Unterm Strich soll es gut werden

Die Vertreter der Wirtschaft sehen dem Jahr 2014 im Großen und Ganzen optimistisch entgegen. Doch die guten Prognosen werden auch überschattet: vom zunehmenden Fachkräftemangel und von den in Berlin ausgehandelten Vereinbarungen des Koalitionsvertrags.

Heribert Wilhelmi ist zuversichtlich. Und diese Zuversicht ist auch begründet. Als Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Trier ist er nämlich für ein Gebiet zuständig, um das ihn Kollegen in anderen Regionen wahrscheinlich beneiden. Denn die Arbeitslosigkeit in der Region Trier war 2013 mit durchschnittlich 4,2 Prozent niedriger als der Landes- und der Bundesdurchschnitt. Darüber hinaus haben der Eifelkreis Bitburg-Prüm sowie die Landkreise Trier-Saarburg und Bernkastel-Wittlich die geringsten Arbeits losenquoten in ganz Rheinland-Pfalz. Mit 3,3 Prozent Quote liegt der Eifelkreis zudem nicht nur an der Spitze, sondern auch im Bereich dessen, was als Vollbeschäftigung bezeichnet wird.11 000 Menschen ohne Arbeit


"Der Arbeitsmarkt in der Region Trier wird sich auch 2014 als sehr robust erweisen", sagt Wilhelmi, der für das laufende Jahr mit einer ähnlich starken Entwicklung wie 2013 rechnet. Allerdings könnten die Spitzenwerte in seinem Zuständigkeitsbereich auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es trotz allem immer noch 11 000 Menschen ohne Arbeit gebe.

Darüber hinaus habe die niedrige Arbeitslosenquote ja auch einen Grund. "Die Region Trier steht im Wechselspiel mit Luxemburg", erklärt der Chef der Arbeitsagentur und verweist auf die vielen Grenzgänger. Unterdessen nehme die Arbeitslosigkeit unter der luxemburgischen Bevölkerung zu, was wiederum die wirt schaft liche Entwicklung des Großherzogtums bremse. Und das werde sich schließlich auch auf dem regionalen Arbeitsmarkt bemerkbar machen.

Gleichzeitig aber sei die Ausbildungsbereitschaft bei den Firmen in der Region sehr hoch, sagt Wilhelmi, so dass zukünftig auch Schulabgänger mit weniger guten Zeugnissen gute Aussichten auf eine Lehrstelle haben könnten. "Betriebe müssen noch intensiver um Nachwuchskräfte werben und schwächeren Bewerbern eine Chance geben, um ihren Bedarf zu decken", sagt der Agenturchef, der darüber hinaus auch einen Wachstumsmarkt für bereits gut ausgebildete Menschen sieht: "Die Deckung des Fachkräfte bedarfs wird in den nächsten Jahren ein entscheidender Faktor für den wirtschaft lichen Erfolg von Unternehmen sein."

Dem schließt sich auch Matthias Schmitt von der Industrie- und Handelskammer Trier (IHK) an. "Die Arbeitslosigkeit in der Region dürfte - bei eher moderater Zunahme der Beschäftigtenzahl - nahe der Vollbeschäftigung verharren", sagt der Chef des IHK-Geschäftsbereichs Standortpolitik und Unternehmensförderung. Fachkräftesicherung bleibe damit "eine zentrale betriebliche Herausforderung".Mehrheit ist zufrieden

Zweimal pro Jahr befragt die Industrie- und Handelskammer ihre Mitglieder zu deren Geschäftslage und Erwartungen für die Konjunktur. Die Ergebnisse der derzeit laufenden Befragung sollen zwar erst kommende Woche veröffentlicht werden, doch wie Schmitt erklärt, habe die Auswertung gezeigt, dass "die deutlich überwiegende Mehrheit der Unternehmen", mit denen die IHK in Kontakt getreten sei, mit der derzeitigen Geschäftslage zufrieden sei. Und auch für 2014 erwarte die Kammer "eine Beschleunigung des Wachstumstempos in der Region". Grund dafür seien unter anderem die weiterhin guten Finanzierungsbedingungen, durch die Unter nehmen in der Lage seien, mehr zu investieren.

Von niedrigen Zinsen profitieren investitionsbereite Unternehmen aber nicht nur in der Region Trier, sondern in der gesamten Republik. "Schon lange nicht mehr hat die deutsche Wirtschaft so positiv in die Zukunft geschaut", sagt der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, Michael Hüther, der kürzlich die Ergebnisse der bundesweiten Umfrage unter 48 Wirtschaftsverbänden präsentierte. Demnach gehen 34 der 48 Branchen von einer Umsatzsteigerung gegenüber dem Vorjahr aus. Lediglich in sieben Branchen wird mit einer Verschlechterung der Situation gerechnet.

Am pessimistischsten sind dabei die Vertreter des Bergbaus, der Energie- und Wasserwirtschaft sowie der Mineralölverarbeitung, die für 2014 mit weniger Umsatz, weniger Investitionen und teilweise auch mit einem Abbau von Arbeitsplätzen rechnen. Ebenfalls durchwachsen sind die Erwartungen im Finanzsektor. Auch dort gehen drei von sechs Branchen von einem Beschäftigungsrückgang aus.Niedrige Zinsen fördern Bauboom


Besonders optimistisch sind hingegen laut IW-Befragung die Vertreter der Bau industrie, die aufgrund der niedrigen Zinsen weiterhin mit einem Anhalten des Baubooms rechnen, sowie die Branchen des Maschinenbaus. Auch sie profitieren von günstigen Zinsen, aber außerdem tun ihnen die starken Exportmärkte wie China oder aber die USA gut. Für IW-Direktor Hüther sind das erfreuliche Zahlen. "Aber ohne die Unsicherheiten, die der unzureichende Koalitionsvertrag für die Unternehmen mit sich bringt, wäre das Ergebnis sicher noch besser ausgefallen", fügt er hinzu.

Dass der in Berlin ausgehandelte Vertrag zwischen den Regierungsparteien CDU, SPD und CSU nicht zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation beiträgt, davon ist auch Sabine Plate-Betz von der Vereinigung Trierer Unternehmer (VTU) überzeugt. "Zu befürchten ist, dass mit Abschluss des Koalitions vertrags und der darin vorgesehenen, teilweisen Änderungen der Hartz-Reformen, der Ausweitung der Rentenleistungen sowie der Einführung des Mindestlohns nicht nur die Staatsfinanzen, sondern insbesondere auch die Unternehmen weiterhin enorm belastet werden", sagt die VTU-Geschäftsführerin. Zudem sei eine umfassende Reform der Energie- und Klimapolitik dringend erforderlich, "um die negativen Auswirkungen der Energiewende auf die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen wenigsten abzuschwächen".

Steigende Energie- und Rohstoffpreise, Fachkräftemangel und die vor dem Hintergrund der jüngsten Bundestagswahl bestehende Unsicherheit bei wirtschafts- und energiepolitischen Entscheidungen habe bei der Mehrheit der VTU-Mitglieder 2013 für "zurückhaltende Beschäftigung und Investitionen" gesorgt, sagt sie. Dass das vergangene Jahr insgesamt dennoch als zufriedenstellend bewertet werden könne, ist für Plate-Betz ein Indiz "für die Leistungsstärke des deutschen Mittelstands".

Laut Statistischem Landesamt war das Jahr 2013 trotz leistungsstarken Mittelstands etwas schlechter als das Jahr davor. So haben sich die Umsätze rheinland-pfälzischer Unternehmen im Zeitraum Januar bis November 2013 (die Dezember-Werte liegen noch nicht vor) mit insgesamt 78 Milliarden Euro gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum um 0,5 Prozent verschlechtert. Verglichen mit Gesamtdeutschland, wo der Umsatzrückgang bei 1,1 Prozent lag, schneidet die Industrie in Rheinland-Pfalz damit noch recht gut ab. Doch die Verteilung der Umsatzentwicklung zeigt, dass die Konjunktur nicht nur Gewinner, sondern vor allem auch Verlierer kennt. Umsatzsteigerungen haben lediglich die Vertreter der Fahrzeugbranche sowie der Herstellung von Glas, Glaswaren und Keramik sowie der Verarbeitung von Steinen und Erden verzeichnet. Bei allen anderen Branchen war die Umsatzlage unterm Strich eher rückläufig. Die Erwartungen für das neue Jahr scheinen also deutlich besser zu sein als die Ergebnisse des alten.

Uwe Hentschel

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