BILDUNG

Zu den Problemen bei der Schulbuchausleihe (TV vom 24. März):

Die Artikel im TV enthalten viel Richtiges, sind aber naturgemäß unvollständig. Darüber hinaus geben sie sich recht zahm. Da ich seit gut zwei Jahren an einem Gymnasium der Region für die schulinterne Organisation der Schulbuchausleihe (SBA) verantwortlich bin, will ich den einen oder anderen Aspekt hinzufügen und zuspitzen. 1. Zu Beginn der SBA hieß es, dass die Schulen nicht belastet würden. Es stellte sich schnell heraus, dass dies glatt gelogen war: Schulsekretariate, Verwaltungskräfte, FSJler und Lehrer verwenden einen erheblichen Teil ihrer Arbeitszeit für die Pflege des sogenannten Schulbuchportals oder für organisatorische Arbeiten (Überprüfung aller Schülerdaten, der Bücherlisten, der Zuordnung von Schülern zu Lerngruppen und anderes). Bezahlt wird dies alles vom Steuerzahler, während die eigentliche Arbeit liegenbleibt oder nicht so sorgfältig erledigt werden kann, wie es sein sollte. 2. Die im Leitartikel erwähnte Tendenz der Schulen, zu viele Bücher zu bestellen, mag vorhanden gewesen sein, wird aber seit dem letzten Schuljahr unterbunden. Allerdings ist es nach meiner Erfahrung sehr fraglich, ob die Schulen dafür verantwortlich waren: Vor zwei Jahren hat sich unsere Schule an die vom Schulbuchportal generierten Zahlen gehalten und im Ergebnis viel zu viele Bücher bestellt. Das Ergebnis war, dass wir fünf jeweils 2,20 Meter hohe Schwerlastregale doppelreihig mit Büchern, die niemand ausleihen wollte, bestücken mussten - vorsichtig geschätzt 10 000 Euro totes Kapital, das im Keller lagerte. Solcherlei Fehler (wenn auch nicht alle so schwerwiegend) hat das Portal schon mehrere produziert. Wenn ich die Betreiber darauf hingewiesen habe, wurde ich belehrt, dass das Portal keine Fehler mache und wir erst mal bei uns schauen sollten. 3. Von den behaupteten Optimierungen kann ich in der Praxis wenig erkennen. Natürlich gibt es im Portal jedes Jahr die eine oder andere Neuerung - um Verbesserungen handelt es sich dabei nur zu einem geringen Teil. Vielmehr sieht es so aus, als ob die dort Angestellten, wie das in jedem bürokratischen System der Fall ist, ihren eigenen Arbeitsplatz rechtfertigen und erhalten wollen. Insgesamt schätze ich, dass man mit dem Geld, das in die SBA fließt, den Kreis der Gutscheinempfänger verdoppeln könnte. Die Restlichen können und sollen sich Schulbücher kaufen - Bildung ist auch für Eltern nicht umsonst zu haben. Die SBA zum jetzigen Zeitpunkt zu stoppen würde keinen Sinn ergeben, da sich ein großer Teil der verliehenen Bücher erst 2016 (Sek. I) beziehungsweise 2017 (Sek. II) amortisiert haben wird. Dann allerdings wäre ein Ausstieg aus diesem Wahnsinnssystem mit relativ geringen Verlusten machbar. Bei einer Weiterführung über die genannten Zeitpunkte hinaus würde eine weitere, riesige Kostenlawine auf das Land zurollen, denn dann werden fast alle Fachbereiche neue Lehrwerke einführen. Also: Ertragen wir das Monster noch zwei bis drei Jahre. Doch dann sollte die Landesregierung - egal welcher Couleur - davon Abschied nehmen. Helmut Schlösser, Trier

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