fans des Genres. Wer also auf klassische Fantasy steht, zieht bei den Berserkern mit Schwert und Magie in den Kampf. Endzeit-Liebhaber basteln sich bei den Outlaws ihre Wummen selbst zusammen und lassen es im "Fallout"-Stil krachen, während technisch modern ausgeprägte Zocker bei den Klerikern mit ihren futuristischen Waffen und Riesen-Robotern ihr Glück finden werden. In dieser Hinsicht ist "Elex" schon mal sehr abwechslungsreich und motiviert zu mehr als einem Durchgang.

Dabei fühlt sich das Spiel gleich von Anfang wie "Gothic" an. Soll heißen: Ihr habt einen namenlosen Helden… Halt! So namenlos ist euer Held diesmal gar nicht: Denn Jax, so der Name des Recken, war früher ein seelenloser Alb - lange Geschichte - der einer Intrige zum Opfer fiel und sämtliche Kräfte verlor. Nun sinnt der Gute (oder Böse - je nach Blickwinkel) auf Rache. Ihr seht schon: Die Entwickler haben der Story diesmal wesentlich mehr Profil gegeben als in den anderen Rollenspielen aus ihrem Haus. Mir persönlich gefällt das schon mal ziemlich gut, wenn ich einen vorgegebenen Helden durch die offene Spielwelt manövrieren darf. Apropos offene Spielwelt: In diesem Punkt orientiert sich "Elex" an den quasi Vorgängern. Gleich zu Beginn ist die gesamte Spielwelt zugänglich - theoretisch. Wären da nicht die starken Monster, die sich in der Wildnis herumtreiben und eurem Leben schnell den Garaus machen. Erst mit ein paar Levelanstiegen - oder ziemlich vielen Levelanstiegen - könnt ihr euch halbwegs frei bewegen, ohne zu befürchten, dass ihr gleich platt gemacht werdet.

Spielerisch schreitet der Titel sehr gemächlich voran: Viele Diskussionen mit NPCs sind zu überstehen, Botengänge zu machen und sich langsam an das etwas holprige Kampfsystem zu gewöhnen. Aber ich hatte meinen Spaß dabei - wohl auch, weil etwas Nostalgie bei jedem Schritt in dieser Welt mitschwang. Immer wieder verschlug es mich auf abgelegene Pfade, um vielleicht doch eines dieser dicken Monster umzuhauen und auf interessante Beute zu stoßen. Oftmals wurde ich dafür sogar belohnt. Die Vorgehensweise ist euch dabei größtenteils selbst überlassen: Taktiken wie "Pfeil auf einen Gegner schießen, um seine Aufmerksamkeit zu wecken und dann mit ihn an euren Fersen in ein Banditenlager zu rennen und den daraus entstehenden Kampf aus sicherer Entfernung zu beobachten" sind genauso Teil dieses Spiels wie das Ausnutzen von Höhenunterschieden. Schon doof, wenn euch jemand nicht erreichen kann, während ihr ihn mit Schüssen zudeckt.

Geh ein Stück mit mir!

Am Anfang müsst ihr euch jedoch fast vollkommen auf eure Begleiter verlassen. Von diesen trefft ihr im Verlauf des Spiels so einige - jeder mit einer spannenden Geschichte zu erzählen. Allerdings dürft ihr immer nur einen davon mit euch nehmen. Die Jungs und Mädels eigenen sich jedoch hervorragend, um Gegner abzulenken, anzuziehen oder plattzumachen, während ihr aus dem Hintergrund agiert. Jeder Levelanstieg lässt euch mächtiger werden, eröffnet neue Möglichkeiten und lässt euch irgendwann ebenbürtig neben euren Begleitern erscheinen.

Fast schon serientypisch dürft ihr euch im Verlauf des Spiels für eine der drei Fraktionen entscheiden: Berserker, Outlaws oder Kleriker. Um aufgenommen zu werden, müsst ihr allerdings eine Menge Aufgaben erledigen, damit euch der jeweilige Verein vertraut. Dabei werden nebenher abermals spannende Geschichten erzählt, die der Spielwelt noch mehr Tiefe verleihen. Ich fand's klasse.

Bei der Spielmechanik selbst scheiden sich allerdings die Geister: Um in den Kampf hineinzukommen, bedarf es schon etwas Übung. Schwert ziehen, auf den Ausdauerbalken achten oder im richtigen Moment parieren, muss schon trainiert werden. Fühlt sich irgendwie veraltet an… Auch was das Design der Menschen angeht, die ihr auf eurer Reise trefft, hätte ich mir mehr Abwechslung gewünscht. Wie oft dachte ich mir, dass dort in der Welt ein paar fleißige Samenspender unterwegs gewesen sein mussten, die ihr Erbgut an möglichst viele Nachkommen weitergegeben haben: Oftmals sehen sich die Charaktere erschreckend ähnlich. Grafisch steht das Spiel zwar auf stabilen, aber nicht mehr ganz modernen Beinen - insgesamt hinterlässt "Elex" aber einen hübschen Eindruck. Was mich etwas gestört hat, war die Tatsache, dass ich nie genau sagen konnte, wann der nächste Levelaufstieg ansteht. Ich bekomme zwar Punkte für Aufgaben und mein Erfahrungsbalken bewegt sich stets etwas weiter, aber es ist unmöglich zu deuten, ob ich nun 4000 oder nur 40 Punkte brauche bis zum nächsten Level: Eine Leiste á la "2300/5000 Punkten" wäre da sehr hilfreich - ist aber nur ein kleines Detail.

Fazit.

Am Ende des Tages muss ich sagen, dass ich meinen Spaß mit "Elex" hatte, obwohl hier alles sehr antiquiert wirkt. Vielleicht hatte ich auch gerade deswegen so große Lust auf diese interessante Rollenspielwelt. Fakt ist jedenfalls, dass nicht alle Liebhaber des Genres das Spiel mögen werden, da es seine ganz eigene, spezielle Machart hat, die man einfach gern haben muss. Wer früher "Gothic" liebte, der sollte hier jedoch mal einen Blick wagen. Denn "Elex" bietet sehr viel Freiraum für Entdecker und Abenteurer, die experimentelle Herangehensweisen im Kampf stehen. Bei solcher Unterhaltung kann ich auch locker ein Auge zudrücken, wenn die Technik nicht gerade up-to-date ist. Meine Empfehlung hat das Spiel jedenfalls.

Erhältlich für: Xbox One, PS 4, PC
Website: elexgame.com/de

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