Ist meine Firma ein Fall für den Energieberater?

Hoher Heizölverbrauch, undichte Fenster, Wärmebrücken: Für Firmengebäude gilt das Gleiche wie für Privathäuser. Oft genug geht Energie verloren und entstehen dadurch unnötige Kosten. Die Energieagentur Region Trier und die Handwerkskammer Trier vermitteln Berater, die Betriebe auf ihre Schwachstellen hin prüfen.

 Gemeinsam mit Mitarbeiter Thomas Peters (vorne) prüft der Energieberater Bernhard Becker Leistung und Alter der Heizungsanlage.

Gemeinsam mit Mitarbeiter Thomas Peters (vorne) prüft der Energieberater Bernhard Becker Leistung und Alter der Heizungsanlage.

Foto: Christoph Strouvelle

Energieberater Bernhard Becker blickt in seine Wärmebildkamera: "Hier entweicht Wärme, und hier ist auch eine Wärmebrücke." Heinz Roth schaut aufmerksam zu. Der Ehranger Autohändler will in Kürze sein Geschäftshaus umbauen und modernisieren. Für den Unternehmer gehört dazu, dass er künftig weniger Energie verbraucht und seine Kosten begrenzt. Handlungsbedarf ist da: Im Geschäftsgebäude sind ein Ausstellungsraum und ein Tankstellenshop, eine Werkstatt sowie Büroräume. In den oberen Etagen sind Wohnungen untergebracht. Das Haus wurde im Lauf der Jahre mehrfach umgebaut und erweitert. Die Werkstatt stammt von 1965 und ist kaum isoliert. Die wenige Wärme ist weg, sobald die Türen geöffnet werden, um ein Fahrzeug in die Halle zu fahren.1989 hat Roth den Betrieb von seinem Vater übernommen. Seitdem hat er mal hier und da in Einzelelemente wie Isolierfenster investiert, doch für das große Ganze fehlt noch ein energetisches Sanierungskonzept.Mit der Materie hat sich Roth bereits intensiv aus8einandergesetzt. Doch die Flut an Informationen verunsichert ihn mehr, als dass sie ihm hilft. Deswegen hat er sich auf die Suche nach einem Energieberater für Geschäftsgebäude begeben. Die IHK Trier hat ihm Bernhard Becker vermittelt. Der ist auch bei der Energieagentur Region Trier als einer von zehn Energieberatern registriert, die Nichtwohn8gebäude, also auch Betriebe, auf Einsparmöglichkeiten untersuchen.Firmen verbrauchen44 Prozent der Energie"44 Prozent des deutschlandweiten Energieverbrauchs entfallen auf Unternehmen und Industrie8betriebe", sagt Lydia Erben von der Energieagentur. Bei den kleinen und mittleren Unternehmen in der Region spielt Energie8effizienz jedoch eine untergeordnete Rolle. Lediglich 20 Anfragen habe die Agentur 2011 von Gewerbetreibenden erhalten, sagt Erben. "Viele unterschätzen nach wie vor das große Potenzial zur Kosteneinsparung durch mehr Energieeffizienz in Gebäuden und bei betrieblichen Prozessen", berichtet Achim Hill, Geschäftsführer der Energieagentur. "Allein durch die gezielte Information und Sensibilisierung der Mitarbeiter lassen sich die Kosten deutlich senken."Für Autohausbesitzer Roth ist vor seiner Investition eine gründliche Planung unerlässlich: "Wir bauen nicht einfach drauflos, sondern lassen uns vorher beraten", sagt er und lässt sich von Bernhard Becker bei seinen Zukunftsüberlegungen begleiten. Zuerst schaut dieser sich die Baupläne und das gesamte Anwesen an, um sich einen Überblick zu verschaffen. Wie ist die Gebäudehülle aufgebaut? Gibt es unbeheizte Nebenräume? Wo ist Zugluft? Wie wird das Anwesen beheizt?Dann unterbreitet Becker seine Vorschläge: Soll ein Blockheizkraftwerk die beiden bisher getrennten Ölheizungen ersetzen? Wie kann die Abwärme der Kühlgeräte und des Backofens im Tankstellenshop genutzt werden? Soll auf dem Dach Photovoltaik installiert werden? Becker untersucht, was sinnvoll ist und in welcher Reihenfolge es geschehen soll. Er erstellt ein Gesamtkonzept, findet her8aus, welche Energieform für die Heizung am besten geeignet ist und ob regenerative Energien eingeplant werden können. Dabei legt Becker großen Wert auf ausführliche Gespräche mit dem Unternehmer. "Ich muss wissen, was er will. Dann erläutere ich ihm meine Vorschläge bis ins Detail. Denn der Unternehmer soll verstehen, was ich ihm vorschlage, und mitreden können." Dazu will er das Gebäude persönlich sehen. "Erst wenn ich durch8gehe, verstehe ich die Zusammenhänge und kann Sanierungsvorschläge unterbreiten."Becker verlässt sich nicht auf gelieferte Daten über das Gebäude, sondern ermittelt diese selbst. "Wenn die Zahlen nicht korrekt sind, schaffen wir Schwachstellen", sagt er. Dabei schreckt der Experte auch vor aufwendigen Arbeiten nicht zurück und bläst bei Bedarf Nebel in das Gebäude, um zu erkennen, wo Luft entweicht.Der Energieberater behält immer im Auge, dass sich seine Vorschläge finanziell rechnen: "Erst machen wir eine Wirtschaftlichkeits8studie, dann planen wir, und dann reden wir über die Finanzierung." Dafür ist der Steuerberater ein wichtiger Ansprechpartner. Denn er kann beurteilen, ob es sinnvoller ist, die Arbeiten nach und nach ausführen zu lassen oder alles auf einmal umzusetzen und dann von der steuerlichen Abschreibung zu profitieren.Ein weiterer Grund für Unternehmer Roth, mit einem Energieberater zusammenzuarbeiten: Die Banken legen Wert auf eine Berechnung der Wirtschaftlichkeit. Denn nicht nur der Autohausbesitzer, auch die Kreditinstitute wollen vor einer Finanzierungszusage wissen, wie sich der Betrieb in den kommenden Jahren entwickeln wird. "Wir brauchen ein Konzept, damit die Banken ihr Okay geben", sagt Roth. Dabei können Unternehmer, die ihren Betrieb energetisch modernisieren wollen, mit finanzieller Unterstützung rechnen. Eine energetische Beratung wird mit 60 bis 80 Prozent bezuschusst. Die Mittelstandsbank KfW bietet Kredite für Betriebe an, die die Unternehmer über ihre Hausbank in Anspruch nehmen können. Die KfW verzeichnet steigendes Interesse für diese Programme: 2011 hat sie 2502 Kredite mit einem Volumen von insgesamt 3,2 Milliarden Euro genehmigt. 2010 waren es noch 1564 Anträge mit 1,45 Milliarden Euro. "Die Unternehmen erkennen zunehmend, welches Einsparpotenzial sie bei einer energetischen Sanierung nutzen können", sagt Wolfram Schweickhardt von der KfW.Doch Energieberater Becker achtet nicht nur darauf, dass Sanierungen wirtschaftlich sind. Auch baulich müsse alles passen. Denn wer dämmt, ohne auf ausreichende Lüftung zu achten, dem droht Schimmelbefall. "Unsere Arbeit hat den gleichen Charakter wie eine kleine Diplom8arbeit", sagt Becker. Das Ziel für Roth und ihn: Durch die Sanierungsarbeiten soll der derzeitige Heizölverbrauch von 15 000 bis 20 000 Litern, je nach Strenge des Winters, auf 8000 bis 13 000 Liter sinken. Für Becker ist diese Differenz nicht außergewöhnlich: "Je nach Gebäudehülle ist eine Einsparung zwischen 30 und 60 Prozent möglich", sagt er. Ein Produktionsbetrieb in der Eifel habe nach seiner Beratung einen Großteil seiner Maschinen durch neue ersetzt. Die Ersparnis an Energie: 45 Prozent.Doch oft ließen sich auch ohne große Investitionen Kosten einsparen, sagt Myriam Gräser-Lang von der HWK Trier. Sie steht Handwerkern in der Region als Energieberaterin kostenlos zur Verfügung. Drei- bis viermal monatlich wird sie angefragt. Meist sind es kleine Familienbetriebe mit bis zu zehn Mitarbeitern. Im Winter gibt es mehr Anfragen als in der warmen Jahreszeit. "Dann ist den Unternehmern das Kostenproblem durch hohen Energieverbrauch bewusster", sagt sie. Zu den Auftrag8gebern zählen Bäckereien oder Metzgereien, bei denen Kühlung oder Prozesswärme große Energiemengen verbraucht. In zahlreichen Betrieben findet sie 20 Jahre alte Heizungen vor. Ein Ersatz sorgt schnell für niedrigere Kosten.Bei der Wirtschaftlichkeit ihrer Vorschläge spielt auch das Alter ihrer Klienten eine Rolle. "Ist ein Handwerker fast 60 Jahre alt und hat keinen Nachfolger, machen Vorschläge, die sich erst langfristig amortisieren, wenig Sinn", sagt Gräser-Lang. In solchen Fällen legt sie den Fokus auf Schritte, die kurzfristig eine Kostenersparnis erzielen können. Dazu gehören auch das Verhalten beim Handwerker und seinen Mitarbeitern: Werden die Türen bei den Kühlhäusern sofort wieder geschlossen? Ist in den Nebenräumen das Licht aus8geschaltet, oder ist es hier sinnvoll, Bewegungsmelder anzubringen? Oft sind dafür keine hohen Ausgaben nötig:"Wenn ein Metzger an der Tür seiner Kühlhalle defekte Dichtungen austauscht, kostet das wenig Geld, bringt aber einen hohen Nutzen", sagt sie.
Energieagentur Region Trier

Die Energieagentur Region Trier ist Initiator verschiedener Projekte in den Bereichen Energieeffizienz und -einsparung, Erzeugung regenerativer Energien sowie Mobilität und Verkehr. Die Agentur ist Ansprechpartner für Unternehmen, Privatleute und Kommunen und übernimmt auch eine verbindende Funktion. Zu ihren Aufgaben gehören Information, Beratung, Weiterbildung und Öffentlichkeitsarbeit. Die Gesellschafter der Agentur sind die Landkreise Bernkastel-Wittlich, Trier-Saarburg, Vulkaneifel, Eifelkreis Bitburg-Prüm, die Stadt Trier, die Stadtwerke Trier, die RWE Vertrieb AG, die Handwerkskammer Trier und der Förderverein der Energieagentur.www.energieagentur-region-trier.de Extra

 Energieberater Bernhard Becker (links) erläutert Heinz Roth anhand einer Wärmebildkamera, wo Energie verloren geht.

Energieberater Bernhard Becker (links) erläutert Heinz Roth anhand einer Wärmebildkamera, wo Energie verloren geht.

Foto: Christoph Strouvelle

Unternehmen, die ihre Betriebsgebäude energetisch sanieren, können zinsgünstige Kredite aus dem KfW-Energieeffizienz- oder Umweltprogramm beantragen.
Berater in der Region haben sich im Gebäudeenergie8berater-Netzwerk Eifel-Mosel-Hunsrück zusammengeschlossen. Das Netzwerk hat seinen Sitz auf dem Petrisberg in Trier. Die Erstberatung ist für kleine und mittelständische Unternehmer sowie Privatleute kostenlos.www.eor.de www.geb-netzwerk.de

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