Auf der Wohlstandsparty

Auch die Resultate dieses Gipfels werden die Welt vermutlich nicht vor den voranschreitenden Folgen des Klimawandels bewahren. Da mögen die Teilnehmer in Durban noch so aufopferungsvoll um jedes Wort gerungen haben und Umweltminister Norbert Röttgen nun übermüdet von einem wegweisenden Erfolg sprechen.

Der Zug ist aus dem Bahnhof gerollt - in Südafrika jedenfalls wurden ihm erneut nicht genügend Bremsklötze in den Weg gelegt.
Der vereinbarte Fahrplan für ein Klimaschutzabkommen mutet angesichts der weltweiten Realitäten seltsam an. Die Meeresspiegel steigen, die Gletscher schmelzen, Überflutungen, Stürme und Dürren haben weltweit deutlich zugenommen. Insofern ist die Frage durchaus berechtigt, warum die Staaten nicht in der Lage sind, allein aus Selbsterhaltungsgründen klare Klimaziele und geeignete Maßnahmen zu Erreichung dieser Vorgaben festzulegen - und dann auch wirklich umzusetzen. Die Antwort darauf ist so simpel wie vieles, was im politischen Miteinander geschieht: Die Interessenlagen sind völlig verschieden.
Schwellenländer wie Indien oder das inzwischen vor Kraft strotzende China betonen zurecht, dass in den vergangenen Jahrzehnten die Industrienationen vor allem des Westens ihre Wohlstandsparty gefeiert haben, und das ohne große Rücksichten auf die Konsequenzen für die Umwelt, das Klima und den Energieverbrauch.
Aus Sicht der technisch und ökonomisch aufstrebenden Nationen ist es in der Tat also nur recht und billig, dass sie jetzt den zweiten Teil der großen Fete gestalten wollen, um auch ihre Bürger am Wohlstand teilhaben zu lassen. Diese einfache Gleichung steckt hinter dem klimapolitischen Geschacher ums Kohlendioxid, das man alle paar Jahre erlebt.
Womit sich allerdings auch die Frage stellt, was solche Mammutkonferenzen mit 200 Ländern ernsthaft bringen sollen. Am Ende stehen faule Kompromisse, die den Teilnehmern das Gefühl geben, etwas für den Klimaschutz und die Reduktion des Kohlendioxidausstoßes getan zu haben, die aber in der Realität kaum angemessen auf das Problem reagieren.
Allein 2010 hat es einen Anstieg der CO-Emissionen weltweit um zehn Prozent gegeben. Das zeigt, dass von einer Trendwende trotz vieler Beschlüsse und Abkommen überhaupt keine Rede sein kann.
Deswegen ist es an der Zeit, sich aus der babylonischen Gefangenschaft solcher Konferenzen zu befreien. Die Europäische Union ist allen voran gefordert, unabhängig neue Standards zu setzen, die auch ökonomisch Vorbildcharakter für andere Länder haben könnten. Bei der Bewältigung der Schuldenkrise hat Europa doch gezeigt, dass dies möglich ist. Warum nicht auch beim Klimaschutz?

nachrichten.red@volksfreund.de

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