Verdi in der Pfalz, Schweinereien in München, Marx in Chemnitz, Ai Weiwei im Metal-Rausch

Der Geburtstag von Giuseppe Verdi jährt sich 2013 zum 200. Mal – und wer das angemessen würdigen will, dem sei ein Abstecher ins Pfalztheater Kaiserslautern empfohlen. Dort führt man zurzeit sein Frühwerk „Nabucco“ auf, in einer bildmächtigen, symbolträchtigen Inszenierung von Kerstin Maria Pöhler.

 Der dem Wahnsinn anheim gefallene Nabucco (Karsten Mewes) und seine Tochter Abigaille (Irina Gagite).

Der dem Wahnsinn anheim gefallene Nabucco (Karsten Mewes) und seine Tochter Abigaille (Irina Gagite).

Foto: Hans-Jürgen Brehm-Seufert

Gut, es gibt ein paar entbehrliche Sperenzchen, aber wann hat man je einen derartigen, quasi aus dem Massengrab gesungenen Gefangenenchor gehört, wann derart eindringliche Szenen der Unterdrückung eines Volkes und der Ermordung seiner Kinder gesehen? Vor allem aber wird großartig gesungen, allen voran von der ebenso facettenreichen wie durchschlagskräftigen Sopranistin Irina Gagite als Abigaille, die mustergültig demonstriert, dass auch eine große Stimme gewandt und elegant sein kann. Michael Hauenstein als Zaccharia ist ein voluminöser Pracht-Bass, Karsten Mewes in der Titelrolle als Sänger wie Schauspieler ein Charakterdarsteller von Rang. Am 17., 30. März, 6., 12. April, 9. Mai. Tickets: 0631/3675209. Wo wir gerade bei den Besten im Südwesten sind: Karel Mark Chichon hat am Mittwoch seinen Vertrag als Chefdirigent der Deutschen Radio-Philharmonie Saarbrücken-Kaiserslautern bis 2017 verlängert. Der Brite soll die Philharmoniker weiter in die Spitze der Rundfunk-Orchester führen. Chichon arbeitet mit vielen renommierten Klangkörpern, debütiert 2015 an der Met und der Scala. Und weil seine Ehefrau Elina Garanca eine der berühmtesten Sängerinnen der Welt ist, fällt auch ein bisschen vom Glanz der großen weiten Musikwelt auf die Großregion. Die große weite Theaterwelt riecht manchmal etwas streng. Zum Beispiel, wenn, wie am vergangenen Wochenende an den Münchener Kammerspielen, drei lebende Schweine zum Bestandteil der Inszenierung werden. Johan Simons setzt Shakespeares "König Lear" in Szene, mit Schauspielgiganten wie André Jung, Thomas Schmauser, Stefan Hunstein. Das Königreich ein Dorf, die Welt ein Saustall: Das sorgte für viele Diskussionen, kontroverse Kritiken und großen Jubel beim Publikum. Wer mal schnuppern will, braucht nicht nach München zu fahren: Wie man hört, kommt Luxemburg-Stammgast Simons mit seiner Produktion auch ans Grand Théâtre. Wer die Sammlung des Kunsthändlers Heinz Berggruen sehen will, kommt dagegen nicht umhin, nach Berlin zu reisen. Heute öffnet das "Museum Berggruen" gegenüber dem Schloss Charlottenburg nach zweijähriger Umbau- und Erweiterungsphase seine Pforten. Für die Werke von Picasso, Klee, Giacometti, Matisse und vielen anderen stehen nun 1200 Quadratmeter zur Verfügung. 6,5 Millionen Euro hat der Bund in den Bau investiert, eine bescheidene Summe in Relation zu dem auf 1,5 Milliarden Euro geschätzten Wert der Sammlung, die Heinz Berggruen - Vater des heutigen Karstadt-Eigentümers Nicolas - im Jahr 2000 der Stiftung Preußischer Kulturbesitz übertrug. Für einen Berlin-Trip gibt es also einen weiteren guten Grund. Ob das für Chemnitz auch gilt, muss sich noch entscheiden. Gestern, pünktlich zum 130. Todestag von Karl Marx, kündigte der Prinzen-Sänger Tobias Künzel für den Herbst die Uraufführung eines Marx-Musicals an. "Come8back!"soll es heißen, wie immer das im ehemaligen Karl-Marx-Stadt gemeint ist. So oder so: Die eigentliche Karl-Marx-Stadt Trier hat mal wieder das Nachsehen. Obwohl die Idee durchaus nahegelegen hätte. Aber vielleicht erspart man sich damit ja auch einen kapitalen Flop. Möglicherweise zieht es ja bald massenhaft Chinesen nach Chemnitz. Die könnten allerdings künftig auch zu Konzerten des regimekritischen Künstlers Ai Weiwei pilgern. Denn der Aktions- und Objekt-Künstler ist gerade dabei, ein Heavy-Metal-Album zu produzieren. Er singt selbst. Ob das eine Drohung ist, wird erst die Veröffentlichung zeigen. Dieter Lintz

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