Umwelt Das Spiel der Populisten

Zur Berichterstattung über die Diskussion um Feinstaub-Grenzwerte und Fahrverbote für Diesel-Autos, insbesondere zum Artikel „Zweifel an den Grenzwerten“ (TV vom 25. Januar) schreiben Josef Käser, Jörg Stein und Karl-Hans Stoffels:

Was oder wem soll man denn jetzt noch glauben. Zuerst wurde uns suggeriert, dass die Diesel alle Stinker sind, die Umwelt schädigen und vor allem die Menschen in den Ballungsgebieten schädigen. Straßen und Autobahnen werden gesperrt, Prozesse angestrengt, Städte genötigt, Fahrverbote durchzusetzen. Die Automobilindustrie weigert sich, vernünftige Einbaulösungen zur Reduzierung von Emissionen anzubieten, sondern möchte gerne neue Autos verkaufen. Wer soll das denn bezahlen?

Die Politik hat wie schon so oft keine klaren Vorstellungen und schlägt sich mal auf diese und dann auf die andere Seite der Kontrahenten. Jetzt kommen noch die Lungenfachärzte mit ihrer Meinung an die Öffentlichkeit wie einst Zieten aus dem Busch. Ich kann diesem Wirrwarr an Informationen nur entnehmen, dass keine Seite genau weiß, von was sie eigentlich spricht und sich auf Informationen, Publikationen und Empfehlungen (zum Beispiel WHO) verlässt. Es ist an der Zeit, präzise Messungen an allen relevanten Orten des Straßenverkehrs vorzunehmen und nicht nur,  wie es gerne gemacht wird, an Verkehrspunkten mit überproportionalem Verkehrsaufkommen. Danach sollten sich alle Verantwortlichen an einen Tisch setzen, vernünftige Lösungen ausarbeiten und, wenn erforderlich, auch die nötigen Gesetze und technischen Vorgaben erlassen.

Dieser Hickhack, der bisher vorliegt, nützt niemandem, er verunsichert nur und blamiert unser Land, welches doch die besten Autobahnen, die tollsten Autos, hervorragende Ingenieure/Konstrukteure usw. usw. haben soll. Es wird Zeit,  klare Verhältnisse zu schaffen.

Josef Käser, Daun

In der Feinstaub-Debatte hat sich eine große Anzahl von Lungenfachärzten eindeutig gesellschaftlich positioniert. Jeder darf in der Demokratie seine Meinung kundtun, auch Vertreter eines besonders qualifizierten Berufsstandes. Klischeehaft: Halbgötter in Weiß.

Sofort hat die konservative Politik (CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer) die Steilvorlage der Pneumologen aufgenommen, undifferenziert, wie zu erwarten, und spielt das Feinstaub­risiko herunter. Warum müssen privilegierte Menschen das Spiel der Populisten bedienen? Mit dem Argument der Wahrung der Persönlichkeitsrechte? Wie sieht es mit den Rechten von Feinstaub inhalierenden Menschen aus? Es geht wohl in erster Linie um Besitzstandswahrung und Konservativismus und nicht um Gesundheit. Die Pneumologen haben ihrem Berufsstand einen Bärendienst erwiesen, im Wissen ihrer Unverzichtbarkeit.

Jörg Stein, Lötzbeuren

Man muss sich das einmal auf der Zunge zergehen lassen: Da unterschreiben über 100 mehr oder weniger renommierte Lungenfachärzte einen öffentlichen Brief, der die Ursachen von Atemwegserkrankungen – mithin ihr Fachgebiet, mit dem sie ihren Lebensunterhalt verdienen – kleinredet. Selbstmord auf Raten nennt man das wohl. Und noch dazu aus meiner Sicht ein zweifach gedankenloses Verhalten:

1. Ich würde gerne, was leider nicht möglich ist, den Ärzten für ein Jahr meine chronische Bronchitis überlassen, damit sie jeden Tag auf den Alleenringen unserer Städte spazieren gehen. Aller Voraussicht nach würden sie ihre Unterschrift wohl schon nach wenigen Tagen zurückziehen. Ich selbst wohne zwar „auf dem Dorf“, wechsele aber, wenn ich morgens im Berufsverkehr auf der Ausfallstraße in Richtung Trier unterwegs bin, je nach Windrichtung die Straßenseite, um nicht die Rußfahnen der Dieselfahrzeuge einatmen zu müssen. Seltsamerweise handelt es sich bei den schlimmsten Rußern um neuere Modelle. Und es soll mir niemand erzählen, dass mehr Ruß nicht auch automatisch mehr Stickoxide bedeutet.

2. Gerade in unseren emotional hochaufgeladenen Zeiten eine seit Jahren anerkannte und allgemein akzeptierte wissenschaftlich erstellte Studie der WHO, die auch von der EU und der Bundesregierung übernommen wurde, quasi als Fake News herabzuwürdigen, ist Wasser auf die Mühlen der Wir-haben-es-ja-schon-immer-gewusst-Krakeeler. Verkehrsminister Andreas Scheuer und die gesamte Autolobby sind wahrscheinlich immer noch am Lachen! Wirklich ein katastrophales Statement zur Unzeit. Wie weit reicht der Horizont dieser Akademiker eigentlich außerhalb ihrer kleinen, heilen Welt in Weiß?

Ich weiß jedenfalls, welche Lungenfachärzte im Fall des Falles für mich tabu sind. Vielen Dank dafür, ihr „Lungenfachärzte“!

Karl-Hans Stoffels, Schleidweiler

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort